Karl-Sczuka-Preis 2017

Olaf Nicolai: In the woods there is a bird...

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AUTOR/IN
Nicolai, Olaf

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Das Soundstück nutzt das Radio weniger als Medium der Verbreitung, es nutzt das Radio als Quelle. Dabei thematisiert es die Beziehung, die zwischen Sound und dessen Indexikalität besteht.

Weltweit wurden verschiedene Radiokorrespondenten gebeten, für die Produktion jenes Material zur Verfügung zu stellen, das sie als sogenannte „Atmos“ bei Demonstrationen, Protestaktionen oder Riots aufgenommen haben. Aus diesem Material wurden dann einzelne Sequenzen für die Komposition ausgewählt. Das Material wurde nicht verfremdet. Es wurde lediglich geloopt und überblendet.

Das Stück wurde im Rahmen des Radioprogramms der documenta 14 Every Time A Ear Di Soun und des Deutschlandfunk Kultur gesendet. Es erscheint auch auf Vinyl.

Daneben begleitet eine Publikation die Arbeit, die sowohl in Form einer Collage das Kompositionsprinzip visuell inszeniert als auch die 60 Ereignisse verzeichnet, deren Sounds Grundlage des Stücks sind (Koenig Books Ltd).

Das Stück ist ein eigenständiges Werk. Es gibt aber auch eine performative Variante: in Form einer Live- Inszenierung, bei der sich ein Musiker oder eine Musikerin improvisierend zu dem Soundstück „verhält“.

In the woods there is a bird; his song stops you and makes you blush. … And then, when you are hungry and thirsty, there is someone who drives you away. /
Au bois il y a un oiseau, son chant vous arrete et vous fait rougir. … Il y a enfin, quand I´on a faim et soif, quelqu´un qui vous chasse.

Die Auftragsproduktion für die documenta 14 und Deutschlandfunk Kultur wurde am 09.06.2017 urgesendet.

Jurybegründung

"Der Karl-Sczuka-Preis 2017 geht an Olaf Nicolai für sein Hörwerk „In the woods there is a bird…“. Aus unbearbeitetem Fremdmaterial für Radioreportagen über Demonstrationen, Protestaktionen und Unruhen aus dem Zeitraum zwischen Juli 2001 und Februar 2017 komponiert Olaf Nicolai eine radiophone Suite von bedrängender Intensität. Die Originaltöne fügen sich in seinen Loops und Überlagerungen zu einem kaleidoskopischen Hörbild über den Zusammenprall von Macht und Ohnmacht, von Autorität und Protest. Zuhörend gerät man in ein akustisches Spannungsfeld aus kollektiver Gewalt und individueller Verletzlichkeit. Deutungen und Wertungen gesellschaftspolitischer Wirklichkeit werden zu persönlichen Fragen jedes Einzelnen."

Details zum Wettbewerb

2017 wurden 63 Wettbewerbsbeiträge von 90 Bewerberinnen und Bewerbern aus 20 Ländern eingereicht.

Über die Zuerkennung der Preise hat am Donnerstag, 20. Juli 2017, in Baden-Baden eine unabhängige Jury unter Vorsitz der ehemaligen Kulturstaatsministerin Christina Weiss entschieden. Weitere Jurymitglieder waren Margarete Zander, Helmut Oehring, Marcel Beyer und Michael Grote.

Der Autor

Portrait Olaf Nicolai (Foto: Hans-Günther Kaufmann)

Olaf Nicolai, geboren 1962 in Halle an der Saale. Er promovierte in Vergleichender Literatur- und Sprachwissenschaft an der Karl-Marx-Universität Leipzig zum Thema „Geste zwischen Expression und Kalkül. Zur Poetik der Wiener Gruppe“ (1992). Seit Anfang der 1990er Jahre ist er im internationalen Ausstellungs-Kontext präsent und wurde 1997 auf die documenta X eingeladen. Er entwickelt vielfältige interdisziplinäre Projekte, die die elementaren Erfahrungen von Raum, Zeit und Körperlichkeit thematisieren. Seit 2011 ist er als Professor für Bildhauerei und Grundlagen des dreidimensionalen Gestaltens an der Akademie der Bildenden Künste München tätig. Seine Arbeiten wurden u. a. mit dem Kunstpreis der Stadt Wolfsburg (2002) sowie Stipendien der Villa Aurora in Los Angeles (2008), des IASPIS (Stockholm, 2000), des PS1 (New York, 1998), der Villa Massimo (1997/98) oder dem Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes am Studienzentrum für Kunst und Wissenschaft in Venedig (1993) ausgezeichnet. Gegenwärtig lebt und arbeitet Olaf Nicolai in Berlin.

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Nicolai, Olaf