In jeder Hinsicht eine reife Interpretation

Vilde Frang spielt Bartok & Enescu

Stand
AUTOR/IN
Dorothea Bossert
KÜNSTLER/IN
Vilde Frang
Orchestre de Radio France
Jan-Erik Gustavsson
Lily Francis
Lawrence Power
Rosanne Philippens
Gabriel Le Magadure
Erik Schumann
Nicolas Altstaedt

CD-Tipp vom 23.10.2018

Für Yehudi Menuhin waren sie die größten Musiker, denen er je begegnet war: Bela Bartok und George Enescu. Vilde Frang, die norwegische Geigerin, hat die beiden auf ihrer neuen CD vereint.

Was für ein Anfang – wie ein einsamer Sänger beginnt die Violine, nacheinander kommen weitere Streicherstimmen hinzu, dialogisieren, die Linien umarmen sich, verweben – immer mehr, immer dichter - bis nach fast drei Minuten die ersten Bläser einsetzen und klar wird – das hier ist gar kein Streichquartett, sondern ein Violinkonzert. Bartoks erstes Violinkonzert. Wer sich da so leidenschaftlich und selbstbewusst ihren Weg durch die Kantilenen bahnt, ist die norwegische Geigerin Vilde Frang, zusammen mit dem Orchestre von Radio France und seinem finnischen Chefdirigenten Mikko Frank: Eine in jeder Hinsicht reife Interpretation, die die komplexe Charakteristik dieser Musik überzeugend, ja hinreißend einfängt: die Zartheit und Fragilität des Anfangs, die im Verlauf des ersten Satzes in einer groß angelegten Steigerung eine beeindruckende und unbestechliche Kraft entfaltet.

Technisch mit allen Wassern gewaschen

Dann der zweite Satz, mit seinem markanten und virtuosen Ecken-und-Kanten-Thema, dem mit ungarischen Rhythmen und plötzlichen Stimmungswechseln der Schalk im Nacken sitzt – hier zeigt Vilde Frang die ganze Bandbreite ihres Könnens: Technisch mit allen Wassern gewaschen ist sie und sie lässt ihre Geige singen, tanzen, schimpfen, stampfen, lieben, lärmen und leiden - hinreißend, mitreißend und dabei völlig unangestrengt. Als wäre es die natürlichste Sache der Welt, dominiert sie das Orchester, das übrigens ausgesprochen homogen und geradezu kammermusikalisch musiziert.

Handverlesenes Repertoire

Seit ihrem 12. Lebensjahr steht Vilde Frang auf dem Konzertpodium, spielt mit den großen und berühmten Orchestern und in den internationalen Konzertsälen. Jetzt ist sie Anfang 30 und fühlt sich reif, ihr künstlerisches Statement auf CD einzuspielen. Ihr Repertoire ist dabei handverlesen: Prokoffjef und Sibelius, Mozart, Wolfgang Korngold und Benjamin Britten hat sie bisher aufgenommen und jetzt also Bartoks Violinkonzert und dazu - das Streichoktett George Enescu.

Der junge, hochbegabte Rumäne, zu Lebzeiten vor allem als Geigenvirtuose bekannt, hat es 1900, mit noch nicht einmal 20 Jahren geschrieben – und ist das Werk extrem ambitioniert angegangen: Er wollte die vier autarken Sätze so komponieren, dass die ganze Sonate zusammen einen großen Sonatensatz ergibt. Die Geigerin Vilde Frang kommentiert das Werk im Booklet kompetent und stellt fest: bei aller Originalität: Enescu ist nicht der erste, der sich an einer einsätzigen Form versucht hat. Aber Enescus große Errungenschaft in dieser einsätzigen Form ist es, dass er die ganze Sonate aus dem langen, leidenschaftlichen Anfangsthema entwickelt.“

Unbedingt hörenswert

Zusammen mit sieben befreundeten, hochkarätigen Streicherkollegen hat Vilde Frang dieses Oktett aufgenommen: darunter Gabriel Le Magadure, der zweite Geiger des Quatuor Ebène und der Cellist Nicolas Altstaedt. Eine hochexpressive Musik ist das, leidenschaftlich und gekonnt komponiert von einem viel zu wenig bekannten Komponisten, und nicht weniger leidenschaftlich und gekonnt musiziert von Vilde Frang und ihren Musikerkollegen. Mein Tipp: unbedingt hörenswert! Bei Warner Classics ist diese CD erschienen und kommt in diesen Tagen in den Plattenhandel.

CD-Tipp vom 23.10.2018 aus der Sendung SWR2 Treffpunkt Klassik

Stand
AUTOR/IN
Dorothea Bossert
KÜNSTLER/IN
Vilde Frang
Orchestre de Radio France
Jan-Erik Gustavsson
Lily Francis
Lawrence Power
Rosanne Philippens
Gabriel Le Magadure
Erik Schumann
Nicolas Altstaedt