Elisabeth Seitz will nach Paris (Foto: IMAGO, Imago)

Turnen | Porträt

So will sich Elisabeth Seitz doch noch den Traum von Olympia 2024 verwirklichen

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Kersten Eichhorn

Vor vier Monaten riss bei Deutschlands Top-Turnerin Elisabeth Seitz die Achillessehne. Inzwischen trainiert die Stuttgarterin wieder am Stufenbarren und will sich 2024 für ihre vierten Olympischen Spiele qualifizieren.

Ihr Schmuckstück fällt sofort auf, es ist sozusagen Programm für ihr Sportjahr 2024. Um den Hals von Elisabeth Seitz hängt eine feine goldene Kette mit den olympischen Ringen. Das Symbol ihres großen Traums. "Ein Platz für eine deutsche Turnerin ist noch offen", beschreibt sie im exklusiven Gespräch mit SWR-1- Stadion die sportliche Situation vor den Sommerspielen in Paris, "diese Chance habe ich noch, diesen Platz zu ergattern. Dafür möchte ich alles geben für diesen Satz: Eli Seitz darf zu den Olympischen Spielen nach Paris".

Der 4. September als schwarzer Tag der Karriere

Vor vier Monaten, am 4. September, riss beim Bodenturnen nicht nur die Achillessehne am rechten Bein, die schwere Verletzung riss Eli Seitz zunächst auch aus allen Zielen und Träumen. "Das war schon ein relativ schwarzer Tag in meiner Karriere", sagt Seitz. "Es ging relativ lange, dass es mir immer wieder in den Kopf kam", beschreibt sie die anfängliche mentale Belastung, "vor allem wenn ich mich Schlafen legen wollte, war ich immer wieder in dem Moment, als es mir passiert und die Sehne gerissen ist. Aber jetzt bin ich soweit, dass ich darüber nachdenken kann, ohne dass es emotional wird".

Die Rekord-Turnerin ist wieder gut zu Fuß

Was folgte nach diesem unglücklichen 4. September war die wochen- und monatelange Mühle der Reha. Operation in Heidelberg, danach erst an Krücken, später mit schwerem Spezialschuh unterwegs. Während des Redaktionsbesuchs bei SWR Sport in Stuttgart kommt die deutsche Rekordmeisterin in diesen Tagen aber schon wieder mit rundem Gang daher. Als wäre nichts gewesen.

Die lädierte Achillessehne ist prima verheilt, lediglich ein kaum sichtbarer Kompressionsstrumpf ist noch Zeichen der Verletzung. "Die Monate waren nicht einfach, aber ich habe es mir schwerer vorgestellt, vor allem mental", beschreibt Eli Seitz die Zeit nach der Verletzung. "Ich bin da gut durchgekommen bis jetzt und hoffe, dass es so geradlinig weitergeht."

Comeback am Stufenbarren

Inzwischen übt die 30-Jährige Europameisterin von 2022 auch schon wieder am Gerät: "Ich kann am Stufenbarren trainieren, das macht mir Riesenspass, weil es ein Zurück in die Normalität ist", freut sich Seitz über ihr Comeback am Lieblingsgerät, "nur landen darf ich noch nicht". Die Belastung auf den Fuß ist noch stark reduziert, daneben arbeitet die Stuttgarterin am Muskelaufbau vor allem an der Wade, schuftet immer wieder im Kraftraum: "Damit ist mein Tag gut gefüllt."

Olympia-Entscheidung im Juni

Eli Seitz fokussiert sich für ihr Comeback ganz auf den Stufenbarren: "Das ist mein stärkstes Gerät, da bin ich in jedem Fall international konkurrenzfähig und da will ich meine Olympia-Qualifikation schaffen." Das erste Wettkampfziel nach der Verletzung sind die Europameisterschaften im April in Rimini, "das wäre schön, wenn ich da dabeisein könnte".

Aber: Die deutschen Meisterschaften im Juni in Frankfurt und eine zweite Qualifikationsrunde zwei Wochen später werden entscheidend sein, wer am Ende für Deutschland zu den Olympischen Spielen darf: "Da muss ich fit sein und mein Bestes zeigen."

Eli Seitz und die Faszination Olympia

Paris, es wäre ihre vierte Olympia-Teilnahme nach London, Rio und Tokio. "Olympia ist etwas anderes, alles ist extremer. Die Luft ist anders, gerade auch im olympischen Dorf. Mit all den Sportlerinnen und Sportlern, die gerade ihren Traum leben. Dieses Flair will man immer wieder erleben."

Und es gibt noch einen anderen Grund, warum die französische Metropole Eli Seitz magisch anzieht. Der kurze Weg aus der Heimat: "Bei den schönsten Ereignissen möchte ich immer auch meine Freunde und meine Familie um mich herum haben", sagt sie, "das wäre in Paris möglich und dementsprechend ist das ganz oben auf meiner Wunschliste".

Freunde und Familie als großer Rückhalt

Ihre Freunde und Familie waren der ganz große Halt in der Zeit nach dem Achillessehnenriss. "Natürlich gab es an dem Tag nichts für mich zu lachen, da sind viele Tränen geflossen, auch danach noch", lässt Eli Seitz einen tiefen Blick in ihr Seelenleben zu, "dass ich allein gewesen oder in ein tiefes Loch gefallen wäre, das konnte nie passieren, weil ich viel zu viele tolle Menschen um mich habe, die mich immer wieder aufgebaut und gehalten haben, egal in welcher Situation, das tat gut. Deshalb konnte ich immer lächelnd daherkommen".

Lächelnd geht Eli Seitz auch das Traumziel Paris an. Bis dahin trägt die Sportlerin weiter ihre goldene Kette mit den olympischen Ringen um den Hals. Der symbolische Glücksbringer für eine sympathische und herausragende Turnerin auf dem schweren Weg zurück.

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Kersten Eichhorn