Platz 10 (30 Punkte)

Ocean Vuong: Nachthimmel mit Austrittswunden

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Die Biografie des Schriftstellers Ocean Vuong ist einerseits von einer individuellen Wucht, wie man sie selten findet, andererseits aber auch paradigmatisch für unser von Migrationsbewegungen geprägtes Zeitalter: Geboren 1988 in Saigon als Sohn eines amerikanischen Vaters und einer vietnamesischen Mutter, kam Vuong über Umwege gemeinsam mit Mutter und Großmutter in die USA. Er war elf Jahre alt, als er lesen lernte.

In seinem ersten Roman „Auf Erden sind wir kurz grandios“ erzählte Vuong seine eigene Geschichte in Form eines Briefs an seine eigene Mutter, die diesen als Analphabetin niemals würde lesen können. Berühmt aber wurde Ocean Vuong bereits mit seinem ersten, 2016 erschienenen Gedichtband, der nun unter dem Titel „Nachthimmel mit Austrittswunden“ auch in deutscher Übersetzung, aber als lobenswerterweise als zweisprachige Ausgabe vorliegt.

Ohne Tabus und zum Teil auch in drastischer Sprache schildert Vuong seine Erfahrungen als Migrant, als Homosexueller und als Unterprivilegierter als Teil einer Identitätsbildung.

In freien Versen und in einem wechselhaften Spiel der literarischen Formen unternehmen Vuongs Gedichte den Versuch einer biografischen Festschreibung mit den Mitteln der Literatur. Im Nachhinein erkennt man, dass der an die Mutter gerichtete Roman die Ergänzung zu den Gedichten bildete, die um den Vater kreisen.

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Autor/in
SWR