Symbolbild: Ein Mann wirft seinen Stimmzettel für die Kommunalwahl in Baden-Württemberg ein.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Demos machen Parteien Hoffnung

Kandidatensuche für Kommunalwahl in Baden-Württemberg gestaltet sich schwierig

Stand

Derzeit stellen die Parteien und Verbände die Wahllisten für die Kommmunalwahlen im Juni auf. Einige haben aber Schwierigkeiten, genug Kandidaten zu finden.

Die Parteien und Vereine in Baden-Württemberg haben teilweise Schwierigkeiten, genügend Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommunalwahl im Juni zu finden. "Einige Kommunen berichten von Herausforderungen der Parteien und Wählervereinigungen bei der Suche nach ausreichend Kandidaten für die Kommunalwahllisten", teilte der baden-württembergische Gemeindetag mit.

Das sei, wie insgesamt im Ehrenamt, vor allem auf demografische Entwicklungen und gesellschaftliche Trends zurückzuführen. So nehme man etwa wahr, dass die Bereitschaft abnehme, sich in der Kommunalpolitik für eine Wahlperiode von fünf Jahren zu verpflichten. Am 9. Juni werden bei den Kommunalwahlen die Gemeinderäte in den 1.101 Städten und Gemeinden und die Kreisräte in den 35 Landkreisen gewählt. Zeitgleich findet auch die Europawahl statt. Die Wahlvorschläge müssen spätestens am 28. März 2024 eingereicht werden.

Färbt Ruf der Bundespolitiker negativ auf Kommunalwahl ab?

Wählervereinigungen gewannen bei den letzten Kommunalwahlen in Baden-Württemberg im Jahr 2019 Mit Abstand am meisten Sitze (37 Prozent) in den Gemeinderäten im Land. Auch diese Vereine nehmen wahr, dass die Bereitschaft der Menschen abnimmt, ein zeitintensives Ehrenamt zu übernehmen. Die Polarisierung der Gesellschaft erleichtere die Kandidatensuche ebenfalls nicht gerade.

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"Vereinzelt wird berichtet, dass der insgesamt eher 'schlechte Ruf' der Berufspolitiker negativ auf die Kommunalpolitik abfärbt und das ehrenamtliche politische Engagement in der Kommunalpolitik dadurch noch weniger attraktiv wird", teilte eine Sprecherin des Landesverbands der Freien Wähler mit. Der Dachverband der freien Wählervereinigungen hat nichts mit der Partei Freie Wähler des bayerischen Vize-Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger zu tun.

"Die Leute sind schwerer zu begeistern."

Auch bei den anderen Parteien stellt man das fest. Die baden-württembergische CDU-Generalsekretärin Nina Warken ist selbst seit 20 Jahren Gemeinderätin in Tauberbischofsheim. Sie findet, das Klima sei rauer geworden. "Man steht schon mehr im Feuer als vor 20 Jahren, auch wegen der sozialen Medien", sagte sie.

Man werde für eine bestimmte Entscheidung teils heftig angegangen, bekomme auch mal einen Shitstorm. Das Feedback bei der Suche nach Kandidaten sei zwar mancherorts positiv, teils aber auch schwierig. "Je nach Region ist das ein Kraftakt. Die Leute sind schwerer zu begeistern", so ihr Eindruck.

Auch SPD und Grüne haben Probleme

Von der SPD heißt es, die Suche nach ausreichend Kandidatinnen und Kandidaten sei eine größere Herausforderung. "Momentan zeichnet sich ab, dass die SPD fünf neue Listen landesweit an den Start bringt und voraussichtlich rund 10 Listen verliert", teilte eine Sprecherin mit.

Auch bei den Grünen empfindet man die Kandidatensuche im Vergleich zu 2019 als herausfordernd. Neben dem politischen und gesellschaftlichen Klima seien vor allem der Zeitaufwand, die schwierige Vereinbarkeit mit Familie und Beruf und die langfristige Verpflichtung über fünf Jahre Hemmnisse für eine Kandidatur, sagte eine Sprecherin.

Hoffnung auf Effekt durch Proteste gegen Rechtsextremismus

Bei der FDP hofft man, dass die Proteste der vergangenen Wochen gegen Rechtsextremismus und die AfD auch Menschen mobilisieren, für demokratische Parteien bei der Kommunalwahl anzutreten. "Ein Kandidat, der uns zunächst aus Zeitgründen für eine Gemeinderatskandidatur in Sindelfingen absagte, hat uns jetzt doch für einen hinteren Platz auf der Liste als "Zählkandidat" zugesagt", sagte Maximilian Reinhardt, Landesvorsitzender der Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker (VLK) Baden-Württemberg. Mit seinem Namen für eine demokratische Kraft vor Ort anzutreten, sei die beste Art, gegen Extremismus einzutreten.

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Das sieht auch CDU-Generalsekretärin Warken so: "Es ist gut, dass es die Demonstrationen gibt. Es wäre aber auch gut, wenn man mehr macht und sich für den Gemeinderat aufstellen lassen würde." Die Grünen sehen bereits einen Effekt der Proteste. "Menschen entscheiden sich, aufgrund der aktuellen Situation für die Demokratie einzustehen, auf Kommunalwahllisten zu kandidieren, passive Mitglieder entscheiden sich, aktiv zu werden und wir verzeichnen aktuell auch mehr Parteieintritte", teilte eine Sprecherin mit.

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