Die Sozialen Medien brannten wie ein Weihnachtsbaum
Vor wenigen Tagen hat CDU-Fraktionschef Friedrich Merz erklärt: „der Weihnachtsbaumkauf gehört zur deutschen Leitkultur“. Gerade in der Politik ist der Kontext wichtig und der ist hier ein doppelter.
Einmal selbstverständlich das nahende Weihnachtsfest, was von Christen ja auch als „Fest der Liebe“ bezeichnet wird. Als Botschaft der Liebe wurde die Aussage jedenfalls nicht aufgenommen, bereits kurz darauf brannten die Sozialen Medien wie ein Weihnachtsbaum.
Darf nur der Weihnachtsbaumkäufer deutscher Staatsbürger werden?
Der zweite Kontext ist die CDU selbst. Die hat Mitte Dezember den Entwurf für ihr neues Grundsatzprogramm vorgelegt. Darin fordert sie an prominenter Stelle „Mut zur Leitkultur". Und weiter: „Nur wer sich zu unserer Leitkultur bekennt, kann sich integrieren und deutscher Staatsbürger werden.“
Es ist nicht schwer, hier eins uns eins zusammen zu zählen. Merz sagt: Nur wer sich zur Weihnachtstanne bekennt, kann sich integrieren und deutscher Staatsbürger werden.
Drohung gegen muslimische Bürger
Es ist klar, gegen wen sich diese Drohung richtet: die Muslim*innen und alle, die durch die elendige Leitkulturdebatte immer wieder zu Fremden erklärt werden. Beim Scheuklappenblick aber, mit dem Friedrich Merz und mit ihm all jene, die aktuell eine Integration qua Nadelgewächs fordern, gerät eine wesentliche Tatsache aus dem Fokus. Und die lautet: Juden und Jüdinnen feiern auch kein Weihnachten!
Offen für rassistische und antisemitische Deutungen
Dürfen Juden und Jüdinnen also auch keinen Anspruch auf Zugehörigkeit erheben, wenn sie keinen Weihnachtsbaum kaufen und so ihre Bereitschaft zur Integration in die deutsche Leitkultur unterstreichen? Das CDU-Grundsatzprogramm legt es nahe und läuft damit zumindest Gefahr, offen für rassistische und ja auch antisemitische Deutungen zu sein.
Einer demokratischen Partei unwürdig
Das ist einer Partei, die auf dem Boden der pluralen Demokratie steht, unwürdig. Diese Gesellschaft ist eine Plurale, in der aus guten Gründen jede*r feiern kann, was er oder sie will. Und wie er oder sie das will.
Das gilt übrigens nicht nur für die jüdischen und muslimischen Teile dieser Gesellschaft, sondern auch für diejenigen Christ*innen, die keine Lust auf Weihnachten haben oder die vielen Atheist*innen, die es ja auch noch gibt.
Von einer Partei mit dem „C“ im Namen darf man eine Botschaft der Liebe erwarten
Deutsche Leitkultur ist nicht Gillamos oder Kreuzberg, nicht Leipzig oder Neumünster, sondern alles zusammen. Das wäre eine Nachricht gewesen, die dem Fest der Liebe gerecht wird. Und ich finde, vom Vertreter einer Partei, die das Adjektiv „christlich“ im Namen trägt, darf man so eine Botschaft der Liebe und des gesellschaftlichen Zusammenhalts erwarten.
Vielleicht gelingt es Merz ja beim nächsten Mal. Weihnachten ist ja jedes Jahr. Ob „Gott sei Dank“ oder „leider“ darf jede und jeder glücklicherweise selbst entscheiden.