Ernte aus der "Solidarischen Landwirtschaft" (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

ARD-Themenwoche 2021 - Stadt.Land.Wandel

Ernten, was man sät – Solidarische Landwirtschaft

Stand
AUTOR/IN
SWR-Redaktion Religion, Migration und Gesellschaft

Kein diktierter Marktpreis, frische Lebensmittel und glückliche Bauern. Gibt es denn so etwas überhaupt? In der "Solidarischen Landwirtschaft" (Solawi) ist das bereits Alltag.

Auf dem Solawi - Hof in Ravensburg ist Kürbiszeit. David Steyer pflückt einen der tieforangenen Kürbisse. Der erfahrene Gärtner erklärt, dass der Strunk am Kürbis beim Ernten dranbleiben sollte. Nur dann sei der Kürbis nämlich lagerfähig.

Kürbisse für die Kundschaft (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Kürbisse für die Kundschaft

Gemeinsame Verantwortung

Wenn David Steyer viele Kürbisse erntet, dann haben die Kunden Glück und jeder erhält mehrere der dicken orangefarbenen Früchte. Fällt die Ernte schlecht aus, dann gibt es entsprechend weniger. Denn Landwirte und Kunden teilen sich bei der Solidarischen Landwirtschaft das Risiko, die Kosten und auch die Ernte. Das Budget wird gemeinsam besprochen. Jeder Kunde des Solawi-Hofes bezahlt einen bestimmten Anteil. Dafür erhält er dann wöchentlich Kartoffeln, Gemüse, Salat, Apfelsaft, Getreide, Mehl und Brot. Was genau ist abhängig von der Jahreszeit. Es wird alles verteilt, was geerntet wird, ungeachtet etwaiger äußerer Mängel. So werden Verluste minimiert.

In Deutschland gibt es 370 solidarische Landwirtschaftsbetriebe, davon 60 in Baden-Württemberg. Höfe gibt es untere anderem im Raum Karlsruhe, Mannheim, Schwäbisch Hall, Stuttgart, Weingarten, Friedrichshafen und Bad Waldsee.

"Solidarische Landwirtschaft"  in Berlin bei der Demonstration für eine Agrarwende (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
"Solidarische Landwirtschaft" in Berlin bei der Demonstration für eine Agrarwende.

Solawi-anthroposophische Wurzeln

Hinter der Idee dieser Wirtschaftsform steckt Rudolf Steiners Anthroposophie, eine spirituelle Weltanschauung, auf der auch die Waldorfschulen beruhen. "Die Bedürfnisse der Anderen befriedigen ist der Kern von Wirtschaft. Das ist ja das Gegenteil von dem, was heute ist. Heute ist ja Wirtschaft: mein größter Profit", sagt die Antroposophin Ilsabé Zucker.

Als einer der ersten Betriebe im Südwesten realisiert der Reyerhof in Stuttgart Möhringen das Konzept der "Solidarischen Landwirtschaft".  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Als einer der ersten Betriebe im Südwesten realisiert der Reyerhof in Stuttgart Möhringen das Konzept der "Solidarischen Landwirtschaft".

Aus der Krise entwickelt

Der Vater der 74-jährigen Anthroposophin stand in engem Kontakt mit dem Buschberghof in Fuhlenhagen bei Hamburg, der in den 60er und 70er Jahren eine wichtige Ideenschmiede für Landwirte und anthroposophisch inspirierte Intellektuelle war. In den 60er Jahren sei auch die Landwirtschaft in einer großen Krise gewesen. Viele Landwirte hätten ihren Betrieb aufgegeben. "Die haben sich damals überlegt, wie die Landwirtschaft vernünftig gestaltet werden kann", sagt Ilsabé Zucker.

Die Idee trägt Früchte

Aus der Krise heraus entwickelte die Gemeinschaft um den Landwirt Trauger Groh vom Buschberghof das Konzept der solidarischen Landwirtschaft. 1988 verwandelte Trauger Groh seinen Hof in eine Solawi, wie das Konzept unter Eingeweihten hieß. Von dort verbreitete Groh die Idee in die Welt, erzählt Ilsabé Zucker. Doch dann zog Trauger Roh nach Amerika, der Liebe wegen.

Die Idee aus Deutschland verbreitete sich in den USA in den 90er Jahren rasant. Hierzulande wurde das Netzwerk "Solidarische Landwirtschaft" erst 2010 gegründet. Seitdem wächst die Initiative Jahr für Jahr. 

Stand
AUTOR/IN
SWR-Redaktion Religion, Migration und Gesellschaft