Ein Messebesucher geht an einem Leuchtdisplay auf der CeBIT vorbei. Nach einem Post der AfD Göppingen wird darüber diskutiert, wo die Grenzen der Künstlichen Intelligenz bei der Wahlwerbung liegen sollten. Aber was ist der aktuelle Stand in BW? (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Peter Steffen (Symbolbild))

Nach AfD-Werbung mit Fake-Gesicht

FAQ: Wie die Parteien in BW mit KI umgehen

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Wolfgang Lickert
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Astrid Meisoll

Nach einem Post der AfD Göppingen wird darüber diskutiert, wo die Grenzen der Künstlichen Intelligenz bei der Wahlwerbung liegen sollten. Aber was ist der aktuelle Stand in BW?

Die AfD Göppingen wirbt mit dem Gesicht einer Frau, die es so nicht gibt. Das Bild wurde mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) erstellt, analysieren Experten und warnen vor Auswirkungen auf Wahlen. Zu sehen ist eine blonde Frau namens "Dr. Stefanie Müller" - daneben steht ein angebliches Zitat von ihr, warum sie in die AfD eintrete.

Gibt es bei der AfD weiterer solcher Fälle?

Die AfD räumt unumwunden ein, dass das Bild von "Dr. Stefanie Müller" künstlich erzeugt wurde, so der Landesvorsitzende Markus Frohnmaier: Es sei "für jeden sichtbar, dass es sich dabei um eine KI-generierte Person handelt." Er finde es ganz spannend, dass man im Wahlkampf versuche, darüber kreativ zu sein und Ideen entwickle.

Es gibt noch mehr solcher Posts im Internet, die bei der AfD auffallend künstlich aussehen. Etwa auf dem Instagram-Account der AfD-Fraktion BW: der Feldberg mit toten Bäumen und dunkeln Wolken, weil dort Windräder stehen, oder ein Weihnachtsmarkt hinter Stacheldraht. Das sind Szenen, die es in der Realität so nicht gegeben hat.

Landkreis Göppingen

Wahlkampf und Künstliche Intelligenz KI: AfD Göppingen wirbt mit einem Fake-Gesicht

Die AfD Göppingen wirbt mit dem Gesicht einer Frau, die es so nicht gibt. Das Bild wurde mithilfe einer KI erstellt, analysieren Experten und warnen vor Auswirkungen auf Wahlen.

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Ist die AfD ein Ausnahmefall oder wie handhaben das andere Parteien?

Ein Fall wie der mit der erfundenen Frau ist bisher von keiner anderen Partei in Baden-Württemberg bekannt. Eine Person künstlich zu generieren, lehnen zum Beispiel CDU und Grüne entschieden ab.

KI ist trotzdem fest bei allen Parteien im Landtag angekommen. Ende 2022 haben die Grünen zum Beispiel als erste Fraktion im Landtag eine Rede von KI schreiben lassen - das wurde hinterher am Rednerpult auch transparent gemacht.

Pressemitteilungen der Parteien werden auch immer öfter mithilfe von KI erstellt. Die Grünen packen darunter aber folgenden Hinweis:

Dieser Text wurde mit Unterstützung künstlicher Intelligenz erstellt. Die Überprüfung und Endredaktion erfolgte durch die Pressestelle.

Ein CDU-Abgeordneter hat außerdem eine Anfrage an die Landesregierung mittels KI erstellt. FDP und SPD verwenden KI vor allem für Flyer und die Erstellung von Logos im Wahlkampf. Die Begründung: Es erleichtere und beschleunige viele Arbeitsschritte. Da sei aber immer klar erkennbar, dass das kein Fotorealismus ist.

Auf Bundesebene hat beispielsweise der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, neben anderen Abgeordneten der FDP-Bundestags-Fraktion, auf TikTok an einer Yearbook-Challenge teilgenommen. Dort sieht er mithilfe von KI so aus wie in einem Highschool-Foto aus den Achtzigerjahren.

Die FDP Baden-Württemberg ruft mit einem KI-gnerierten Bild dazu auf, für die Kommunalwahl 2024 zu kandidieren. (Foto: FDP Baden-Württemberg)
Die FDP Baden-Württemberg ruft mit einem KI-gnerierten Bild dazu auf, für die Kommunalwahl 2024 zu kandidieren.

Dürfen Parteien auf Social Media mit KI erstellte Inhalte zeigen, die nicht der Wirklichkeit entsprechen?

Ja, das ist erlaubt. Denn Wahlwerbung ist inhaltlich nicht gesetzlich geregelt. Die ist gedeckt durch Pressefreiheit, Kunstfreiheit und das Parteienprivileg. Nach Auskunft der Bundeswahlleiterin, die für Organisation und korrekten Ablauf von Wahlen zuständig ist, sind die Parteien und Wahlvorschlagsträger selbst für Gestaltung und Inhalt der Plakate verantwortlich. Die Bundeswahlleiterin sei für Wahlwerbung und deren rechtliche Beurteilung nicht zuständig - und zur Neutralität verpflichtet.

Wahlwerbung hat demnach ihre Grenzen, "wo verbotene Parteien Wahlwerbung betreiben oder wo die Wahlwerbung strafbar ist", heißt es von der Pressestelle der Bundeswahlleiterin. Die Werbung unterliegt demnach den allgemein geltenden Gesetzen - "spezielle Regelungen zu KI oder Diskussionen zu deren Reglementierung in Bezug auf Wahlwerbung sind uns nicht bekannt". 

Es gibt auch keine Vorschrift, die sagt, Wahlwerbung müsse sich irgendwie an den Grundsätzen der Wahrheit orientieren - sie darf laut Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Medienrechtskanzlei WBS.LEGAL aber keine Persönlichkeitsrechte verletzen. Wenn eine Partei also eine reale Person ohne deren Einwilligung zeigen und für die Zwecke der Partei missbrauchen würde, dann wären Persönlichkeitsrechte betroffen gewesen.

Man kann es auch so sehen: Die AfD ist - um es positiv auszudrücken - besonders kreativ und weiß Social Media für sich zu nutzen. Nicht umsonst hat die AfD auf TikTok besonders großen Erfolg. Bisher wurden für den Wahlkampf schließlich schon Themenbilder benutzt, sogenannte Stockfotos, zum Beispiel mit einem Model oder einer glücklichen Familie.

Eine fiktive Person mittels KI zu kreieren, ist gesetzlich derzeit nicht verboten.

Müssen KI-Inhalte in Zukunft gekennzeichnet werden?

Derzeit gibt es noch keine Kennzeichnungspflicht für KI. Zwar hat die EU den Artificial Intelligence Act, das EU-Gesetz zur Künstlichen Intelligenz, verabschiedet. Dieser sieht laut Medienrechtsanwalt Christian Solmecke auch "Transparenzvorschriften" vor, nach denen zukünftig mit KI erstellte Deepfake-Fotos als KI-generiert gekennzeichnet werden müssen. Auch nicht redaktionell bearbeitete KI-Texte müssen demnach gekennzeichnet werden. Doch gelte die entsprechende Regelung erst 24 Monate nach Inkrafttreten der EU-Verordnung, so Solmecke. Damit werde diese voraussichtlich erst in gut zwei Jahren greifen.

Aktuell muss man also vor allem darauf vertrauen, dass KI freiwillig gekennzeichnet wird und dass die sozialen Netzwerke selbst auf die Einhaltung ihrer Regeln achten.

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