SWR1 Sonntagmorgen

Ein Pazifist sorgt für Irritationen - Franziskus und seine Zurückhaltung, Täter und Opfer zu benennen

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AUTOR/IN
Ulrich Pick

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Mit schöner Regelmäßigkeit zeigt sich Papst Franziskus als Pazifist und dringt auf ein Schweigen der Waffen – sowohl in der Ukraine als auch im Nahen Osten. Ausgesprochen ungern sagt er allerdings, wer in den kriegerischen Konflikten der Aggressor und wer das Opfer ist. So ließ er bei der Karfreitagsprozession in Rom 2022 eine ukrainische und eine russische Frau gemeinsam das Kreuz tragen und setzte somit das Leid der beiden Länder gleich. Zudem räumte er auch mehrfach eine Mitschuld des Westens am Krieg ein. Bis heute wartet die Ukraine auf eine aus ihrer Sicht deutliche Solidaritätsgeste – einen Besuch in Kiew. Doch dorthin will Franziskus nur reisen, wenn er zugleich auch Moskau besuchen kann – wo ihn jedoch niemand empfangen will. Auch im Nahostkonflikt vermeidet der Papst immer wieder eine klare Benennung von Täter und Opfer. So sprach er unmittelbar nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7.Oktober von Geschehnissen in Israel, wo die Gewalt stärker eskaliert ist und Hunderte von Toten und Verletzten gefordert hat“. Er gab an, für alle Opfer zu beten, vermied es aber, den Urheber der Gewalt und das Recht auf Selbstverteidigung zu erwähnen. Diese scheinbar neutrale Haltung des Papstes hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, deutlich kritisiert. In einem Zeitungsinterview zu Weihnachten 2023 beklagte er sich, dass der Pontifex nicht eindeutig genug darüber spreche, wer Angreifer gewesen sei und wo die Ursachen des entsetzlichen Leides lägen. Der Vatikan wolle als Vermittler möglichst alle Gesprächskanäle offen halten - es gebe aber Situationen, in denen diplomatische Zurückhaltung nicht angemessen sei.

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