Kinder müssen den Umgang mit modernen Medien erst lernen (Foto: Colourbox, Model Foto: Colourbox.de -)

Tablets für Vierjährige

Wie sinnvoll ist Medienbildung in der Kita?

Stand
AUTOR/IN
Katja Hanke
ONLINEFASSUNG
Ralf Caspary
Ralf Kölbel

Die Biene Maja auf dem Tablet, die Maus auf dem Smartphone, ein Wiedersehen mit der Oma via Skype - Kinder wachsen mit Medien auf. Deshalb gibt es in manchen Kindergärten Medienarbeit mit den ganz Kleinen. Ist das sinnvoll?

Kritiker sagen, dass Tablets und Computer nicht in die Kita gehören. Dort sollen Kinder so lange wie möglich in der realen Welt spielen und analog lernen. Sie befürchten, dass die intensive Nutzung von digitalen Medien schlecht für die kognitive und motorische Entwicklung der Kinder sei. Stimmt das? Die Vorschulkinder in der Kita zu den Seen in Berlin kennen schon viele elektronische Geräte. Das Smartboard, vor dem sie gerade sitzen, ist aber komplett neu für sie. Die Erzieherin Andrea Wittwer leitet eine Medien-AG. Jeden Montag "unterrichtet" sie in acht kleinen Gruppen je eine Stunde lang über den Tag verteilt. Für dieses Mal hat sie ein Smartboard ausgeliehen, auf dem die vier Kinder zusammen ein Bild malen sollen. Schnell haben die Kleinen raus, wie der große Touchscreen funktioniert, wie man die Farben und Linienstärken auswählt.

Aber warum sollen Kinder schon in der Kita mit digitalen Medien arbeiten? In Kontakt mit Medien kommen sie sowieso, meint Andrea Wittwer. Da sei es vernünftig, dass sie schon früh lernen, bewusst mit Medien umzugehen: „Hier versuchen wir den Kindern zu zeigen: Was kann man machen mit den digitalen Medien. Nicht nur spielen, sondern Wissen aneignen, was herstellen, was ausdrucken, was recherchieren. Und natürlich lernen sie auch, dass man nicht den ganzen Tag daran sitzen muss, dass es Regeln gibt".

Eine gute Pädagogik ist wichtig

Noch vor einigen Jahren waren Kitas medienfreie Orte. Und auch heute noch werden digitale Medien dort nicht gern gesehen. Das ändert sich langsam. Die Medienbildung setzt immer früher ein.

Kind am Tablet (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa - Jens Kalaene)
Sind digitale Medien pädagogisch sinnvoll?

Jan Pfetsch, Professor für Pädagogische Psychologie an der TU Berlin, sieht dieser Entwicklung gelassen entgegen. Sein Eindruck ist, das sei ein Trend, den Medienpädagogen entdeckt hätten. Das sei für sie ein neues Arbeitsfeld und da gebe es viele Betätigungsmöglichkeiten. Auf der anderen Seite müsse man sehen: Die Kinder lebten in einer medialen Welt und sind auch zu Hause von Medien umgeben, warum solle man das dann in der Kita nicht auch gezielt thematisieren.

Pfetsch forscht unter anderem zur Nutzung und Wirkung von digitalen Medien: „Aus meiner Sicht ist es wichtig, die Kinder heranzuführen und da auch in einem geschützten Rahmen Erfahrungen machen zu lassen im Umgang mit digitalen Medien. Und es gibt bestimmte pädagogische Ansätze, Anwendungen die sich in diesem frühen Alter gut eignen." Solche Ansätze hat Andrea Wittwer in einer einjährigen Weiterbildung zur Facherzieherin für Medienbildung gelernt. In der Medien-AG hat sie mit den Kindern schon Medienhelden analysiert, ein digitales Bilderbuch erstellt, eine Hörgeschichte aufgenommen und einen kurzen Trickfilm mit Knetfiguren gemacht.

Medienerziehung ist nur ein Baustein

Die Medienbildung in Kitas kommt mittlerweile in den Bildungsplänen aller Bundesländer vor. Doch es gibt große Unterschiede: In Bayern und Nordrhein-Westfalen ist sie zum Beispiel ein eigener Bildungsschwerpunkt, in Berlin und Baden-Württemberg wird sie dagegen nur erwähnt. Weit verbreitet ist die Medienarbeit in Kitas allerdings noch nicht. Viele Erzieherinnen haben Berührungsängste und auch Eltern sind oft dagegen.

Psychologe Jan Pfetsch kann die Bedenken der Eltern verstehen, weil die Zeit, die Kinder mit digitalen Medien verbrächten, genau die Zeit reduziere, die man für andere ganzheitliche Sinneserfahrungen reservieren müsste. Kinder müssten eben auch in der Natur spielen oder in der Gruppe soziale Erfahrungen machen können. Deshalb findet er es wichtig, die Zeit mit Bildschirmmedien zu begrenzen. Seine Empfehlung: nicht mehr als eine halbe Stunde am Tag. Die Gefahr, dass die motorische Entwicklung oder die kognitive Entwicklung eingeschränkt werde, halte er dann nicht für gravierend.

Kinder im Matsch (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa - Uwe_Zucchi)
Spielen im Matsch ist wichtig

Die Medien-AG von Andrea Wittwer dauert nur eine Stunde pro Woche. Und nur selten verbringen die Kinder die komplette Zeit vor dem Bildschirm. Auch Bücher und Hörgeschichten sind Teil der erzieherischen Arbeit. Die Medienarbeit ist an der Kita zu den Seen ein wichtiger Teil des besonderen Profils der Bildungseinrichtung, sagt die Leiterin Ina Ehmke-Graupner. Dabei findet sie wichtig,  dass die Kinder mit den Medien verschiedene Bildungsbereiche durchlaufen: „Wir begleiten sie dabei: bei der Sprache, bei der Kreativität, bei dem konzentrierten Denken miteinander, beim reden. Das sind alles Vorbereitungen auf die Schule. Natürlich ist dieser Medienumgang ein Teil von vielen. Das muss man immer wieder auf den Punkt bringen. Sie sollen weiterhin auf die Bäume klettern, singen, tanzen. Das muss man immer wieder betonen, wenn Eltern Bedenken haben."

Stand
AUTOR/IN
Katja Hanke
ONLINEFASSUNG
Ralf Caspary
Ralf Kölbel