Der Standpunkt in unserer Sendung

Die erste Tierbestattungskirche Deutschlands öffnet in Albstadt. Von Michael Lehmann

Stand
AUTOR/IN
Lehmann, Michael

Die neue Einrichtung polarisiert: Kirchenvertreter warnen vor der Vermenschlichung von Tieren, doch Tierfreunde haben bereits ihren Termin an diesem besonderen Trauerort gebucht.

Audio herunterladen (1,8 MB | MP3)

Trauer um gestorbene Tiere braucht Raum

Ein Tier ist kein Mensch – aber wer ein geliebtes Tier verliert, der ist oft ebenso untröstlich wie in der Trauerzeit für einen verstorbenen Mitmenschen. Haustiere sind für ihre Halter in vielen Fällen genauso wichtig wie ein menschlicher Partner. Und deshalb müssen wir respektieren, wenn nach dem Verlust eines Haustieres das Bedürfnis nach einer Trauer-Zeremonie groß ist. Wie kann und wie darf ich aber meiner Trauer um eine gestorbene Katze, einen Hund oder einen kleinen Hamster Ausdruck verleihen. Das ist eine sehr persönliche Frage. Für viele Tierbesitzer genügen ein paar heimlich verdrückte Tränen, ein kurzes Innehalten mit farbigen Erinnerungen an all die vielen schöne Jahre mit dem tierischen Begleiter. Aber: Wer sich mit ein bisschen Pomp oder gar mit wuchtiger Symbolik von seinem Haustier verabschieden möchte, der sollte das auch in einer umgebauten Kirche tun dürfen.
Die erste Tierbestattungskirche in Albstadt war mal ein kleines Gotteshaus für Mitglieder der evangelisch-methodistischen Kirche. Im Sommer wurde diese Kirche entwidmet mit einem feierlichen Gottesdienst – und dann verkauft an eben jene Menschen, die nun darin Trauerfeiern für verstorbene Tiere anbieten.
Ich persönlich würde um ein verstorbenes Haustier lieber in aller Stille trauern. Aber ich akzeptiere all die Menschen, die sich für eine Tier-Trauerzeremonie in der kleinen ehemaligen Kirche entscheiden. Statt eines Altars mit Kreuz schmückt nun eine große Holzscheibe aus einer 150 Jährigen Weißtanne diesen ungewöhnlichen Trauerort auf der Schwäbischen Alb. Durch seine neue Funktion könnte das ehemalige Gotteshaus auch für Menschen ohne Haustiere ein schöner Ort des Gedenkens werden. Denn als Gäste willkommen sind nicht nur die, die für eine Tier-Trauer-Zeremonie bereit sind, einige hundert oder sogar tausend Euro zu bezahlen.

Stand
AUTOR/IN
Lehmann, Michael