LKW stehen auf der Autobahn A93 Richtung Österreich im Stau. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Mobilität und Verkehr

Wie hat sich unser Orientierungssinn durch Navigationsgeräte verändert?

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AUTOR/IN
Anna Reiter

So mancher Autofahrer hat sich schon von seinem Navigationsgerät in die Irre führen lassen. Vertrauen wir nicht mehr auf unseren Orientierungssinn, oder haben wir ihn vielleicht sogar schon verloren?  

Blindes Vertrauen kann zu Unfällen führen

Gerne vertrauen wir im Alltag auf unser Navigationsgerät im Auto. Meistens kommen wir so auch sicher an unser Ziel. Manchmal vertrauen wir aber blind auf die kleinen Geräte, was gefährlich werden kann. Death by GPS nennt man schwere Unfälle, die durch falsche Angaben im Navigationsgerät verursacht werden. In den meisten Fällen wäre das vermeidbar gewesen, denn wir haben einen eigenen Orientierungssinn, der uns davor bewahren sollte, in einen Fluss zu fahren, nur weil das Navi das gerade anzeigt.  

Der innere Kompass

Unser Kompass im Körper sind der Gleichgewichtssinn und der Sehsinn. Diese beiden Sinne brauchen wir zur Orientierung im Raum.  Wenn wir aber z.B. von zuhause in unsere Stammkneipe laufen, reichen diese Sinne alleine nicht aus. Um Routen und Laufwege zu ermitteln, haben wir, wie viele Tiere auch, eine Art Navi im Kopf. Dieses Navi besteht aus sogenannten Orts- und Rasterzellen. Sie befinden sich im Hippocampus und einer benachbarten Hirnregion.  

Jeder uns bekannte Ort ist mit einer Ortszelle in unserem Gehirn verknüpft. Die entsprechende Zelle feuert ein elektrisches Signal, wenn wir uns an dem zugehörigen Ort befinden. Die Rasterzellen bilden eine Art "Gitter" über die uns bekannten Orte. Dafür speichern sie markante Gebäude, wie Kirchtürme als Wegmarken. An bekannten Orten sagen uns die Rasterzellen, wie unser Standort, den wir durch die Ortszellen kennen, mit der Umgebung zusammenhängt. Aus dem Zusammenspiel von Orts- und Rasterzellen entsteht so eine mentale Karte der Umgebung.  Wenn wir von zuhause in unsere Stammkneipe wollen, dann teilen die Ortszellen den Rasterzellen mit, wo wir uns gerade befinden und die Rasterzellen kennen den kürzesten Weg zu unserem Zielpunkt. So wissen wir, in welche Richtung wir laufen müssen.

Darstellung eines Menschenkopfes. Das Gehirn sendet Strahlen aus. (Foto: Getty Images, Thinkstock -)

Für unser Gehirn ist das Navigieren eine echte Denksportaufgabe. Deswegen ist es auch „ganz froh“, das manchmal an einen kleinen Helfer, das Navi, abgeben zu können. So kann das Gehirn Energie sparen, denn prinzipiell gilt: Das Gehirn ist faul.  Studien zeigen, dass Taxifahrer, die ohne Navigationssysteme fahren, einen vergrößerten Hippocampus aufweisen. Das ist der Bereich, in dem der Orientierungssinn sitzt.  

Gehirn sollte ständig gefördert werden

Wenn wir in Zukunft immer mehr Navigationsaufgaben an Geräte abgeben, könnten wir verlernen, uns im Raum zu orientieren. Denn im Gehirn würden sich die entsprechenden Zellen dann nicht mehr vernetzen, warnen Neurobiologen. Wir entwickeln keine mentalen Karten von unserer Umgebung mehr.

Navigationsgerät (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Rolf Vennenbernd)

Geographen und Kognitionspsychologen der Universität Zürich raten deshalb, den Orientierungssinn gezielt zu trainieren, indem wir z.B. das Navi auf einfachen Stecken aus lassen und nach Schildern fahren. So wären wir vielleicht nicht hilflos im Raum verloren, wenn das Navigationsgerät einmal ausfallen sollte.

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Anna Reiter