Muslija präsentiert das Trikot des SC Freiburg (Foto: SC Freiburg)

Fußball | Bundesliga

Freiburg-Neuzugang Muslija: Wuselig, flink und clever

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Johannes Seemüller
Johannes Seemüller, SWR-Sportjournalist (Foto: SWR)

Edeltechniker Florent Muslija ist zurück in seiner badischen Heimat. Seine Fußballer-Laufbahn begann er mit vier beim SV Sasbach. Jetzt will er beim SC Freiburg durchstarten.

Den November 2023 wird er nie vergessen. Innerhalb von 14 Tagen absolvierte Florent Muslija zwei Spiele, die sich in sein Gedächtnis eingebrannt haben dürften. Da war zunächst der 1. November. DFB-Pokal, 2. Hauptrunde. Offensiv-Künstler Muslija musste mit seinem Zweitliga-Team vom SC Paderborn beim haushohen Favoriten, Bundesligist SC Freiburg, antreten.

Für die 31.500 Zuschauer in der Arena ging es nur um die Höhe des Freiburger Siegs. Doch plötzlich führte Paderborn schnell mit 1:0 – und dann kam die 33. Minute. Freistoß aus gut 20 Metern für den SC Paderborn. Edeltechniker Florent Muslija legte sich in aller Ruhe die Kugel zurecht und zirkelte den Ball über die Freiburger Mauer hinweg ins rechte obere Toreck. 2:0 für den Außenseiter. Muslija wusste gar nicht, wohin mit seiner Freude. Er rannte Richtung Paderborner Bank und formte mit seinen Händen ein Herz. Ein Treffer aus der Kategorie "Tor des Monats". Paderborn gewann das Spiel überraschend mit 3:1.

EM-Qualifikation gegen Israel

Dann kam der 12. November. EM-Qualifikation Kosovo gegen Israel. Muslija, der in jungen Jahren noch fünf U20-Länderspiele für Deutschland absolviert hatte, spielt seit 2019 für die kosovarische Nationalmannschaft. An diesem Sonntagabend herrschte im Fadil-Vokrri-Stadion von Pristina Ausnahmezustand. Gut vier Wochen zuvor war das Leben in Israel durch den brutalen Überfall der Hamas aus den Fugen geraten. Jetzt trat die israelische Nationalmannschaft wieder zu einem Spiel an. Etliche der 5.000 Zuschauer in der Arena buhten und pfiffen während der israelischen Hymne. Die Israelis, die von mehr als 30 Geheimdienstmitarbeitern beschützt wurden, waren emotional enorm bewegt. Der Kosovo gewann mit 1:0, Muslija wurde nach 62 Minuten ausgewechselt.

Muslija in der EM-Qualifikation gegen Israel

Muslija feierte erste mit dem SV Sasbach

Der 25-Jährige Florent Muslija und das große Fußball-Universum. Dabei kommt er ursprünglich aus einer kleinen Welt. Muslija wurde im badischen Achern (Ortenaukreis) geboren. Mit vier kam er zum SV Sasbach, einem Dorfklub in der Nachbarschaft. "Ich wollte dort mit meinen Freunden und meinem Cousin zusammenspielen", erzählte Muslija einmal auf der Internetseite seines späteren Vereins Hannover 96.

Jede Woche sei er zum Training nach Sasbach gefahren. Anfangs im Auto seines Papas Ismet, später auf eigene Faust. "Ich habe früh Fahrrad fahren gelernt", erinnert er sich. Die Medaillen, die er mit seiner Mannschaft SV Sasbach gewonnen hat, liegen bis heute im Haus seiner Familie in Achern, irgendwo in einer Kiste verstaut. Florent sei schon immer besonders flink gewesen, erzählte sein Bambini-Trainer Rainer Friedriszik. Bei einem Junioren-Turnier in Bühl habe Muslija nach einem Tor einen blitzsauberen Flickflack vorgeführt. Da war er fünf. "Wir waren alle völlig baff", sagte Friedriszik.

Erster Profivertrag beim Karlsruher SC

Mit acht wechselte Muslija nach einer Talentsichtung zum Karlsruher SC. Er pendelte täglich 60 Kilometer von Achern nach Karlsruhe. In der U17 und U19 wurde er von Lukas Kwasniok trainiert, seinem späteren Trainer in Paderborn. "Ich war immer der Kleinste, der Schmächtigste", sagte Muslija, "ich musste mich immer durchbeißen." Mit Erfolg. Im Mai 2017 unterschrieb Muslija seinen ersten Profivertrag beim KSC. Ein Jahr später wechselte der talentierte Mittelfeldspieler zu Hannover 96 an. Dann folgte der Wechsel nach Paderborn.

Florent Muslija im Trikot des KSC (Foto: IMAGO, GES)
Erster Profivertrag für Muslija 2017 beim KSC

Dort in Ostwestfalen zeigte der Vater von zwei Kindern in dieser Saison seine ganze Klasse. Sieben Tore und fünf Assists waren mehr als nur ein Empfehlungsschreiben für einen Wechsel zu einem Bundesligisten. Jetzt bekam der SC Freiburg den Vorzug vor anderen Interessenten. Muslija sagte im Vereins-TV: "Die Nähe zu meiner Heimat war ein wichtiges Argument. Das Pokalspiel hat mir gezeigt, wie geil das Stadion ist und die Fans. Ich bin froh, hier zu sein." Im SWR-Interview ergänzte er: "Ich bin glücklich, dass ich mein Potenzial hier in dieser neuen Umgebung auf eine andere Ebene schießen kann. Hier ist alles größer und professioneller."

Streich attestiert Muslija große Fortschritte

Freiburg-Coach Christian Streich betonte am Donnerstag, dass Muslija einige Jahre gebraucht habe, um zu begreifen, dass Talent allein für eine ganz große Profi-Karriere nicht reiche. "Er ist jetzt auf einem guten Weg", glaubt der Trainer, hält sich mit Lobeshymnen aber bewusst zurück. In Erinnerung an den exzellenten Freistoß-Treffer Muslijas im Pokalspiel ergänzte Streich: "Wir haben ihn begrüßt, und dann habe ich ihm gesagt: Er kann gern weiter so aufs Tor schießen wie gegen uns. Denn dann kriegen wir ja ein Tor."

Muslijas aktuell großes Selbstvertrauen, das er u.a. durch seine konstant starken Leistungen in Paderborn aufgebaut hat, schimmert durch, als er danach gefragt wird, was für ein Spielertyp er sei: "Ich bin sehr wuselig, flink und clever, mit guten Dribblings und gutem Abschluss." Streich geht davon aus, dass Muslija flexibel einsetzbar ist. Auf der zentralen offensiven Position oder auf den Außenbahnen.

Muslija hofft auf den ersten Bundesliga-Sieg mit dem SC Freiburg

Aber ganz so dick will er am Tag nach seiner Vertragsunterschrift beim Sport-Club denn doch nicht auftragen: "Ich bin ein Fan davon, kleine Brötchen zu backen. Ich möchte hier erst mal meine Mannschaftskameraden kennenlernen, gut ins Training kommen und meine ersten Spielminuten sammeln und gesund bleiben. Das ist das Wichtigste."

Eine Statistik möchte er im Übrigen möglichst schnell tilgen. Von seinen bisher 17 Bundesliga-Spielen hat Muslija kein einziges gewonnen. Drei Unentschieden und 14 Niederlagen mit Hannover 96 in der Abstiegssaison 2018/19 stehen in der Vita des 25-Jährigen. Das soll sich in Freiburg schnell ändern. Vielleicht schon am Samstag beim Spiel in Bremen.

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Johannes Seemüller, SWR-Sportjournalist (Foto: SWR)