SWR2 Hörspiel am Sonntag

100 Songs

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Von Roland Schimmelpfennig

Dieses Hörstück steht nach der Sendung bis zum 13.11.2018 zum Download bereit.

Eine Gruppe von Männern, Frauen, Kindern: Sie alle sitzen um acht Uhr vierundfünfzig in dem abfahrenden Zug. Ohne zu wissen, dass dies die letzte Zugfahrt ihres Lebens sein wird. Weil der Zug um acht Uhr fünfundfünfzig explodieren wird.

Gemälde mit Bahngleisen und Bahnhof (Foto: SWR, SWR -)
Seit 60 Jahren fördert das Land Baden-Württemberg Kunst aus dem Land

Wie kann das Unfassbare beschrieben werden? Oder geht nur das Beschreiben der Minuten davor? Als alles noch gut und vielleicht nicht alles einfach, aber trotzdem möglich war. Als die Menschen im Zug noch ein Ziel hatten. Und vielleicht gerade ihr Lieblingslied hörten.

Und was war überhaupt mit der Kellnerin Sally im Bahnhofscafé, die gerade „Bette Davis Eyes“ im Radio hörte? Und der vor Schreck die Tasse aus der Hand fiel, als das, was sie draußen sah, vor ihren Augen explodierte. Und war denn da wirklich keiner in der Nähe, der die Tasse doch noch rechtzeitig hätte retten können? Und über die Songs sickern die Geschichten der Figuren ein und leuchten die Momente von Glück, Liebe, Leidenschaft und ihrem Vergehen, die plötzlich abbrechen. Cut: Und danach?

Schimmelpfennigs postdramatischer Text ist ein Hymnus auf das Leben angesichts seiner plötzlichen, willkürlichen Bedrohung. Durch seine offene Struktur zwischen Szene, Narration und innerem Monolog lässt er sich ohne Bearbeitung als Hörspiel wie als Theaterstück inszenieren. Einer klaren Gattungszuordnung verweigert er sich. Die Bühnen-Uraufführung seines Auftragswerkes für das schwedische Länsteater Örebro sowie die deutsche Erstaufführung am Schauspiel Stuttgart sind für Anfang 2019 vorgesehen.

Roland Schimmelpfennig, geboren 1966 in Göttingen, zählt auch international zu den wichtigsten und meistgespielten deutschsprachigen Autoren zeitgenössischer Dramatik. Er schreibt daneben Hörspiele und seit 2015 Romane, zuletzt „Die Sprache des Regens“ (2017).

Mit: Robert Gallinowski, Johanna Griebel, Boris Aljinovic u. v. a.
Korepetitorin: Uschi Krosch
Regie: Leonhard Koppelmann
(Produktion: SWR 2018)

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