6. Januar

Sterndeuter aus Babylon: Das verbirgt sich hinter den drei heiligen Königen

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Dominic Konrad
Dominic Konrad, Autor und Redakteur bei SWR Kultur und SWR Musik (Foto: SWR, Foto: Dominic Konrad)

Drei Weise aus dem Morgenland sollen dem kleinen Jesus in seiner Krippe ihre Aufwartung gemacht haben. Daran erinnern die Sternsinger am 6. Januar. Doch Caspar, Melchior und Balthasar waren keine Könige, die Bibel spricht von „Sterndeutern aus dem Osten“. Sie erinnern bis heute an die uralte Wissenschaftskultur des Mittleren Ostens.

Drei Heilige Könige in Buchmalerei (1140) (Foto: IMAGO, Heritage Images)
Die drei Weisen folgen dem Stern von Betlehem, Buchmalerei aus dem 12. Jahrhundert

Drei heilige Könige oder doch Sterndeuter aus Babylon?

Kurze Zeit nachdem Maria Jesus geboren hat, machen ihr im Stall zu Bethlehem die „Sterndeuter aus dem Osten“ ihre Aufwartung. So nennt sie zumindest das Matthäus-Evangelium:

„Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, siehe, da kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“

Der Evangelist erzählt in seiner Schilderung der Weihnachtsgeschichte von der Begegnung, er gibt aber weder die Namen noch die Anzahl der Weisen an. Auch als „Könige“ werden sie in der Bibel nicht benannt. Vielmehr spricht der Text im altgriechischen Original von „magoi“. Das Wort kann mit „Zauberer“ übersetzt werdem, oder eben: „Sterndeuter“.

Forscher vermuten heute hinter den „magoi“der Bibel eine Gruppe von Astronomen aus Babylon. Im zoroastrisch geprägten Perserreich hatten gelehrte Sterndeuter eine bedeutende Stellung inne. Da die Bibel den Fremden drei königlichen Geschenke in die Hand gibt – Gold, Weihrauch und Myrrhe – machen die Bildtraditionen aus ihnen über die Jahrhunderte drei weise Könige.

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Babylon: Wiege der Wissenschaft

Nicht zuletzt in der Astronomie beeinflussen uns noch heute die Erkenntnisse, die vor Jahrtausenden zwischen Euphrat und Tigris, in der Heimat der biblischen Weisen, gewonnen wurden. Unser Verständnis des Himmels und der Zeit speist sich in großen Teilen aus den Beobachtungen antiker babylonischer Gelehrter.

Sie waren es, die den Himmel in 360 Grad aufteilten. Sie legten den Zodiak fest, auf dem heute unsere Sternkreiszeichen beruhen und die den Sternenhimmel in zwölf Einheiten teilen: die Grundlage für die zwölf Monate des Jahres. Auch die Teilung des Tages in 24 Stunden geht auf die Himmelsbeobachtungen babylonischer Gelehrter zurück.

Antikes Babylon (Foto: IMAGO, teutopress)
Metropole der Antike und frühes Zentrum der Wissenschaft: Babylon

Doch nicht nur in der Sternkunde, auch in Disziplinen wie Sprachwissenschaft, Mathematik und Anatomie übten sich die Gelehrten des Zweistromlandes, wie wir aus Keilschrifttafeln wissen. Zumeist fanden die Forschungsergebnisse dabei ganz pragmatische Anwendung im Alltag und halfen, die vielsprachige Umwelt oder die Heilung des menschlichen Körpers besser zu verstehen.

Unter dem Islam blüht die Wissenschaft

Auch Jahrhunderte nach Christi Geburt, lange nach der Islamisierung, florierten im Nahe Osten Wissenschaft und Kunst. Während Europa sich im Mittelalter im festen Griff der Kirche befand, brachte das sogenannte „Goldene Zeitalter des Islam“ große Mediziner, Dichter, Chemiker, Mathematiker und Astronomen hervor.

Als „Fürst unter den Gelehrten“ gilt bis heute Ibn Sina (um 980-1037), dessen Lehren bis ins 17. Jahrhundert auch im Westen, latinisiert als Avicenna, das Verständnis der Medizin prägen. Ibn Sina ist nicht nur Mediziner, er ist auch Naturwissenschaftler, Philosoph, Dichter, Jurist und Politiker. In Buchara und später in Isfahan forscht und lehrt er.

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Das gesammelte Wissen über den menschlichen Körper sammelt der Gelehrte im enzyklopädischen „Kanon der Medizin“. Er studiert die Schriften arabischer, persischer und griechischer Mediziner wie Hippokrates und Galen, unterzieht sie praktischen Tests in der Krankenpflege und korrigiert die Anwendungen.

Ibn Sina gelingen Erkenntnisse über die menschliche Anatomie, Parasitenbefälle, Krebserkrankungen, Tuberkulose und die Auswirkungen der psychischen Verfassung auf das körperliche Wohlbefinden.

Nur wenig erinnert heute an die Zeiten, in denen die Tradition aus babylonischen Sterndeutern Heilige Könige machte. Doch gerade deshalb bietet der 6. Januar die perfekte Gelegenheit, sich dieses kulturhistorische Vermächtnis einmal mehr vor Augen zu führen.

Ausstellung „Dem Sternlein nachgereist" - Krippen aus aller Welt in der Sammlung Würth

Die Sterndeuter, auch Magier und Könige genannt, sind fester Bestandteil der Krippendarstellung. Meist treten sie zu dritt auf und überbringen dem Jesuskind Geschenke. Das Museum Würth in Schwäbisch Hall zeigt ausgewählte Krippen, bei denen die Heiligen drei Könige im Mittelpunkt stehen. Sie stammen aus einer Privatsammlung, die rund 700 Krippen aus allen Kontinenten umfasst und seit den 50er Jahren zusammengetragen wurde. Seit 2002 ist die Privatsammlung im Besitz der Sammlung Würth.

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