Mainz 05 Trainer Bo Henriksen pusht sein Team (Foto: IMAGO, Imago/Kessler-Sportfotografie)

Fußball | Bundesliga

Sportpsychologin Lobinger: "Henriksen ist erfrischend anders"

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Peter Warzelhan
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Achim Scheu

Der neue Mainzer Trainer Bo Henriksen kämpft gegen den Abstieg. Sportpsychologin Babett Lobinger erkärt, warum sie durchaus noch Chancen für ihn und das Team sieht, die Klasse zu halten.

SWR Sport: Wir haben Bo Henriksen gefragt, ob Sportpsychologie in der Trainerausbildung eines seiner Lieblingsfächer war. Er sagte, er habe das nie gehabt. Es käme bei ihm alles irgendwie von innen raus. Babett Lobinger, was für einen Eindruck macht er auf sie?

Er hat sein Amt in einer Situation angetreten, als die Stimmung vielleicht eher so war, dass man gezweifelt hat. Da hat er ein wohltuend anderes Programm, indem er sich auf die Dinge fokussiert, die sehr gut und sehr positiv laufen. Das ganze mit einer Mannschaft, die in ihrer Situation von Unsicherheit geprägt war. Er bringt Sicherheit mit und eine positive Stimmung. Das macht er wirklich sehr gut und sehr authentisch, wie ich finde. Er nutzt nicht nur viele positive Sätze, die uns vielleicht auch bekannt vorkommen von Motivationstrainern, er lebt es auch am Spielfeldrand.

Er beantwortet auch jede Nachfrage zum Thema Psychologie geduldig. Unter ihm hat Mainz 05 jetzt einmal gewonnen, einmal unentschieden gespielt und einmal verloren. Er schafft es immer wieder, aus Negativem etwas Positives rauszuholen. Wie macht er das?

Ich weiß gar nicht, ob es die Kunst ist, aus dem Negativen das Positive rauszuholen. Wir sollten uns alle kritisch fragen, ob wir nicht dazu neigen in Krisensituation das Negative zu sehen. In Deutschland ist das so ein bisschen der Kontrast zum "Positiv Coaching" in den USA. Wir neigen dazu, erst mal zu analysieren, was hier nicht klappt. Darüber geraten oft die Stärken in Vergessenheit. Und hier kommt mit Bo Henriksen jemand, der die Fans nimmt und eine Atmosphäre und Begeisterung schafft und das auch vorlebt. Das ist zunächst mal ein gutes Rezept. Wie weit das trägt, müssen wir dann einfach auch mal abwarten.

Reicht es im Abstiegskampf Motivationskünstler zu sein? Oder gehört auch noch mehr dazu?

Der Motivationskünstler allein reicht nicht. Die Kommunikation nach außen und gegenüber den Medien gelingt. Man muss ehrlich sein, dass Henriksen uns alle mitreißt. Aber es gibt auch noch viel Arbeit im Trainingsbetrieb und natürlich muss man auf das Coaching gucken. Ich bin ganz sicher, dass da sehr viel passiert hinter den Kulissen, auch an taktischer Ausrichtung, auch beim "In-Game-Coaching". Die Mainzer müssen sich ja auch erst finden, solange ist er ja noch gar nicht da.

Der direkte Klassenerhalt scheint aktuell ja relativ weit weg. Es geht wahrscheinlich um Platz 16 zwischen Köln und Mainz und es sind noch zehn Spiele. Mainz ist in der Verfolger-Position. Wie sehen Sie die Ausgangslage aus sportpsychologischer Sicht? Wer hat da die besseren Karten?

Ich denke, dass es ganz charmant und auch klug ist zu sagen, wir haben jetzt hier einen Dreikampf. Unter den zehn Spielen sind ja auch noch fünf Partien, die Mainz zu Hause spielen kann. Was bedeutet das in der Konsequenz, wie will man das gestalten? Welche Aufgaben liegen vor den Spielern? Wer kann sich wie mit welcher Stärke einbringen. Es ist jetzt auch Detailarbeit gefragt im kleinen und der alltäglichen Trainingsarbeit. Und da denke ich, ist es positiv zu sagen, wir behalten jetzt erstmal die direkten Gegner im Blick.

Mainz 05 hat jetzt zweimal den Trainer gewechselt in dieser Saison. Auch Henriksens Vorgänger, Jan Siewert, ist ja mit einem Sieg gestartet. Kann es denn vielleicht auch passieren, dass dieser Trainerwechsel wieder so ein bisschen verpufft und gar nicht so diese Wirkung hat, die man sich versprochen hat?

Ein Trainerwechsel allein ist noch keine Lösung. Ich glaube, das belegen auch Studien. Es wird ja auch oft als der letzte Strohhalm bezeichnet. Mit dem neuen Trainer fängt die Arbeit ja auch erst an. In der Sportpsychologie zählt auch das positive Denken. Es stellt sich auch die Frage: wie mache ich Medienarbeit? Es geht um ganz viele Prozesse, die auch das Coaching ausmachen. Da schauen die Fans auch beim Training genau hin. Was passiert da, welche Änderung erleben wir? Wie ist die Interaktion vom Trainerteam zu den Spielern.

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