60 Jahre Mauerbau: Die Berliner Mauer und ihr Erbe

Stand

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“, verkündete Walter Ulbricht noch am 15. Juni 1961 in einer Pressekonferenz. Zwei Monate später war sie plötzlich Fakt: In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 wurde begonnen, die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin militärisch abzuriegeln. Die Berliner Mauer wurde zum Symbol des geteilten Deutschlands.

Eine Reisegruppe schaut von einer Vorgartenmauer über die Mauer hinweg vom Westteil in den Ostteil von Berlin, Deutschland 1962: Schwarz-weiß Bild, links stehen die Menschen, Männer und Frauen auf einem kleinen Mäuerchen, rechts befindet sich in mehreren Metern Abstand die Mauer, die oben mit Stacheldraht gesichert ist. (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives)
Eine Reisegruppe schaut von einer Vorgartenmauer über die Mauer hinweg vom Westteil in den Ostteil von Berlin, Deutschland 1962.

Alle Mittel sind recht im Kampf gegen den Massenexodus

Als „antifaschistischer Schutzwall“ feierte die SED-Führung die Mauer Zeit ihres Bestehens, doch der Grund für ihre Errichtung war ein ganz profaner und zynischer: Dem sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat entflohen immer mehr Menschen gen Westen — einer der einfachsten Wege war über Westberlin.

Obwohl sich die sowjetische Führung unter Nikita Chruschtschow lange gegen eine Schließung der Zonengrenze war, kam man schließlich Anfang August 1961 überein, dass daran kein Weg vorbeiführte. Mit größtmöglichster Geheimhaltung wurde der „Tag des Mauerbaus“ vorbereitet, der vorerst nur eine militärische Abriegelung der Sektorengrenze durch NVA und Volkspolizei, sowie Hilfstruppen bedeutete: Westberlin wurde zu einer isolierten Insel.

Der Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht (links), auf der internationalen Pressekonferenz am 15. Juni 1961 im Haus der Ministerien in Ost-Berlin. Hier fiel sein berühmter Satz "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", der nur wenige Wochen später durch den Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961 ad absurdum geführt wurde.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Der Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht (links), auf der internationalen Pressekonferenz am 15. Juni 1961 im Haus der Ministerien in Ost-Berlin. Hier fiel sein berühmter Satz "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", der nur wenige Wochen später durch den Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961 ad absurdum geführt wurde. Bild in Detailansicht öffnen
Drei Volkspolizisten ziehen am Potsdamer Platz hinter einer Sperrkette eine Stacheldrahtbarriere. Im Hintergrund ist die menschenleere Leipziger Straߟe zu sehen. Am frühen Sonntagmorgen des 13. August 1961 wurde unter der Aufsicht von bewaffneten Streitkräften der DDR mit der Errichtung von Straߟensperren aus Stacheldraht und dem Bau einer Mauer begonnen (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture-alliance / dpa | Giehr)
Drei Volkspolizisten ziehen am Potsdamer Platz hinter einer Sperrkette eine Stacheldrahtbarriere. Im Hintergrund ist die menschenleere Leipziger Straߟe zu sehen. Am frühen Sonntagmorgen des 13. August 1961 wurde unter der Aufsicht von bewaffneten Streitkräften der DDR mit der Errichtung von Straߟensperren aus Stacheldraht und dem Bau einer Mauer begonnen, um den Ostteil Berlins vom Westteil abzusperren. Die Mauer soll den ständig steigenden Flüchtlingsstrom von Ost- nach West-Berlin stoppen. Bild in Detailansicht öffnen
Hinter dem Stacheldrahtverhau in der Bernauer Straߟe stehen Volkspolizisten mit dem Gewehr im Anschlag. Am frühen Sonntagmorgen des 13. August 1961 wurde unter der Aufsicht von bewaffneten Streitkräften der DDR mit der Errichtung von Straߟensperren aus Stacheldraht und dem Bau einer Mauer begonnen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Konrad Giehr)
Hinter dem Stacheldrahtverhau in der Bernauer Straߟe stehen Volkspolizisten mit dem Gewehr im Anschlag. Am frühen Sonntagmorgen des 13. August 1961 wurde unter der Aufsicht von bewaffneten Streitkräften der DDR mit der Errichtung von Straߟensperren aus Stacheldraht und dem Bau einer Mauer begonnen, um den Ostteil Berlins vom Westteil abzusperren. Bild in Detailansicht öffnen
13. August 1961: Angehörige des ostdeutschen Militärs entfernen Pflastersteine ​​in der Friedrichstraße in Ost-Berlin (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / AP | STR)
13. August 1961: Angehörige des ostdeutschen Militärs entfernen Pflastersteine ​​in der Friedrichstraße in Ost-Berlin Bild in Detailansicht öffnen
Mauerbau am 13. August 1961: Einheiten der Nationalen Volksarmee, der Volkspolizei und der Betriebskampfgruppen riegeln die Sektorengrenze ab. Szene am Brandenburger Tor (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture-alliance / akg-images | akg-images)
Mauerbau am 13. August 1961: Einheiten der Nationalen Volksarmee, der Volkspolizei und der Betriebskampfgruppen riegeln die Sektorengrenze ab. Szene am Brandenburger Tor Bild in Detailansicht öffnen
Mauerbau: Erste Absperrungen mit Stacheldraht am 14. August 1961 in Berlin (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture-alliance / akg-images | akg-images)
Erste Absperrungen mit Stacheldraht am 14. August 1961 in Berlin Bild in Detailansicht öffnen
Protestkundgebung am Schöneberger Rathaus im August 1961 kurz nach dem Mauerbau. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt hält eine Rede. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / akg-images | akg-images)
Protestkundgebung am Schöneberger Rathaus im August 1961 kurz nach dem Mauerbau. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt hält eine Rede. Bild in Detailansicht öffnen
15. August 1961: Die DDR-Volkspolizei verstärkt die Stacheldrahtsperre zwischen der sowjetischen und der französischen Zone von Berlin. Schwere Betonplatten werden errichtet, um Ost-Berlin von den Westsektoren abzugrenzen.  (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives International)
15. August 1961: Die DDR-Volkspolizei verstärkt die Stacheldrahtsperre zwischen der sowjetischen und der französischen Zone von Berlin. Schwere Betonplatten werden errichtet, um Ost-Berlin von den Westsektoren abzugrenzen. Bild in Detailansicht öffnen
Flucht einer ganzen Familie am 20. August 1961, eine Woche nach dem Bau der Berliner Mauer. Im Hintergrund lässt ein Mann ein Paket aus einem Fenster eines Hauses in der Bernauer Straße fallen, das jetzt die Grenze markiert. Der Bürgersteig ist West-Berlin. Die Wohnungen in den Häusern wurden am 13. August evakuiert. Aber in der Anfangszeit der Mauer war die Bernauer Straße der einfachste Fluchtweg, bis die DDR alle Türen und Fenster mit Ziegeln versiegelte. (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives International)
Flucht einer ganzen Familie am 20. August 1961, eine Woche nach dem Bau der Berliner Mauer. Im Hintergrund lässt ein Mann ein Paket aus einem Fenster eines Hauses in der Bernauer Straße fallen, das jetzt die Grenze markiert. Der Bürgersteig ist West-Berlin. Die Wohnungen in den Häusern wurden am 13. August evakuiert. Aber in der Anfangszeit der Mauer war die Bernauer Straße der einfachste Fluchtweg, bis die DDR alle Türen und Fenster mit Ziegeln versiegelte. Bild in Detailansicht öffnen

Die längerfristigen Sicherungsanlagen wurden erst im Laufe der Zeit aufgebaut. Mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989 wurde auch das Ende der Deutschen Demokratischen Republik eingeläutet.

Symbol der Teilung

Berühmt wurden die Bilder von Fluchtversuchen aus jenem Jahr: Menschen, die sich im Bereich Bernauer Straße aus Häusern abseilten — darunter der Kraftfahrer Rudolf Urban, der am 19. August 1961 abstürzt und wenig später in einem Westberliner Krankenhaus stirbt. Berühmt wurde außerdem das Bild des jungen Grenzpolizisten Conrad Schumann, der mit einem gewagten Sprung über den Stacheldraht in den Westen floh.

Mauerkreuze in der Mauerstrasse im Berliner Bezirk Tiergarten, unweit des Reichstag: Ein Mann mit dunkler Jacke und Jeans steht mit dem Rücken zu den Betrachter:innen vor einem halbhohen Zaun. Dort sind weiße Kreuze mit Namen und Todesdaten eingebaut. Im Vordergrund ist eine große Pfütze, im Hintergrund, hinter dem Zaun sind Gebüsch und Bäume. (Foto: IMAGO, IMAGO / Christian Ditsch)
Mauerkreuze in der Mauerstrasse im Berliner Bezirk Tiergarten, unweit des Reichstag.

Ein historischer Fluchtversuch: „Tunnel der Freiheit“ neu veröffentlicht

Mit Rohmaterial des amerikanischen Senders NBC hat der SWR Dokumentarfilmer Marcus Vetter 1999 den preisgekrönten Dokumentarfilm „Der Tunnel" über eine deutsch-deutsche Fluchtgeschichte in Berlin von 1962 gedreht. Gut 20 Jahre später hat Vetter den Film als Remake in HD-Qualität und in Farbe aktualisiert und neu geschnitten.

„Der Koffer aus dem Mauerstreifen“: Eine Hörspiel-Webdoku auf den Spuren von Republikflucht und Stasi-Staat

Ein Anfang der 1980er Jahre auf einem stillgelegten Bahnsteig am S-Bahnhof Gesundbrunnen – also mitten im Mauerstreifen — gefundener Koffer wird zum Ausgangspunkt der Recherche zweier Journalistinnen. Wem gehörte der Koffer und warum wurde er dort zurückgelassen?

Frédérique Veith und Marianne Wendt begeben sich 30 Jahre nach dem Fund auf die Suche. Dabei tauchen die beiden Autorinnen in das Berlin der Nachkriegszeit ein und lassen in ihrer doku-fiktionalen Serie die Zeit von damals wieder aufleben.

Der Mauerbau in Originaltönen

Archivradio-Gespräch Der Mauerbau 1961 – Eskalation im Kalten Krieg

Um Mitternacht wird die Sektorengrenze abgeriegelt. Reporter berichten schon in den frühen Morgenstunden von den Bauarbeiten. Zu hören: Aufnahmen aus Ost und West – eingeordnet vom Historiker Dr. Stefan Wolle.

SWR2 Wissen: Archivradio SWR2

Die DDR als Familienschicksale

Witzenhausen an der Werra

Feature Mein Vater, der Grenzer

Witzenhausen an der Werra, Zonenrandgebiet. Dort arbeitete der Vater des Schriftstellers Jan Decker beim Bundesgrenzschutz. Jetzt macht der Sohn einen Grenzgang, der auch ein Weg zur eigenen Geschichte ist.

SWR2 Feature am Sonntag SWR2

Leben Doppelleben - Eine Tochter und ihr geheimnisvoller Vater

Polas Familie ahnt nichts von dem Geheimnis ihres Vaters – bis er verhaftet wird und Polas heile Welt aus den Fugen gerät. Dennoch hält sie zu ihm.  

SWR2 Leben SWR2

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