Oliver Baumann (Foto: IMAGO, Thomas Frey)

Fußball | Bundesliga

Hoffenheims Kapitän Oliver Baumann: mehr als Paraden und Präsenz

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AUTOR/IN
Ann-Kathrin Rose

Für die TSG Hoffenheim ist Oliver Baumann mehr als Keeper und Kapitän. Er geht voran, auch weil seine persönliche Geschichte mehr ist als die eines Fußballprofis.

Als die TSG Hoffenheim zu Beginn der Saison beim Gastspiel in Heidenheim schon zwei Gegentore kassiert hatte und das Spiel beim Aufsteiger zu verlieren drohte, war es Oliver Baumann, der klar und unmissverständlich kommunizierte, bei Standards Orientierung gab. In der Schlussphase der Partie, als sich die Hoffenheimer zurück gekämpft hatten und kurz vor dem ersten Saisonsieg standen, feierte er jede gelungene Abwehraktion und schließlich die drei Punkte mit dem Team.

Es sind diese Spiele, diese Momente, in denen Baumann in seinem oft leuchtenden Dress noch präsenter wirkt, als ohnehin schon, in denen es scheint, als wolle er mit deutlichen Gesten und klarer Kommunikation der Mannschaft mehr als ein sportlicher Rückhalt sein. "Ich versuche es", sagt Oliver Baumann im Gespräch mit SWR Sport. Der starke Saisonstart der Hoffenheimer in die Saison und aktuell Tabellenplatz sechs ist für den Schlussmann aber mehr als das Ergebnis von Einzelleistungen. "Es liegt auch an der vergangenen Saison."

Baumann: "Fußball ist Arbeit"

Da waren die Hoffenheimer auch vielversprechend gestartet, kämpften zum Saisonende dann aber um den Klassenerhalt. "Wie wir da zusammengewachsen sind und die Situation gemeistert haben, wie wir als Team agiert haben", all das zahle sich in dieser Spielzeit aus. Der Kader? Verstärkt. Der Trainer? Ein Anderer. Die Erfahrung aber, ist dem Team geblieben. "Wenn du gemeinsam durch so eine schwierige Zeit gehst, stärkt das brutal", sagt Baumann und: "Der Teamgedanke, wie jeder für den anderen rennt und alles gibt. Das ist entscheidend, um Spiele zu gewinnen."

Und genau das hat die TSG in dieser Saison nur allzu oft gezeigt, hat Fans und Verantwortliche überrascht, bisweilen vielleicht sogar verblüfft. Dass zum langfristigen Erfolg aber mehr dazu gehört, als ein paar gute Spiele zum Saisonstart, das weiß der 33-Jährige nach inzwischen über 400 Bundesligaspielen nur zu gut. "Fußball ist Arbeit, es ist nicht einfach nur Spaß", sagt er.

Disziplin und Freundschaft

Baumann selbst ist mehr als Fußballer. Und will in diese Schublade nicht so recht passen, sich nicht darauf reduzieren lassen, auch wenn Fußballprofi sein, immer sein Traum war. Dafür ist Baumann früh gependelt – jeden Tag vom heimischen Bad Krozingen nach Freiburg. "Das, was ich am meisten gebraucht habe, war Disziplin", erinnert er sich. "Für mich war es nicht schwer, weil ich das Ziel hatte und es unbedingt wollte."

Einen starken Willen und knallharte Disziplin hat Baumann heute noch. "Wir haben zum Beispiel keine Vollmilchschokolade zu Hause", verrät er und ist auch da kompromisslos. "Das war früher tatsächlich anders." Schließlich gab's im elterlichen Hotel immer große Boxen mit Fruchtgummis. "Die habe ich immer mit zur Nationalmannschaft genommen und dann haben wir die auf dem Zimmer gegessen."

Wir, das war einst Sebastian Rudy, mit dem Baumann das Zimmer teilte. "Er ist auch so ein Anti-Fußballer", sagt Baumann über Rudy und lacht. "Jemand, der ähnlich denkt, ähnlich verrückt ist und doch irgendwie normal." Dass aus einem einstigen Mitspieler ein Freund wird, für Baumann nicht selbstverständlich. "Fußball ist brutal schnelllebig", sagt er. "Leute kommen und gehen."

Engagement mit eigenem Verein

Und manche bleiben, wie Christian Streich, der in Freiburg einst auch Baumann trainierte. "Er war für mich da, als mein Vater gestorben ist. Da war ich 22", erinnert er sich. "Es war schwer. Der Fußball hat mir extrem geholfen, aber auch die Menschen im Verein." Das hat Baumann geprägt und der Verlust seines Vaters hat seine Sicht auf das Leben verändert. Gemeinsam mit seiner Frau hat der 33-Jährige deshalb einen Verein gegründet.

"Wir haben uns entschieden, Kindern zu helfen", sagt Baumann, der in den vergangenen Jahren immer wieder die Arbeit der Kinderkrebsklinik Heidelberg unterstützt hat, und der mit dem Verein "Olis Kinderwelt" Wünsche erfüllen will. "Wir wollen einfach damit anfangen, den Kindern etwas Gutes zu tun."

Europameisterschaft als Traum

Oliver Baumann ist auch da konsequent und klar, hat sich bewusst entscheiden, diesen Weg des Engagements zu gehen. Vielleicht ist das dann doch eine Parallele zum Fußballprofi Baumann – die Klarheit und Konsequenz, mit der er seine Ziele verfolgt. Die Europameisterschaft im kommenden Jahr, könnte so eines sein. "Ich hätte Zeit", sagt er und muss unweigerlich lachen. "Das wäre schon ein Traum. Ich wäre gern dabei und würde gern helfen. Und bin mir auch sicher, dass ich auf dem Platz helfen kann."

Für die anstehenden Länderspiele gegen die USA und Mexiko ist Baumann vom neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann schon einmal nominiert worden, und vielleicht kann er Präsenz und Paraden ja dann auch bei der EM im kommenden Jahr zeigen.

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Ann-Kathrin Rose