Eine Frau hält einen Schwangerschaftstest in der Hand. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Diskussion um den Schwangerschaftsabbruch: keine leichtfertige Entscheidung

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Claudia Bathe

Ist die aktuelle Regelung zum Schwangerschaftsabbruch und §218 noch zeitgemäß? Eine Expertenkommission hat dazu eine Empfehlung vorgelegt. Das sorgt für heftige Diskussionen.

Zurzeit gilt in Deutschland nach Paragraf 218: Wenn eine Frau eine Schwangerschaft abbricht, droht ihr eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Praktisch gesehen kommt das aber nie vor. Denn eine Frau, die abtreibt, bleibt straffrei, wenn sie sich innerhalb von zwölf Wochen bei einer staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle beraten lassen hat. Es ist ein ungewöhnlicher Sonderfall im deutschen Strafrecht. Nach Meinung von Adriana Beran sollte der Paragraf 218 trotzdem gestrichen werden, denn diese Regelung sei stigmatisierend. Sie hat vor vier Jahren selbst abgetrieben und engagiert sich seitdem im "Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung".

Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Demonstration des feministischen Streik Bündnisses versammeln sich mit Transparenten. Darauf steht z.B. "Weg mit 2189a" (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Kommission empfiehlt Liberalisierung

Es ist wieder Bewegung in die Diskussion gekommen: Ein ganzes Jahr lang hat sich die "Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin" im Auftrag der Bundesregierung mit diesem Thema beschäftigt. Im Herbst bat sie Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Interessengruppen um eine Stellungnahme. 40 wurden eingereicht. Nach der Sichtung empfiehlt die Kommission nun, die bisherige Regelung zu liberalisieren: Ein Schwangerschaftsabbruch soll innerhalb der ersten zwölf Wochen grundsätzlich legal sein. Damit sind nicht alle einverstanden.

Ein Untersuchungszimmer der Gynäkologie und Geburtshilfe (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Recht des Embryos auf Leben

Die Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Irme Stetter-Karp ist entschieden dagegen. Ihrer Meinung nach würde damit das Recht des Embryos auf Leben nicht ausreichend berücksichtigt. Das Recht des Kindes auf Leben sei genauso wie das Recht der Frau auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit im Grundgesetz verankert. Dieses ethische Dilemma werde durch den Paragraphen 218 abgebildet. Sie warnt deshalb davor, an der bisherigen Regelung etwas zu ändern.

Pflicht zur Beratung?

Diese Auffassung teilt die katholische Kirche, aber auch konservative evangelische Kreise sehen das so. Die Evangelische Kirche in Deutschland hatte in ihrer Stellungnahme im Herbst offiziell sogar dafür plädiert, dass Abtreibungen künftig sogar bis zur 22. Schwangerschaftswoche straffrei sein sollen, bis der Fötus lebensfähig ist. Allerdings sollten Frauen weiterhin zu einer Beratung verpflichtet werden. In ihrem Abschlussbericht gibt die Kommission in diesem beiden Punkten keine klare Empfehlung ab, sondern lässt dem Gesetzgeber Gestaltungsspielraum. Die badische Landesbischöfin Heike Springhart spricht sich für eine solche Beratungspflicht aus. "Ich glaube es braucht Wege, die deutlich zu machen, wir nehmen ernst, dass ein Schwangerschaftskonflikt ein Konflikt ist. Dafür muss es Räume geben, wo das diskutiert werden kann und es zu einer Klärung kommen kann. Und dafür ist Beratung ein sehr hilfreicher Weg."

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Der deutschlandweite Verbund der staatlich anerkannten Beratungsstellen pro familia ist ebenfalls für eine Straffreiheit bis zur 22. Woche, hält aber eine Beratungspflicht für unnötig. Gisela Hilgefort, Geschäftsführerin von pro familia in Mainz, findet, dass man Frauen dadurch bevormundet. Denn man traue ihnen nicht zu, eine wichtige Lebensentscheidung ohne eine vorgeschriebene Beratung und ohne Wartezeiten zu treffen.

Es macht sich schon jede Frau darüber Gedanken wie das für sie wäre, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch macht, dass sie damit werdendes Leben beendet.

Ergebnisoffene Beratung

Staatlich anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen wie beispielsweise die von pro familia, aber auch der Diakonie oder des Vereins Donum Vitae müssen immer ergebnisoffen beraten. Die Frauen sollen nicht beeinflusst werden in ihrer Entscheidung. Die Beratungsstellen haben aber auch Listen mit Adressen der Ärzte, die in der Umgebung Abbrüche durchführen und informieren über Abtreibungsmethoden. Sabine Strunge von Donum Vitae in Wiesbaden befürchtet, dass ohne eine Pflichtberatung den Frauen auch viele Möglichkeiten zur Unterstützung entgehen würden. "Ich glaube einfach, wir würden einige Frauen nicht mehr bekommen, für die eine Beratung hilfreich wäre."

Mit Plakaten mit der Aufschrift "Mein Leben ist in deiner Hand..." und "Gebet für das Leben" und dem Bild eines 10 Wochen alten Embryo demonstrieren Abtreibungsgegner  (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Die Kommission für Reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat mit ihrem Abschlussbericht lediglich Empfehlungen an die Bundesregierung formuliert. Bis etwas davon umgesetzt ist, wird es wahrscheinlich noch einige kontroverse Diskussionen geben. 

Moderator Hans Michael Ehl (Foto: SWR)

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Claudia Bathe