Die 1-Euro-Villa von Rita und Thomas

Stand
EIN FILM VON
Uta Meyer
Florian Klein
Johannes Bock
Stefanie Vier

Gerade mal einen Euro haben Rita und Thomas für ihre Villa bezahlt. Völlig marode und zerfallen haben die beiden sie im Gebüsch hinter einem Parkplatz entdeckt.

Industriedenkmal Sayner Hütte

Die alte Villa gehört zur ehemaligen Eisengießerei Sayner Hütte in Bendorf. Ein beeindruckendes Industriedenkmal aus dem 18. Jahrhundert, das heute Kultur- und Veranstaltungsort ist. Neben dem gusseisernen Hüttengebäude und den Hochöfen stand auf dem Gelände auch eine alte Lagehalle. Der letzte Besitzer der Sayner Hütte, Alfred Krupp, hatte sie um 1800 zum Wohnhaus des Hüttendirektors umgebaut.

Als das Hüttenwerk 1926 stillgelegt wurde, gingen alle Gebäude in den Besitz der Stadt Bendorf über. So wohnten hier nach dem 2. Weltkrieg zunächst Flüchtlinge. 36 Kinder mit ihren Familien. Die Villa war dafür in viele kleine Räume unterteilt worden. Danach ist sie zusehends verfallen und war nur noch Treffpunkt für zwielichtige Gestalten.

Eine alte Villa für einen Euro

Bis Rita Ternes und Thomas Naethe die Villa 2005 zufällig entdeckten. Sie konnten der Stadt das marode Gebäude für einen Euro abkaufen – mit der Auflage, es für kulturelle Zwecke zu nutzen und zur Verfügung zu stellen. Für die beiden Künstler kein Problem.

Zuvor haben sie in einem denkmalgeschützten Bahnhof in der Eifel gewohnt. Nach Jahren in der Abgeschiedenheit suchten sie einen Ort mit kultureller Anbindung. Deswegen gefällt ihnen hier besonders die Nachbarschaft zur Sayner Hütte, die immer wieder Ort für kulturelle Veranstaltungen ist. Auch die Nähe zur Keramik-Stadt Höhr-Grenzhausen trifft sich gut, denn beide sind von Haus aus Keramiker.

Für weitere 30.000 Euro haben Rita und Thomas damals auch das Grundstück zum Haus erwerben können. 2007 begannen sie mit den Arbeiten. Zunächst musste das völlige zugewachsene Grundstück gerodet werden. Dies haben sie kostengünstig in Auftrag gegeben. Derjenige, der gerodet hat, durfte als Gegenleistung das Holz behalten.

Renovierung unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes

Mit viel tatkräftiger Unterstützung von Freunden haben sie das unter Denkmalschutz stehende Haus sehr behutsam renoviert. Im unteren Stockwerk sind im hinteren Teil noch die Böden aus Sandstein erhalten, die aus der Zeit der Lagerhalle vor 1800 stammen. Den Sandsteinboden und die Fliesen im Flur konnten sie erhalten. Die Holzböden im unteren Erdgeschoss mussten dafür komplett erneuert werden. Insgesamt 44 neue Fenster mussten eingesetzt werden. Ein renommierter Bauphysiker und Stuckateur hat ihnen dabei unter die Arme gegriffen und kostengünstige Lösungen angeboten.

Viele Überlegungen sind auch noch nicht abgeschlossen. Die Türen, die alle noch alt sind, wurden zum großen Teil abgeflämmt – das heißt die Farbe wurde entfernt. Früher waren Weichholztüren allerdings farbig gefasst. Deshalb überlegen die beiden, sie wieder zu streichen. Aber Thomas meint, es könnte auch noch 20 Jahre dauern, bis eine Entscheidung fällt.

Nicht nur Wohnraum, sondern auch ein Ort für Kultur

40 Jahre lang haben Rita und Thomas eine eigene Keramik-Werkstatt betrieben. Mittlerweile wird es mit dem Verkauf der hochpreisigen Keramik immer schwieriger. Auch die kräftezehrende Arbeit ist ihnen mittlerweile zu viel. Deshalb verfolgen beide jetzt auch eigene künstlerische Konzepte. Thomas betreibt neben seinem Fotostudio, in dem er Stillleben fotografiert, seine Arbeiten an den Glasdomen. Unterschiedliche Glasgefäße, die er ineinander stapelt und mit kuriosen Figuren und Gegenständen kombiniert, die dann eigene kleine Geschichten erzählen.

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