Anlass für OB Palmers Brief ist ein Fall in Tübingen vor einer Woche: Ein 32-jähriger hat laut Polizei Passanten beleidigt und um sich geschlagen. Später hat er Polizisten gebissen und umgestoßen. Zwei Polizisten wurden schwer verletzt. Einer davon musste notoperiert werden. Der mutmaßliche Täter ist auf freiem Fuß. OB Palmer (parteilos) hält das für falsch und wollte weitere Infos über den Mann erhalten. Er befürchtet, der Mann könne weiterhin gefährlich sein. Doch die Polizei teilte nur mit, der Tatverdächtige sei Gambier. Mehr Informationen gaben Polizei und Staatsanwaltschaft aus Datenschutzgründen nicht heraus.
Palmer fordert Prüfung der U-Haft
Das genügte Palmer nicht und deshalb schrieb er einen Brief ans Innenministerium. Darin listete er eine ganze Reihe von Fragen auf: Besteht die Gefahr, dass der Beschuldigte sich erneut Passanten in aggressiver Weise nähert? Welchen Aufenthaltsstatus hat der gambische Staatsangehörige, ist er einschlägig vorbestraft? Außerdem fordert Tübingens OB auch die Prüfung einer Untersuchungshaft für den Tatverdächtigen. Er beruft sich dabei auf die Strafprozessordnung und fragt, warum der Beschuldigte noch auf freiem Fuß ist. Ein dringend Tatverdächtiger könne inhaftiert werden, wenn das Leben eines anderen durch die Tat gefährdet worden sei, so Palmer.
Kinzig: Palmer stellt Gambier unter Generalverdacht
Aus Sicht des Direktors des Instituts für Kriminologie der Uni Tübingen, Jörg Kinzig, zeugt der Inhalt des Briefes von mangelnden Rechtskenntnissen. "Die bloße Gefährdung ist noch kein Haftgrund", sagte Kinzig der Deutschen Presse-Agentur. Seiner Ansicht nach bestünde zudem die Gefahr, dass eine Gruppe von Ausländern - in diesem Fall Gambier - unter Generalverdacht gestellt würden.
Staatsanwaltschaft: Ermittlungsverfahren steht erst am Anfang
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Tübingen sprechen die Ermittlungen nicht dafür, dass der Beschuldigte die Folgen der Tat beabsichtigte. Kinzig merkte an, dass Palmers Brief in einer Phase komme, in der das Ermittlungsverfahren erst am Anfang sei. Die Anklagebehörde ermittelt gegen den Beschuldigten wegen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall und wegen gefährlicher Körperverletzung.