John Cage (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / effigie/Leemage)

14 Videoclips

Freiheit als Provokation – John Cages "Song Books" mit dem SWR Vokalensemble

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Die Königin der Nacht singt ihre Rache-Arie und lässt in einer Großküche ihre Wut an einer roten Paprika aus – eine andere Sängerin meditiert auf einem wackeligen Tisch zwischen den riesigen Maschinen einer Seifenmanufaktur. Die "Songs Books" von John Cage sind eine Sammlung von Konzepten, die irgendwo zwischen Musik und Theater angesiedelt sind. Graphische Partituren, Anweisungen zum Würfeln, Buchstaben und Zahlen in unterschiedlicher Größe und Typographie, rätselhafte theatralische, auch humorvolle Anweisungen.

Angelika Luz und Andreas Ammer haben mit dem SWR Vokalensemble die Song-Book-Songs von John Cage neu inszeniert – als lustvoll, witzig und bunt inszenierte Video-Clips, bei denen man nie weiß, was als nächstes kommt.

Das SWR Experimentalstudio ist mit von der Partie und interpretiert die live-elektronischen Klänge der Songs (Michael Acker, Klangregie).

John Cage: 14 Song Books mit dem SWR Vokalensemble

Cage Song Books №47 Wakako Nakaso: Cheap imitation №4

Ich spiele eine verbitterte alte Frau, die Paprika schneiden muss und ihre ganze Wut daran auslässt. Und damit es interessanter klingt, singe ich Triolen und schneide Achtel dazu.

Cage Song Books №64 Georg Gädker: Exzess im Fußballstadion

"Nitchi nitchi kore ko nitchi" – "Jeder Tag ist ein guter Tag", so heißt dieser Text auf japanisch. 127 mal der gleiche Satz. Und was man daraus macht, ist völlig offen.

Cage Song Books №77 Torsten Müller: Herzklopfen mit Bach

Ich trainiere viel und habe mich entschieden: Meine Aktionen haben alle mit Singen oder Radfahren zu tun. Erst wenn der Puls rast, darf ich singen.

Cage Song Books №74 Dorothea Winkel: Meditation in der Seifenfabrik

Ich sitze in einer Seifenmanufaktur, im Schneidersitz auf einem kleinen wackligen Tisch, in der Nase der tolle Duft dieser Seife und um mich herum riesige Maschinen, die laufen und Lärm machen.

Cage Song Books №6 Florian Kontschak: Dusch-Gesänge mit rotem Vorhang

Es geht darum, sich 64 Aktionen auszudenken und per Zufallsverfahren auszulosen. Ich habe Musik und witzige Pannen und besondere Momente aus meiner Bühnenlaufbahn auf die Liste geschrieben.

Cage Song Books №67 Johanna Zimmer & Johannes Kaleschke: Mickey Maus und Löwe

Johanna, meine Frau ist völlig verzückt und fädelt so eine fitzelige Perlenkette auf. Ich bin der proletenhafte, biertrinkende Ehemann und völlig genervt von ihrem Gequietsche.

Cage Song Books №51 Höre einem Waldbrand zu

Es geht ums Hinschauen. Zuhören. Sich einlassen. Und darum, zuzulassen, was es mit einem macht. Cage war ein großer Umweltschützer.

Cage Song Books №52 Johannes Kaleschke: Nonsense-Arie mit Bodyguard und Bagger

Die Partitur sieht aus, als hätten Kinder mit ein paar Farbstiften irgendwas hingemalt und jemand hätte ein paar Wörter drunter geschrieben. Dazu gibt es die Anweisung, diese Partitur mit "different Styles of singing" zu gestalten.

Cage Song Books №35 Demo im Hinterhof

In diesem Song sollen Fahnen gehisst werden. Die Fahne der Anarchie, die Weltfahne ... möglichst viele Fahnen, die Ideale verkörpern.

Cage Song Books №17 Judith Hilger: Das Singen der Telegraphendrähte

Eine Konservendose, in deren Boden einer Schnur eingezogen wird, die ich mit den Fingern und etwas Kolophonium streiche und zupfe. Es ist ein statischer, fast tranceartiger Zustand, in den man da kommt.

Cage Song Books №23a Andrea Conangla & Alexander Yudenkov: Backgammon

Spiele mit einer anderen Person ein Spiel. Das Spielbrett soll mit Kontaktmikrofonen ausgestattet sein, Lautstärke auf höchsten Pegel, am besten mit 4-Kanalton und Lautsprechern um das Publikum herum.

Cage Song Books №23b Christopher Kaplan & Mikhail Nikiforov: Billiard ist Musiktheater

Zwei Chormitglieder spielen Billiard. "Spiele ein Spiel und verstärke es" heißt die Handlungsanweisung in der Partitur. Mehr nicht.

Cage Song Books №15 & 44 Andreas Ammer: Schreibmaschinen-Solo

Ich soll 35 mal auf einer Schreibmaschine schreiben "Der Künstler hat nicht das Recht, unnötig über die Zeit seines Publikums zu verfügen".

Cage Song Books №85 Prozession im Club

Das Stück ist spannend, weil Cage hier Mikrotonalität einführt: Er setzt die Noten bewusst zu hoch oder zu tief an zwischen den Linien, sodass Töne außerhalb unseres klassischen Tonsystems entstehen.

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SWR