Zwei Mädchen mit Kopfhörer spielen mit Handy und iPad (Foto: IMAGO, Imago -)

LEARNTEC Karlsruhe

Lernen 4.0

Stand
AUTOR/IN
Thorsten Helber
ONLINEFASSUNG
Ralf Caspary
Ralf Kölbel

Neue Trends

Tablet, Smartphone und Co im Unterricht-  wie verändern sie das Lernen und Lehren? Darum geht es in Karlsruhe auf der LEARNTEC – der Fachmesse für Digitales Lernen.

Ein großer Trend bei der diesjährigen LEARNTEC ist das Lernen in virtuellen Welten. Das passende Begriffspaar dazu: "Augmented Reality". Mithilfe einer Brille oder dem Smartphone werden durch diese Technik in unsere reale Welt digitale Inhalte eingefügt. Der Nutzer kann mit einer Augmented- Reality- Brille also zum Beispiel auf eine weiße Wand schauen und dort Animationen, Texte, Bilder oder Videos angezeigt bekommen, die den jeweiligen Lerngegenstand betreffen und verschiedene Aspekte vertiefend veranschaulichen.

3-D-Simulation (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa - Uli Deck)
Lernen in virtuellen Welten

Dazu Jannis Goossens vom niederländischen Unternehmen IJsfontein: Die Brille an sich ist tatsächlich ein sehr beeindruckendes Stück Technologie. Es sind mehrere Kameras verbaut, die die räumliche Umgebung wahrnehmen, also feststellen, wo eine Wand ist, wo der Boden ist, wo man dann auch bestimmte Objekt platzieren kann. Langfristig hat Augmented Reality das Potential, unsere klassischen Bildschirme durch virtuelle abzulösen, ähnlich wie die E-Mail damals das Schreiben auf dem Papier abgelöst hat. Bis es soweit kommt, dürfte es aber noch eine ganze Weile dauern: Derzeit kostet eine solche Brille noch mehrere tausend Euro. Spaß macht es aber schon jetzt, die reale Welt durch virtuelle Elemente zu erweitern. Und Spaß sei ein ganz wichtiger Faktor beim Lernen, erklärt Goossens.

Lernen im Computerspiel

Das haben auch andere Unternehmen erkannt und schulen ihre Mitarbeiter mittlerweile mit Lern-Computerspielen. Es gehe darum, so Goossens, dass der Spieler im Spiel immer besser werden möchte, deshalb müsse er Kompetenzen erwerben, die er dann auch außerhalb des Spiels in der wirklichen Arbeitswelt anwenden könne. Im Moment sei zum Beispiel in vielen Unternehmen die IT-Security und Datensicherheit ein wichtiges Thema. Und oft sei es so, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter schulten, ihnen eine Liste gäben, was man dürfe und was man nicht tun dürfe, vieles davon werde aber nicht beachtet.

Deshalb hätten Goossens und sein Team ein Spiel entwickelt, bei dem zwei Spieler gemeinsam ein Unternehmen infiltrieren müssten, sie müssten also auf die Seite der Cyberspionage wechseln. Dieses Spiel baue so ein Verständnis dafür auf, wie Cyberkriminelle vorgehen würden. Der Experte ist überzeugt: Solche im Spiel gelernten Fähigkeiten bleiben bei den Mitarbeiten dann deutlich besser hängen als schlichte abstrakte Verhaltensregeln.

Ein Mann im Anzug hält seine Hand offen nach vorne. Über der Hand schweben animierte Datenwolken, Personendaten, so wie Computer und Smartphone, die Daten senden. (Foto: Getty Images, Thinkstock -)
Die modernen Medien beeinflussen unsere Art zu lernen. Aber mit moderner Technik lernt man nicht automatisch besser.

Schule der Zukunft

Der Bereich school@LEARNTEC beschäftigt sich mit der Schule der Zukunft. In den einigen Schulen wird inzwischen ein System der Firma edu:cube eingesetzt. Dabei laden sich Schüler eine App auf ihr Smartphone und können dann zum Beispiel - statt nur eine Lerntafel anzuschauen-  zusätzliche Informationen aufrufen, die sie immer gleich parat haben. Geschäftsführer Steffen Schuster: Man kennt ja den Satz ‚Ich weiß noch genau, wo’s an der Tafel stand‘. Und wir haben eben gesagt: Wir möchten das Wissen in Bildern verorten. Und unter anderem gibt es die Möglichkeit, dass man mit seinem Smartphone dann über dieses Bild fährt und digitale Informationen auf sein Smartphone gespielt bekommt.

ARCHIV - Mit einem speziellen Tablet arbeitet ein Schüler (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa -)
Schüler sollen möglichst früh an neue Medien herangeführt werden (Symbolbild)

Konkret sieht das so aus: Die Schüler haben vor sich eine Tafel mit einer Abbildung des menschlichen Kopfes im Querschnitt, mit allen Adern, Organen und Strukturen, und mit dem Smartphone können sie das Bild abfahren und so immer neue Informationen zu einzelnen Aspekten aufrufen. Mit dem System können auch Aufgaben auf dem Smartphone gestellt werden wie: „Löse die Lernfragen X und Y und schalte dadurch ein Bild frei“ oder: „Lerne 40 Vokabeln und laufe dabei 400 Meter“.

Der Lehrer kann dann mit diesem Programm die Lernfortschritte der einzelnen Schüler sehen und gezielt helfen, wenn ein Schüler hinter den Erwartungen zurückbleibt. Das System basiert auf individuellen Lernkonzepten für jede Schule und es unterstützt individualisiertes Lernen. Grundsätzlich gilt: Solche Programme machen Sinn, wenn die Lehrer mitziehen und die neuen Lernmethoden auch einsetzen wollen.

Lernen am PC (Foto: picture-alliance / dpa, picture-alliance / dpa -  Uli_Deck)
E-Learning verändert das Lernen

Leider sei Lehrerfortbildung grundsätzlich ein ganz großes Manko, sagt Schuster, das gelte von Hamburg bis München. Da müsse viel mehr getan werden. Es gebe Lehrer, die nach zwei Stunden Workshop sagen: ‚Danke, hab ich verstanden, ich leg sofort los!‘. Und es gebe Lehrer – die finde man in jedem Kollegium – die erst mal auf Distanz gingen und guckten, was die Kollegen so machen würden.

Fremdsprachenlernen

Auch wer Fremdsprachen lernen möchte, wird auf der LEARNTEC fündig: Das Unternehmen Rosetta Stone bietet Software, mit der Mitarbeiter möglichst schnell und effektiv neue Sprachen lernen sollen. Und zwar nach der Immersions-Methode. Die funktioniert je nach Bedarf auch ohne Vorkenntnisse, erklärt Sprecherin Sabine Schnorr: Der Lerner lernt die Sprache im Prinzip so, wie ich als Kind meine Muttersprache gelernt habe, anhand von verschiedenen Bildern und Situationen. Ich fang ganz klein an, ich lern zum Beispiel ‚Guten Tag‘, ‚ein Mädchen‘, ‚ein Junge‘, ‚ein Mann‘, ‚eine Frau‘ – und dann wird das zunehmend komplexer – bis hin zu ganzen Sätzen und Texten. Für uns ist wichtig, dass wir die Lerner ganz schnell zum Sprechen bringen, also wirklich auch pro aktiv die Sprache anwenden. Ich lerne dabei ein Gefühl für die jeweilige Sprache zu entwickeln.


Auf das Gehirn kommt alles an

Neben der ganzen Virtualität auf der LEARNTEC gibt es dann aber auch noch ganz praktische Dinge zum Anfassen, die das Lernen verbessern sollen: nämlich Stühle. Jeder kennt wahrscheinlich das Rumwackeln auf den Schulstühlen – die neue Generation ist darum von vornherein rundum beweglich. Jürgen Bickel vom Möbelhersteller VS betont, dass es ganz natürlich sei, wenn Schüler auf ihren Stühlen herumrutschen würden, dadurch könnten sie sich besser konzentrieren.

Ein Klassenzimmer mit Stühlen und einer grünen Tafel. (Foto: Getty Images, Thinkstock -)
Dieses Mobiliar einer Schule entspricht nicht modernsten Anforderungen

Deswegen arbeite man diesen Bewegungsdrang sozusagen gleich in das Möbel mit ein. Flexible Stühle, virtuelle Welten, neue Lernmethoden - werden wir durch all das auch intelligenter? Jannis Goossens von IJsfontein ist skeptisch, das erhöhe nicht unbedingt unseren IQ, aber die digitalen Medien würden den Lernerfolg erhöhen. Der entscheidende Schritt beim Lernen basiert dann trotz aller Innovationen noch auf einem Organ: unserem Gehirn, das sich das Gelernte merken muss.

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