Musikstück der Woche vom 10.02.2014

Ein klingender Gottesbeweis

Stand
Autor/in
Doris Blaich

Franz Schubert: Triosatz ("Notturno") für Klavier, Violine und Violoncello Es-Dur D 897

Kein Komponist ist näher an Gott als Schubert - so hat es der große Schubert-Interpret Artur Schnabel formuliert. Wenn man Schuberts Notturno für Klaviertrio hört, kann man nur beipflichten. In unserem Live-Mitschnitt von den Bruchsaler Schlosskonzerten des SWR spielt das Trio Chausson diesen klingenden Gottesbeweis. Das Konzert war am 9.10.2011 im Kammermusiksaal von Schloss Bruchsal.

Zwei große Klaviertrios hat Franz Schubert am Ende seines Lebens geschrieben – und einen einzelnen Triosatz, der etwas verwaist danebensteht. Ganz gegen seine Gewohnheit hat Schubert seine autographe Partitur weder signiert noch datiert. Dennoch lässt sich der Kompositionszeitraum ziemlich genau bestimmen: zwischen Oktober 1827 und März 1828. Vieles andere aber liegt im Dunkeln: War der Satz ursprünglich für eines der beiden Trios gedacht? Und wenn ja, warum hat Schubert ihn wohl verworfen?

Schmerz lass nach!

Fast 20 Jahre nach Schuberts Tod hat der Wiener Verleger Diabelli den Triosatz veröffentlicht und ihn mit dem Titel „Notturno“ versehen. Damit hat er den geheimnisvollen Charakter der Musik gut getroffen. Das Notturno ist in einer fünfteiligen symmetrischen Architektur angelegt. Zwei Themen prägen die einzelnen Abschnitte: Ein wiegendes, sehnsuchtsvolles Thema, bei dem Geige und Cello sich gleichsam eng umschlungen in Terzparallelen bewegen und von glitzernden Klavierakkorden begleitet werden; woraufhin die Rollen zwischen Haupt- und Nebenstimmen wechseln. Den Kontrast bildet ein energisches zweites Thema, das von aufbrausenden punktierten Rhythmen dominiert ist. Wie so oft bei Schubert, gibt es zwischen diesen Formteilen ausgedehnte Passagen, in denen die Musik im harmonischen Niemandsland hin und her irrt. Was für eine Wohltat, wenn sie dann wieder zu Hause, in der Ursprungstonart, ankommt und der Schmerz der Heimatlosigkeit sich auflöst – zumindest musikalisch!

Trio Chausson

"Rising stars" – "aufgehende Sterne": Wer bei dieser Konzertreihe auftreten darf, kann sich glücklich schätzen, denn er wird sich spielend die Bühnen der wichtigen Konzerthäuser erobern. Das junge französische Trio Chausson hat im Rahmen dieses Programms in der New Yorker Carnegie Hall und auf Konzertbühnen in ganz Europa gastiert.

Die drei Musiker - Philippe Talec (Violine), Antoine Landowski (Violoncello) und Boris de Larochelambert (Klavier) - haben am Pariser Konservatorium studiert und wurden dort in den Fächern Klaviertrio und Kammermusik (in der Klasse von Pierre-Laurent Aimard) mit ersten Preisen ausgezeichnet. 2005 gewann das Trio den Internationalen Kammermusikwettbewerb Joseph Joachim in Weimar, 2004 wurde es beim Joseph Haydn Wettbewerb Wien mit dem Preis für die beste Interpretation zeitgenössischer Musik ausgezeichnet.

Das Trio Chausson ist ständiger Teilnehmer der European Chamber Music Academy (ECMA) und arbeitet mit bedeutenden Kammermusikern wie Hatto Beyerle, Anner Bylsma, Gérard Wyss, Eckart Heiligers, Shmuel Ashkenazy, Rainer Kussmaul und Johannes Meissl zusammen. In Anerkennung seiner brillanten Leistungen wählte die Association Française d’Action Artistique das Trio Chausson 2005 im Rahmen des Programms "Declic" für eine Aufnahme bei Radio France sowie für Konzerttourneen im Ausland aus. Beim Label Mirare Records sind mittlerweile drei CDs mit Trios von Chausson, Ravel, Schubert, Chopin und Liszt erschienen.  Das Trio Chausson wird durch die Sociéte Generale und Adami gefördert.

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Autor/in
Doris Blaich