Die Kneipen in der Heidelberger Altstadt müssen voraussichtlich in Zukunft früher schließen. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat am Mittwoch entschieden, dass die Stadt Heidelberg ihre Sperrzeit-Verordnung entsprechend ändern muss. Wann genau die Kneipen künftig schließen müssen, ist noch unklar. Das werde sich erst aus der ausführlichen Urteilsbegründung ergeben, die noch nicht vorliegt, sagte ein Sprecher des Gerichts. Das neue Lärmgutachten habe bei der Entscheidung eine große Rolle gespielt.
Teilerfolg für die Anwohner, die gegen Lärm klagen
Die Anwohner haben damit im Streit um die Kneipenöffnungszeiten in der Heidelberger Altstadt wohl einen Teilerfolg erzielt. Die Stadt muss sich also zwischen den Forderungen der Kläger und dem jetzigen Zustand in Richtung der Kläger bewegen, so die grundsätzliche Aussage.
Die klagenden Anwohnerinnen und Anwohner versuchen schon seit Jahren die Öffnungszeiten unter der Woche auf Mitternacht und in den Wochenendnächten auf 1 Uhr festlegen zu lassen.
OB Würzner: Keine besonders restriktive Sperrzeiten
Die Reaktion der Stadt Heidelberg: Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) sagte, es sei sehr schwierig in diesem Konflikt mit berechtigten Interessen aller Seiten einen Ausgleich zu schaffen. Die Öffnungszeiten der Gaststätten dürften aber nicht zu stark eingeschränkt werden.
Besonders restriktive Sperrzeiten sind für eine Stadt mit fast 40.000 Studierenden einfach nicht angebracht
Mögliche Folgen für die Wirte
Die Wirte in der Heidelberger Altstadt sind nach dem Urteil alarmiert. Sie befürchten Umsatzeinbußen. So meinte der Betreiber der Sonder Bar in Heidelberg, Michael Market: Zu kurze Öffnungszeiten seien "tödlich".
Heidelberger Altstadt ist ein bewohnter Stadtteil
Die Heidelberger Altstadt ist im Gegensatz zu vielen anderen Städten nach der Altstadtsanierung seit Ende der 1960er Jahre unter dem damaligen Oberbürgermeister Reinhold Zundel (SPD) ein gut situiertes, bewohntes Gebiet. Die Anwohner argumentieren, dass nur durch kürzere Öffnungszeiten eine Nachtruhe möglich sei. Sie fühlen sich durch nächtlichen Lärm, durch Menschen, die in den Straßen herumschreien und auch von Verschmutzungen massiv gestört.
Christoph Egerding-Krüger sagte gegenüber dem SWR, dass die Anwohner die VGH-Entscheidung zunächst als Erfolg werteten.
So urteilte das Gericht
Konkret heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung: "Der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs hat die beklagte Stadt Heidelberg verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats über [ . . .] die Verlängerung der Sperrzeit in der Altstadt vom 24. Juli 2018 in Gestalt der Änderungsverordnung vom 17. Oktober 2019 zu entscheiden."
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte im erstinstanzlichen Urteil, auf das beide Seiten vor dem VGH in Berufung gegangen waren, eine Sperrzeit von 2.30 Uhr an Wochenenden ins Spiel gebracht. Der jetzigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs waren einige Klagen vorausgegangen.
Hohe Bedeutung des Lärmgutachtens
Das neue Lärmgutachten war erst in der vergangenen Woche präsentiert worden. Der Senat und die rund 40 Anwesenden hörten in der mündlichen Verhandlung vom Gutachter aufgezeichneten Lärm und Geschrei, die an zwei ausgewählten Punkten in der Altstadt gemessen worden waren - direkt vor den geöffneten Fenstern von Anwohnern.
Kommentare (3)
Die Kommentarfunktion zu dieser Seite wurde geschlossen.
Mir war gar nicht bewusst dass es in Deutschland möglich ist, dass einfach in einer ganzen Altstadt so lange Lärm gemacht wird. Ich finde die Forderung der Anwohner, dass unter der Woche nur bis 24 Uhr und am Wochenende nur bis 1 Uhr Lärm gemacht werden darf viel zu defensiv. Ich dachte man hat ab 22 Uhr ein Recht auf Nachtruhe! Dann müssen die Kneipenwirte ihr Geschäft eben auf früher am Tag umstellen, das ist doch ein blödes Gejammere! Für mich ist es unglaublich was da verhandelt wird und für mich wäre es ein klarer Grund von der Heidelberger Innenstadt wegzuziehen, egal wie sehr ich sonst dort wohnen mögen würde. Ich finde es gibt kein Recht auf Lärm.
Ich finde die klagenden Anwohner wirklich lächerlich. Die Kneipen schließen unter der Woche bereits um 1 Uhr. Die ganzen Bars liegen hauptsächlich in der „unteren Straße“ und die existiert als Kneipenstraße seit über 100 Jahren. Die Kneipen waren schon immer dort. Solche Beschwerden sind ungefähr so sinnvoll, wie eine Lärmbeschwerde über Fluglärm nachdem man an den Flughafen gezogen ist.
Im Beitrag wird der Eindruck erweckt, es gäbe zwei geschlossene, gegeneinanderstehende Fraktion, nämlich Gastronomen und "die Anwohner" - das wirkt in der Sprachwahl wie "alle Anwohner". Es wäre interessant zu wissen bzw. eine ausgewogene Darstellung, zu wissen, wie viele sich der Beschwerde angeschlossen haben bzw. dieser Meinung sind. Handelt es sich wirklich um "die Anwohner", oder sind es viele, einige oder wenige?