Platz 7 (30 Punkte)

Emmanuel Carrère: Yoga

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Besprochen als Platz 1 der SWR Bestenliste März 2022

In Frankreich wurde Emmanuel Carrères Roman sowohl zum Bestseller als auch zum Skandal. Wir bleiben bei der Gattungsbezeichnung „Roman“, obwohl die Friktionen damit schon beginnen: Carrères Ex-Frau, Hélène Devynck, nämlich behauptet, die vermeintliche Fiktionalität habe Carrère dem Buch nur aufgeklebt, um eine Chance auf den renommierten Prix Goncourt zu haben. Den er dann nicht bekam. Zwischen der Ex-Frau und dem Autor selbst gibt es eine Verabredung, dass sie in seinen Büchern nicht explizit erwähnt werden dürfe.

Zwei Fassungen, so heißt es, habe sie abgelehnt; die dritte dann erst gar nicht zu sehen bekommen. Aus der wurde sie so gut wie herausgeschrieben, doch nun warf Devynck ihrem Ex-Mann Unwahrhaftigkeit und eine geschönte Darstellung seiner eigenen Person vor, was wiederum Fragen nach dem Verhältnis von Fiktionalität und Realität im Roman aufwirft. Maxim Biller und Alban Nikolai Herbst können in Deutschland ein Lied davon singen.

Ach, und worum geht es eigentlich? Um einen Mann, der sich im Jahr 2015 zurückzieht, um zu schweigen und ein Buch über Yoga zu schreiben, das er seit langem praktiziert. Dann aber kommen ihm die Anschläge auf das Satiremagazin Charlie Hebdo in die Quere. Es geht um eine tiefe Lebenskrise, den Aufenthalt in einer Klinik und um den Versuch, mit der Arbeit mit Geflüchteten einen neuen Sinn zu finden. Und auch um den Verlust einer Liebe, der die Geschichte in Gang setzt.

Emmanuel Carrère hat für seine Romane schon immer mit beiden Händen aus der Wirklichkeit geschöpft. Wer sich davon wie und warum angegriffen fühlt, ist mehr als Gossip, aber letztendlich für die Leserinnen und Leser sekundär. Am besten liest es sich eigentlich, wenn man von alldem gar nichts weiß.

Buchkritik Emmanuel Carrère - Julies Leben

Emmanuel Carrère erzählt die Lebensgeschichte von Julie, einer drogenabhängigen jungen Frau in San Francisco. Das Buch basiert auf die Aufnahmen einer Fotojournalistin, die Julie bis zu ihrem frühen Tod begleitet hat. Ein empathischer Bericht über den Kreislauf aus Armut, Drogen und Gewalt.
Rezension von Sharon Hodge.

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