22.10.1917

Emil Fischer über die deutsche Wissenschaft im Kriege

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Der Chemiker Emil Fischer (1852 - 1919) erhielt 1902 den Nobelpreis für bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebiet der Zuckerchemie. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs war Emil Fischer einer der ersten Unterzeichner des Manifests, welches den völkerrechtswidrigen Einfall deutscher Truppen in Belgien als gerechtfertigt hinstellte.

Während des Kriegs gehörte er zu der großen Anzahl deutscher Nobelpreisträger und sonstiger Spitzenforscher, die ihre Tätigkeit weitgehend an den Anforderungen des Militärs ausrichteten.

Zu Ende des Krieges machte Fischer allerdings als einer von wenigen Spitzenwissenschaftlern deutlich, dass er die Unterstützung des Aufrufs von 1914 bereute. Der Krieg sei "ein schlechtes Geschäft, das liquidiert werden" müsse.

In verschiedenen Schreiben ließ er erkennen, dass er unter der abzusehenden Niederlage Deutschlands und dem befürchteten Niedergang der deutschen Wissenschaft seelisch litt.

Emil Fischers Vortrag

"Obschon es schwer ist, die zukünftige Entwicklung der Wissenschaften vorauszusehen, so glaube ich doch sagen zu können, dass die Verbindungen der organischen Chemie mit der Biologie viel enger werden und immer reifere Früchte bringen werden. Im besonderen hoffe ich zuversichtlich, dass es durch die Erzeugnisse der organischen Synthese gelingen wird, einen radikalen chemischen Einfluss auf die Entwicklung der Organismen zu gewinnen und Veränderungen hervorzurufen, die alles durch Züchtung Erreichbare weit übertreffen.

Die deutsche Naturforschung und die vielfach mit ihr in Wechselwirkung stehende Technik  haben mit Ausbruch des Krieges von Seiten des feindlichen Auslandes mancherlei Geringschätzung und Kränkung erfahren. So bedauerlich diese Erscheinung auch sein mag, so sicher wird sie in ruhigerer Zeit wieder verschwinden. Jedenfalls wollen wir uns dadurch nicht irremachen lassen, sondern fortfahren, im Wettstreit mit allen anderen Kulturvölkern den Schatz der Naturerkenntnis zu mehren und durch nützliche Anwendung in Gewerben und Künsten der ganzen Menschheit dienstbar zu machen."

Quelle: Deutsches Rundfunkarchiv (DRA)

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