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Richtig übers Klima sprechen – Motivieren statt alarmieren

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Luca Sumfleth
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Luca Sumfleth
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Zu viel, zu wenig, zu reißerisch, zu lasch: An der Vermittlung der Klimakrise gibt es viel Kritik, das gilt für die Medien wie für die Politik. Wie gelingt gute Klimakommunikation?

Klimaschutz: Der Wille zum Handeln fehlt … immer noch

Trotz bundesweiter Proteste, alljährlicher Hitzerekorde und düsterer Zukunftsszenarien hinken Politik und Gesellschaft ihren Zielen weiter hinterher. Die Erkenntnis ist nicht neu: Beim Klimaschutz fehlt der Wille zum Handeln. Einen Grund dafür sehen Forscher darin, wie und wie viel über das Thema gesprochen wird. Denn der Klimawandel wurde in Medien und Politik lange wenig thematisiert. Kam er zur Sprache, wurden Diskussionen oft heftig und emotional. Fakten? Nicht so wichtig.

Zwischen Verharmlosung und Panikmache finden auch heute nur wenige den richtigen Ton. Doch die Psychologie weiß, wie es besser geht: Wer überzeugend über Klimaschutz reden will, sollte motivieren und Lösungen diskutieren, statt Alarm zu schlagen – privat wie öffentlich.

Als politisches Thema ist die Klimakrise unbeliebt

Wie selten das Klima politisch besprochen wurde, zeigen aktuelle Zahlen. Für eine Studie, die 2024 in der Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht wurde, warfen Forscher einen Blick auf mehr als 260.000 Pressemitteilungen europäischer Parteien aus den Jahren 2010 bis 2020, die kurz vor und nach extremen Wetterereignissen veröffentlicht wurden. Demnach haben nur die grünen Parteien dem Klimawandel nach den Ereignissen etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt als davor. Trotz Dürre und Überschwemmungen verpassten viele Politiker es, den Klimawandel anzusprechen und ihn als Klimakrise zu diskutieren.

Medien berichteten lieber über andere Themen

Ähnlich ruhig ging es in den Medien zu. Ein Team um den Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann von der Universität Hamburg hat untersucht, wie oft der Klimawandel zwischen 2009 und 2018 in der Tagesschau erwähnt wurde. Das Ergebnis: An 2.952 von 3.612 Tagen kam das Thema nicht vor. Immerhin: Ab 2018 nahm die Sendezeit etwas zu. Das lag an den Dürrejahren und den Klimaprotesten, erklärt Michael Brüggemann. Er sieht die Berichterstattung dennoch kritisch:

Wenn mal Klima erwähnt wird, heißt das nicht, dass es wirklich um Klimawandel und Klimaschutz geht. Am Anfang war das bei Fridays for Future so und jetzt ist es bei der Letzten Generation noch viel extremer, dass nur über die Ereignisse berichtet wird. Was machen die? Wo haben die sich gerade festgeklebt? Das Thema, wofür sie Aufmerksamkeit schaffen wollen, darüber wird gar nicht gesprochen.

An den Klimastreiks 2019 nahmen bis zu über eine Million Menschen teil. Doch nicht alle blieben den Demos so treu wie die Trägerin des Schilds. Dennoch: Die meisten Menschen halten den Klimawandel nach wie vor für eines der drängendsten Probleme.
An den Klimastreiks 2019 nahmen bis zu über eine Million Menschen teil. Doch nicht alle blieben den Demos so treu wie die Trägerin des Schilds. Dennoch: Die meisten Menschen halten den Klimawandel nach wie vor für eines der drängendsten Probleme.

Zu alarmistisch? Bei Klimaberichten schalten viele ab

Und es gibt eine weitere Kritik an der Berichterstattung: Vielen ist sie zu negativ und alarmierend. Die Sorge: Wer zu eindringlich warnt und Katastrophenszenarien malt, schürt Ängste. Hinzu kommt, dass viele Menschen seit der Corona-Pandemie keine Schreckensmeldungen mehr hören wollen.

In einer Umfrage des Leibniz-Instituts für Medienforschung aus dem Jahr 2022 gab ein Zehntel der Befragten an, Nachrichten häufig bewusst zu vermeiden. Bei zwei von drei Befragten ist dies gelegentlich der Fall. Die schlechten Nachrichten schlagen aufs Gemüt. Statt Tatendrang für mehr Klimaschutz herrschen Desinteresse und lähmende Angst.

Konkret und lösungsorientiert: Konstruktiver Journalismus will anders berichten

Ein Vorschlag, es besser zu machen, ist der konstruktive Journalismus. Das Konzept stützt sich auf psychologische Erkenntnisse und soll drängende Themen wie den Klimawandel greifbarer machen. Statt über den Eisbären im fernen Polareis zu schreiben, sollen die Klimafolgen im Hier und Jetzt beschrieben und Lösungen diskutiert werden. Studien zeigen, dass Menschen nach dem Lesen solcher Artikel im Durchschnitt positiver eingestellt sind als nach dem Lesen eines gewöhnlichen Artikels. Das könnte tatsächlich dazu führen, dass sie sich mehr mit dem Thema auseinandersetzen.

Ein Liebling der Medien: Der Eisbär auf der kläglichen Suche nach Nahrung. Mit solchen Botschaften erreicht man heute kaum noch jemanden. Konstruktiver Journalismus will es besser machen und Klimafolgen und Lösungen im Hier und Jetzt diskutieren
Ein Liebling der Medien: Der Eisbär auf der kläglichen Suche nach Nahrung. Mit solchen Botschaften erreicht man heute kaum noch jemanden. Konstruktiver Journalismus will es besser machen und Klimafolgen und Lösungen im Hier und Jetzt diskutieren

In vielen Medienhäusern gibt es inzwischen Formate, die diesen Ansatz verfolgen. Über die Klimakrise zu sprechen, ist aber nicht nur Aufgabe von Journalistinnen. Auch jeder und jede Einzelne kann das Thema ansprechen. Doch seit 2019 ist die Zahl der Gespräche über den Klimawandel unter Freunden, in der Familie und am Arbeitsplatz stark zurückgegangen. Das zeigt eine Studie, die Michael Brüggemann mit Kollegen im Sommer 2024 veröffentlicht hat.

Aktivisten der Umweltschutzbewegung Extinction Rebellion (XR) demonstrieren im Juni 2020 vor dem Eingang zum Norddeutschen Rundfunk (NDR): Klimakrise in die Medien! Neben der Klimabewegung und Umweltverbänden fordern das auch Wissenschaftlerinnen und Journalistinnen. 2020 wurde ein gemeinsamer, offener Brief an die ARD geschickt. Die Forderung: Klimaberichte täglich und zur besten Sendezeit. Statt Börse vor acht, Klima vor acht.
Klimakrise in die Medien! Neben der Klimabewegung und Umweltverbänden fordern das auch Wissenschaftlerinnen und Journalistinnen. 2020 wurde ein gemeinsamer, offener Brief an die ARD geschickt. Die Forderung: Klimaberichte täglich und zur besten Sendezeit. Statt Börse vor acht, Klima vor acht.

Beim Klimaschutz handeln wir nicht immer nach unseren Werten

Als Leiterin des Instituts für Klimapsychologie in München will Nadja Hirsch das ändern:

Der Punkt ist, dass wir eine hohe Bereitschaft haben, etwas für den Klimaschutz zu tun. Diese Einstellung ist in Deutschland sehr verbreitet.

Doch das führe nicht zwangsläufig zu mehr Klimaschutz, erklärt die Psychologin. Viele Menschen handeln nicht nach ihren Werten. In der Psychologie wird das "Kognitive Dissonanz" genannt. Nadja Hirsch nennt ein Beispiel:

Man hat sich vorgenommen, kein Fleisch mehr zu essen. Dann wird man zu einem Grillabend eingeladen und will aber nicht der Einzige sein, der nur Kartoffeln und Auberginen isst.

Am nächsten Morgen herrscht dann meist Katerstimmung. Wir beginnen uns zu rechtfertigen – auch vor uns selbst.

Drei Tipps, um erfolgreich über die Klimakrise zu sprechen

Nadja Hirsch bietet Workshops an. Die Teilnehmerinnen sollen lernen, zu ihren Überzeugungen zu stehen und die Klimakrise im Alltag besser anzusprechen – um beim nächsten Grillabend sensibel und verständlich auf klimaschädliche Gewohnheiten hinzuweisen, statt selbst zuzulangen. Damit ein solches Gespräch gelingt, helfen einfache Tipps, erklärt die Expertin:

  1. Werte ansprechen: Auch wenn wir uns nicht immer danach richten: Werte sind die Basis unseres Handelns. Darüber kann man sein Gegenüber erreichen. Bei diesen Werten muss es nicht immer um Nachhaltigkeit gehen. Auch Werte wie Heimatverbundenheit können sich eignen, um den Klimaschutz anzusprechen.
  2. Fragen stellen: Niemand mag es, überredet zu werden. Wer motivieren will, sollte lieber ergebnisoffen ins Gespräch gehen. Fragen hilft, dem Gegenüber Wertschätzung und ein offenes Ohr zu zeigen.
  3. Lösungen diskutieren: Nicht allen mangelt es an Motivation. Oft fehlt auch das Wissen, wie man sich klimafreundlich verhalten kann. Statt den Moralapostel zu spielen, ist es daher sinnvoller, konkrete Themen anzusprechen – zum Beispiel wie man effizient Energie sparen kann.

Klima ist ein schwieriges Thema – der Dialog bleibt wichtig

Der Klimawandel ist kein leichtes Thema. Irgendwie in der Zukunft, irgendwie schon da. Wir sind davon betroffen, wir sind dafür verantwortlich und gleichzeitig merken wir im Alltag selten etwas davon. Gespräche darüber können zudem anstrengend sein. Aber nicht darüber zu reden, ist keine Lösung. Damit wir uns dabei nicht die Köpfe einschlagen, helfen wahrscheinlich die gleichen Regeln wie bei jeder anständigen Diskussion: Zuhören, ausreden lassen, Gemeinsamkeiten suchen.

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