Heute kaum noch vorstellbar: Früher mussten Nichtraucher fast überall Zigarettenqualm ertragen: bei der Arbeit, in Gaststätten und öffentlichen Gebäuden. Doch dann beginnt ein Umdenken. Den Anfang machen die Fluglinien.
Rauchen nur im Raucherstand auf dem Hof: Mitarbeiter klagt erfolglos
Die Lufthansa verbietet 1995 das Rauchen auf Inlandsflügen und ab 1998 generell. Auch erste Betriebe fangen an, das Rauchen zu untersagen. Das Philips Halbleiterwerk in Hamburg beginnt damit 1996 und gerät in die Schlagzeilen, weil ein Mitarbeiter dagegen klagt, dass er zum Rauchen in eine spezielle Ecke auf den Hof muss. Doch am 19. Januar 1999 verliert er seinen Prozess. Das Bundesarbeitsgericht billigt das Rauchverbot in einem wegweisenden Urteil.
Rauchverbote nach und nach in verschiedenen Bereichen
Das Urteil führt allerdings nicht gleich zu großflächigen Rauchverboten. Die meisten Betriebe ziehen erst Mitte der 2000er Jahre nach. Das Rauchen in öffentlichen Gebäuden wurde 2007 verboten, von da an gibt es in der Bahn auch keine Raucherabteile mehr. Ein Jahr später wird auch die Gastronomie rauchfrei – explizite Raucherkneipen ausgenommen.
13.6.1953 Bundesgerichtshof: Bei Impfschäden besteht Anspruch auf Entschädigung
13.6.1953 | Haben Impfgeschädigte Anspruch auf Entschädigung – im Zweifel durch den Staat? Mit dieser Frage befasste sich der Bundesgerichtshof bereits 1953. Damals ging es um Impfungen gegen Typhus und Pocken. In beiden Fällen handelte es sich um Pflicht-Impfungen. Der Bundesgerichtshof entschied, die Kläger hätten Anspruch auf staatliche Entschädigung, da sie für die Volksgemeinschaft ein Opfer erbracht hätten. In der SDR-Sendung "Residenz des Rechts" erläutert Bundesrichter Georg Rietschel die Entscheidung.
14.7.1954 Krebsforschung: Gerhard Domagk über Chemotherapie als neue Hoffnung
14.7.1954 | Welche Substanzen fördern Krebs? Welche verhindern ihn? Bei diesen Fragen stand man in den 1950er-Jahren ganz am Anfang. Zigaretten könnten ein Hauptgrund für den drastischen Anstieg an Lungenkrebserkrankungen sein. Diese damals noch erstaunliche These vertritt der Bakteriologe Gerhard Domagk auf der Nobelpreisträgertagung in Lindau im Juli 1954.
17.1.1979 Erster Smogalarm in der Bundesrepublik
17.1.1979 | Beim Wort "Smog" dachten die meisten Menschen jahrzehntelang vor allem an London. Dort wurde das Wort, das sich aus Smoke und Fog – also Rauch und Nebel – zusammensetzt, geprägt.
Doch in den 1960ern mussten die Deutschen erfahren, dass auch sie von Smog nicht verschont bleiben. Das Ruhrgebiet erlebte 1962 eine schwere Smog-Krise. Durch die Kombination aus Kohleverbrennung – damals wurde noch viel mit Kohle geheizt –, Autoverkehr – damals ohne Katalysator – und einer Inversionswetterlage stauten sich Ruß und Schwefeldioxid am Boden und führten zu einem starken Anstieg von Atemwegserkrankungen. Anschließend erließen Nordrhein-Westfalen und in der Folge weitere Bundesländer Smog-Verordnungen.
Am 17. Januar 1979 kommt es zum ersten Smogalarm in der Bundesrepublik – wieder im Ruhrgebiet.
Zunächst eine Umfrage, anschließend ein Hintergrundbericht im Süddeutschen Rundfunk.
10.8.1955 BGH: Comics sind nicht per se jugendgefährdend
10.8.1955 | Comics sind Schund, gefährden die sittliche Entwicklung von Jugendlichen und fördern das Analphabetentum! Das war in den 1950er-Jahren die vorherrschende Auffassung unter Erziehungsfachleuten. Müssen sie also verboten werden? Der Streit darüber eskaliert bis zum Bundesgerichtshof. Dieser kommt zu einem Urteil, das – wie es in der folgenden Sendung heißt – von "Eltern und Jugenderziehern noch lebhaft erörtert werden wird". Demnach sind "Bildstreifenhefte" nicht per se und nicht "offensichtlich" jugendgefährdend, vielmehr komme es auf den Inhalt an!
"Aus der Residenz des Rechts" heißt diese traditionsreiche Sendung, die der Süddeutsche Rundfunk jahrzehntelang im Programm hatte und in der immer wieder – wie hier – Bundesrichter ihre Urteile im Radio erläuterten. | http://x.swr.de/s/residenz | http://archivradio.de/
21.2.1957 Anstoß für Ehegattensplitting: Bundesverfassungsgericht kippt alte Regelung
21.2.1957 | Bis in die 1950er hinein waren Ehepaare, in denen beide Partner gearbeitet haben, steuerlich benachteiligt. Denn sie wurden zusammen veranlagt und der Steuersatz bemaß sich an der Gesamtsumme des Einkommens. Der Steuersatz war also höher, als wenn beide Partner ihre Steuern getrennt zahlen würden. Das kam zwar nicht so oft vor, denn nur in jeder siebten Ehe arbeiteten damals beide Partner. Dennoch entscheidet das Bundesverfassungsgericht im Februar 1957, dass diese Art der Besteuerung gegen des Grundgesetz verstößt – nämlich gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und dem Schutz von Ehe und Familie. Es war dieses Urteil, das eine Neuregelung erforderlich machte und dazu führte, dass im Folgejahr das Ehegattensplitting eingeführt wurde. Hier der Bericht über das Verfassungsgerichtsurteil vom 21. Februar 1957.
14.7.1998 Bundesverfassungsgericht: Rechtschreibreform kann kommen
14.7.1998 | "Schifffahrt" mit drei F und "Schluss" mit zwei s hinten statt einem scharfen ß – was heute für die meisten selbstverständlich ist, war in den 1990ern eine Revolution und sorgte für zahllose Debatten. 1996 wird die Rechtschreibreform beschlossen, als offizieller Einführungstermin ist der 1. August 1998 vorgesehen. Doch es gibt Widerstand: In Schleswig-Holstein initiieren die Gegner einen Volksentscheid, ein Lübecker Ehepaar ruft sogar das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE) an: Die Reform verstoße gegen das Grundgesetz. Das sorgt für Spannung, denn die Entscheidung aus Karlsruhe kommt erst am 24. Juli - wenige Tage vor der geplanten Einführung.
In Schleswig-Holstein bleibt es noch spannender. Der Volksentscheid kommt: Am 27. September entscheiden sich die Schleswig-Holsteiner für die Wiedereinführung der alten Rechtschreibung. Doch die Regierungsparteien unter Ministerpräsidentin Heide Simonis heben den Volksentscheid per Landtagsmehrheit wieder auf, sodass bundesweit einheitliche Regeln gelten.