Mit 12,1 Prozent holt die CDU das schlechteste Ergebnis bei einer Landtagswahl in Brandenburg. Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Andreas Jung will um die Mitte kämpfen.
Mit Blick auf die politische Stimmung im Land sagte Jung im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Jonathan Hadem, die CDU sei das Bollwerk der Mitte. Vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr werden "wir für Stabilität und Sicherheit in der politischen Mitte werben". Mit Blick auf Brandenburg sprach Jung von einem "bitteren Wahlabend" für die CDU.
SWR Aktuell: Wie zufrieden sind Sie mit dieser Wahl?
Andreas Jung: Damit können wir nicht zufrieden sein. Es war für uns ein bitterer Wahlabend.
SWR Aktuell: Seit gestern sprechen alle bei der CDU von einer Polarisierung, die bei der Wahl ausschlaggebend gewesen sei. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat gesagt: Entweder ihr wählt SPD oder ich trete ab. Warum macht es sich die CDU mit ihrer Erklärung da so einfach?
Jung: Das ist nicht unsere Erklärung. Das ist die Erklärung, die gestern alle Analysten gegeben haben. Es war wie in Sachsen - nur unter umgekehrten Vorzeichen: Diejenigen, die die AfD verhindern wollten, haben gestern Dietmar Woidke gewählt. Das erklärt sein Ergebnis.
SWR Aktuell: Trotzdem hätte die CDU mit anderen Themen oder anderem Personal mehr holen können. Wo lag das Problem - abgesehen von diesem polarisierten Wahlkampf?
Jung: Die CDU in Brandenburg hat stark gekämpft. Aber den Ausschlag hat Dietmar Woidke gegeben. Er ist eine ehrliche Haut und als Ministerpräsident beliebt. Er hat ganz klar gesagt: ich oder die AfD. Das hat nach Aussage aller Analysten den Ausschlag gegeben. Für uns ist das bitter, aber erklärt das gestrige Ergebnis.
SWR Aktuell: Man spricht bei der Landtagswahl in Brandenburg von taktischem Wählen. Die Parteivorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, hat das gestern schon kritisiert. Sehen Sie das ähnlich kritisch?
Jung: Jeder Wähler trifft seine eigene Entscheidung. In diesem Fall war die Taktik von vielen, dass sie gesagt haben: Wir wollen, dass die AfD nicht vorne liegt, und das ist nachvollziehbar. Wir wünschen uns jetzt, dass diejenigen, die die politische Mitte wollen, die Union stärken.
Bei der Bundestagswahl wird genau diese Rolle der Union zukommen. Die Ampel-Parteien sind dazu nicht in Lage: Olaf Scholz ist kein Dietmar Woidke. Im Gegenteil: Woidke hat Scholz vom Wahlkampf in Brandenburg ausgeladen. Wir stehen da klar vorne und deshalb sind wir das Bollwerk der Mitte und werden für Stabilität und Sicherheit in der politischen Mitte werben. Ich bin sicher, dass wir auch Erfolg haben werden.
SWR Aktuell: Friedrich Merz ist seit letzter Woche Kanzlerkandidat der Union für die Bundestagswahl im nächsten Jahr. Das hat der CDU in Brandenburg aber nicht viel gebracht.
Jung: Genau genommen wird er heute Kandidat. Wir haben heute die Sitzungen der Präsidien von CDU und CSU. Das ist in der letzten Woche vorbereitet worden. Aber das war keine Entscheidung für Brandenburg. Das war eine Entscheidung für das nächste Jahr. In Brandenburg ging es nicht um Merz, sondern es ging um eine Landtagswahl, die Dietmar Woidke gewonnen hat.
SWR Aktuell: Die CDU war in Brandenburg mit der SPD in einer Koalition. Da ist es schwierig nach dem parteiübergreifenden Wahlaufruf, die AfD zu verhindern, neben der SPD noch zu bestehen. Welche Lehren ziehen Sie für die Bundes-CDU aus dieser Landtagswahl?
Jung: Erstens: Geschlossenheit. Wir werden heute den Kanzlerkandidaten aufs Schild heben, das ist Friedrich Merz, hinter dem wir geschlossen stehen. Zweitens müssen wir die Themen ansprechen, die die Menschen interessieren.
Das sind die Fragen der Sicherheit, das ist die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung und das ist auch die Frage der illegalen Migration und ihre Auswirkungen. Da müssen wir in der politischen Mitte Antworten haben - am besten vor der Wahl. Wir werden das im Bundestag ansprechen. Wir müssen das Vertrauen der Wähler in der Mitte gewinnen. Wir müssen zeigen, dass wir die Probleme angehen und sie nicht irgendwie wegschieben - und dass wir in der politischen Mitte diese Probleme lösen.
SWR Aktuell: Könnten Sie sich vorstellen, einen ähnlichen Schachzug wie Dietmar Woidke auch auf Bundesebene vorzunehmen?
Jung: Da ist die Konstellation anders. Da gibt es nicht diese Situation eines Kopf-an-Kopf-Rennens. Ich glaube, wir brauchen den Wettbewerb in der Mitte. Dazu gehört die klare Kante gegen die AfD und auch gegen Extremisten auf der anderen Seite des politischen Spektrums. Das ist klar.
Wir setzen uns mit der Politik der Ampel-Koalition auseinander und vor allem besinnen wir uns auf uns selbst. Deutschland braucht einen Politikwechsel. Deshalb müssen CDU und CSU so stark werden, dass wir, um diesen Wechsel durchsetzen zu können, nicht nach Partnern suchen müssen, sondern Partner auswählen können.