Bonnie Tyler live auf der Bühne. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Bonnie Tyler - Die Rockröhre ist 70

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Hans-Jürgen Finger

Die blonde Löwenmähne mit der unverkennbaren Stimme ist 70. Hits, wie "It’s a heartache" oder "Total eclipse of the heart", sind Klassiker der Sängerin.

"Meine Mutter war ein Opernfan. Als Kind habe ich sie schon singen gehört, wenn ich aus der Schule kam und noch gar nicht im Haus war. So gesehen musste ich einfach Sängerin werden.“

Diesen Traum hegte Bonnie Tyler schon seit Kindheitstagen. Mit einer Haarbürste als Mikrofonersatz übte sie vor dem Spiegel Songs von Tina Turner oder Janis Joplin.

Im Rugby-Club fing alles an

Bis diese Vorstellungen Realität werden sollten, galt es noch einen langen Weg zurückzulegen. Gayner Hopkins, so ihr richtiger Name, war ein schüchternes Mädchen und in der Schule fiel sie nicht durch Glanzleistungen auf. Zunächst arbeitete sie als Verkäuferin in einem Supermarkt, bis ihre Tante sie bei einem Talentwettbewerb des örtlichen Rugby-Clubs anmeldete.

Dort sang sie "Those were the days" von ihrer Landsmännin Mary Hopkin und den Ray Charles-Hit "I can’t stop loving you" und wurde prompt Zweite. Dieser Erfolg gab ihr Selbstvertrauen: Sie schloss sich der Band "Bobby Wayne & The Dixies" als Backgroundsängerin an, bevor sie ihre eigene Gruppe "Imagination" gründete und durch örtliche Pubs tingelte.

"Sieben Jahre war ich mit meiner Band unterwegs, ohne dass wir die Aufnahmen an eine Plattenfirma geschickt hätten."

Bonnie Tyler im Jahr 1976. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Bonnie Tyler im Jahr 1976.

Bonnie Tyler wird entdeckt

Der Zufall wollte es, dass der Talentsucher Roger Bell 1974 auf sie aufmerksam wurde. Eigentlich war er nach Südwales gekommen, um eine Band zu sehen, die im Club eine Etage höher spielte. Er verwechselte jedoch das Stockwerk und hörte stattdessen Bonnie Tyler "Nutbush City Limits" singen. Wenig später erhielt sie eine Einladung nach London ins Plattenstudio und ihre erste Single "My! My! Honeycomb" entstand - ein Flop.

Bonnie Tylers Durchbruch

Erfolg stellte sich mit ihrer zweiten Single ein: "Lost in France" erreichte 1976 die Top Ten in Großbritannien. Das Lied konnte sich bei uns 33 Wochen lang in den Hitparaden behaupten. Auch ihr Team war eine runde Sache: Mit Ronnie Scott und Steve Wolfe hatte sie ein Gespann um sich, das nicht nur für das Songwriting verantwortlich zeichnete, sondern auch gleichzeitig ihre Produzenten und Manager in Personalunion waren. 

Die walisische Rock- und Popsängerin Bonnie Tyler mit ihrer Band während der Deutschland-Tournee im Mai 1978.  (Foto: dpa Bildfunk, picture-alliance / dpa | Kirmer)
Bonnie Tyler mit ihrer Band während der Deutschland-Tournee im Mai 1978.

Die Freude über diese ersten Erfolge wurde jedoch bald getrübt, denn es stellten sich Probleme mit ihrer Stimme ein. Auf ihren Stimmbändern hatten sich Knötchen gebildet, die operativ entfernt werden mussten. Nach dem Eingriff klang sie noch rauer als zuvor, was sich aber nicht zum Nachteil entwickeln sollte. In dieser neuen Tonlage gelang ihr 1977 mit "It’s a heartache" der endgültige Aufstieg in die erste Liga. Die Platte lief rund um den Globus höchst erfolgreich und der Begriff eines "weiblichen Rod Stewart" machte die Runde.

"Goodbye to the islands" war das letzte Album, welches sie 1981 unter den Fittichen ihres Teams veröffentlichte. Es war fast schon ein prophetischer Titel, denn ihre Vorstellungen deckten sich nicht mehr mit dem, was Ronnie Scott und Steve Wolfe planten. Es folgte die Trennung.

„Ich hatte keine Lust mehr, diese Country-Rock-Musik zu machen. Ich wollte mehr in Richtung Rock gehen.“

Neuer Plattenvertrag und weltweiter Erfolg

Sie schloss einen Plattenvertrag bei einer neuen Firma ab und begann, mit dem amerikanischen Musikproduzenten und Komponisten Jim Steinman zusammenzuarbeiten. Er war für sie der Mann der Wahl, nachdem er ihr Lieblingsalbum "Bat out of hell" von Meat Loaf produziert hatte - ein Jahrhundertwerk.

Ihre Neuausrichtung erwies sich als Volltreffer. Gleich die erste Veröffentlichung "Faster than the speed of the night", gespickt mit zahlreichen Cover-Versionen großer Rock-Hits und dem Power-Song "Total eclipse of the heart", brach Rekorde.

„Damit war ich die erste Sängerin, die in den britischen Album-Charts direkt von 0 auf Platz 1 kam. Ich habe Pink Floyd von der Spitze verdrängt.“

In Amerika schubste sie mit der Produktion sogar Michael Jackson vom Hitparaden-Thron. Zudem brachte ihr das Album eine Grammy-Nominierung ein.

Bonnie Tylers 80er-Look wird geboren

Die Arbeit mit Jim Steinman entwickelte sich zu einem Höhepunkt in ihrer Karriere. Sie bildeten ein Dream Team, alles passte haargenau. So stammt auch die Hymne "Holding out for a hero" aus dem Soundtrack des Films "Footloose" von ihm. Mit den rockigen Titeln war ein kompletter Imagewechsel verbunden. Es entstand das Erscheinungsbild, welches sich in die Erinnerung vieler gebrannt hat: Leder-Outfit, Schulterpolster, Struwwelfrisur und auffällige Ohrringe.

„Für meine Zottelfrisur habe ich so viel Haarspray benötigt, dass darunter sogar die Ozonschicht gelitten hat.“

Bonnie Tyler mit wilder Mähne. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / United Archives | United Archives / Frank Hempel)
Bonnie Tyler mit wilder Mähne.

Unter der Regie von Desmond Child entstand 1988 das Album "Hide your heart". Hier sang Bonnie Tyler eine Reihe von Titeln, die allerdings erst später in anderen Versionen weltberühmt wurden: Mit "Save up all your tears" hatten Robin Beck und Cher einen Hit, "The best" geriet mit Tina Turner zum Klassiker und "Don’t turn around" ist mit der britischen Reggae-Band "Aswad" und später mit der schwedischen Pop-Gruppe "Ace of Base" in die Musikgeschichte eingegangen.

„Ich habe nie verstanden, warum dieses Album nicht den Erfolg brachte, den es verdiente.“ 

Bonnie Tyler und Dieter Bohlen

Nach einer kurzen Auszeit, in der sie sich ein im Jahr 1850 erbautes Haus in Wales gekauft und renoviert hatte, begann Bonnie Tyler Anfang der 1990er Jahre damit, ihre Aktivitäten verstärkt auf Europa auszurichten. Dieter Bohlen verhalf ihr mit maßgeschneiderten Liedern zu neuen Erfolgen: "Bitterblue" konnte es in einigen europäischen Ländern mit dem Erfolg ihres karriereprägenden Albums "Faster than the speed ​​of night" aufnehmen und erhielt beispielsweise in Norwegen dafür 4-fach Platin.

 „Es hat Spaß gemacht, mit ihm zu arbeiten. Bei einigen Stücken hat er seinen Namen gar nicht erst angegeben, um mir nicht zu schaden. Er wusste, dass seine Person sehr polarisiert.“

Im Anschluss daran ging sie viele Jahre lang als Live-Künstlerin auf Tournee. Sie arbeitete weltweit mit hochkarätigen Produzenten wie Humberto Gatica, David Foster oder Mike Batt zusammen und machte Aufnahmen mit dem "Philharmonischen Orchester Prag". 2013 nahm sie für Großbritannien am Eurovision Song Contest teil, konnte mit ihrem Beitrag "Believe in me" allerdings nicht punkten und landete abgeschlagen auf dem 19. Platz. Dennoch denkt sie gerne an dieses Erlebnis zurück.

Bonnie Tyler beim Eurovision Song Contest 2013.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Korolyova Kristina)
Bonnie Tyler

Bonnie Tylers Privatleben

Zusammen mit ihrem Mann Robert Sullivan, den sie 1973 heiratete, lebt Bonnie Tyler heute abwechselnd in ihrer Heimat Wales oder in ihrem Haus an der Algarve. Dort genießt sie die pandemiebedingte freie Zeit, gesteht aber, dass ihr ihre Band, die Bühne und all die Fans fehlen.

„Es ist mir so fremd, so lange nicht auf der Bühne zu stehen.“  Völlig ungewohnt ist es für sie, an ihrem Geburtstag nicht irgendwo einen Auftritt zu haben: „Das ist das erste Mal, seit ich 17 war, dass ich nicht arbeite.“

Bonnie Tyler und ihr Ehemann Robert Sullivan. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Ursula Düren)
Bonnie Tyler und ihr Ehemann Robert Sullivan.

Die mit Edelmetall-Auszeichnungen und anderen Preisen - darunter ein "Echo" und dreimal die "Goldene Europa" - hoch dekorierte Rocklady und Trägerin der Ehrendoktorwürde der Swansea Universität steht ihrem runden Geburtstag gelassen gegenüber. Es ist eine Zahl, nicht mehr. Viel wichtiger ist es ihr, bald wieder auf Tournee gehen zu können. Die Planungen hierfür sind in vollem Gange und 2022 wird sie auch in Deutschland viele Konzerte geben. So ist das Motto ihrer aktuellen CD "The best is yet to come" mehr als ein Titel - es kann als Versprechen aufgefasst werden.   

Besondere Plattencover von Bonnie Tyler

Bonnie Tyler Cover "It’s a heartache" (Foto: SWR, RCA (Coverscan))
Der internationale Durchbruch gelang 1977 mit "It’s a heartache". Die Single verkaufte sich weltweit rund 6 Millionen Mal. Wencke Myhre konnte mit der deutschen Version "Lass‘ mein Knie, Joe" punkten. Anlässlich des Jubiläums "50 Jahre ZDF-Hitparade" sangen es beide im ZDF in einer deutsch-englischen Fassung als Duett.
Bonnie Tyler Cover "Faster than the speed of the night" (Foto: SWR, CBS (Coverscan))
1983 geriet "Faster than the speed of the night" zum Millionenseller. Die LP beinhaltete neben Cover-Versionen großer Rock-Hits (unter anderem "Have you ever seen the rain") den Steinman-Song "Total eclipse of the heart", mit dem ein internationaler Nr. 1-Erfolg gelang.
Bonnie Tyler Cover "Silhouette in red" (Foto: SWR, Hansa (Coverscan))
Mit "Silhouette in red" legte sie ihr zehntes Studioalbum vor. Es war zugleich die dritte und letzte Produktion mit Dieter Bohlen. Sein Rat zur Neuausrichtung hatte sich als richtig erwiesen und bedeutete Edelmetall-Auszeichnungen zu Hauf und Millionenumsätze. "Sally comes around" war einer der ausgekoppelten Single-Hits.
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Hans-Jürgen Finger