Bundestag und Landtage

Parlamentsdebatten und -reden

Stand

Zwar sind viele Parlamentsdebatten längst vergessen. Doch manche sind historisch geworden: Weil es lebhaft wurde, weil in ihnen wegweisende Entscheidungen diskutiert wurden, oder weil einzelne Sätze hängen geblieben sind wie: "Mehr Demokratie wagen".

Hier Parlamentsdebatten und -Reden aus dem SWR2 Archivradio:

Schwerpunkt

SWR2 Wissen: Archivradio Der Reichstag vor Hitler – Die Weimarer Parlamentsdebatten 1931 bis 1933

Aus den Mitschnitten von Parlamentsdebatten der Weimarer Republik aus der Zeit zwischen 1930 und 1933 wird deutlich, wie und woran die Republik zerbrach.

Bedeutende Parlamentstage

16.7.1952 Der Fall Walter Linse beschäftigt die Bundesregierung

16.7.1952 | Entführt nach Ostberlin (6) | Eine Woche nach der Entführung ist der Fall Walter Linse Thema im Bundestag. Dort nimmt der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen Jakob Kaiser (CDU) Stellung und kündigt am 16. Juli 1952 stärkere Schutzmaßnahmen an der deutsch-deutschen Grenze an.

20. bis 25.3.1958 Bundeskanzler Adenauer will Atomwaffen: Bundestag debattiert tagelang

20. bis 25.3.1958 | Bundeskanzler Konrad Adenauer strebt in den 1950er-Jahren nicht nur die friedliche Nutzung der Atomenergie an, sondern will auch die Bundeswehr im Rahmen der NATO atomar bewaffnen. Sein Hauptargument ist die mächtige Sowjetunion, der man etwas entgegensetzen müsse.
Die Opposition, vor allem die SPD, ist dagegen; sie plädiert für eine atomwaffenfreie Zone auf dem Gebiet der beiden deutschen Staaten. Eine atomare Aufrüstung dagegen würde eine Wiedervereinigung in weite Ferne rücken.
Die Debatte zieht sich über vier Tage hin. Wir hören Ausschnitte. Zunächst Bundeskanzler Konrad Adenauer, der wie auch schon in früheren Reden die Atombombe als Weiterentwicklung der bisherigen Waffensysteme darstellt. Es folgen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU), dann Fritz Erler (SPD), der mit einer Anspielung auf Goebbels‘ „totalen Krieg“ die Unionsabgeordneten dazu veranlasst, empört den Saal zu verlassen.
Anschließend hören wir Reinhold Maier (FDP), gefolgt von zwei weiteren SPD-Abgeordneten, nämlich Helmut Schmidt – dem späteren Bundeskanzler – sowie Gustav Heinemann – dem späteren Bundespräsidenten.
Am Schluss die einzige weibliche Stimme in der Debatte: Luise Rehling (CDU). Sie erklärt, für die Frauen und Mütter zu sprechen.
Nach der emotionalen Debatte stimmt der Bundestag mehrheitlich der atomaren Ausrüstung der Bundeswehr im Rahmen der NATO zu. Die SPD kündigt daraufhin an, sie werde eine Volksbefragung initiieren, da Atomwaffen zu einem nationalen Notstand führen würden. Den Anfang machen Hamburg und Bremen, die tatsächlich Volksbefragungen über die atomare Bewaffnung einleiten. Doch dazu kommt es nicht: Das Bundesverfassungsgericht hält die Befragungen für verfassungswidrig und stoppt sie.
Adenauer setzt sich somit durch, allerdings bleiben die in der Bundesrepublik stationierten Atomwaffen unter der Kontrolle der Vereinigten Staaten – nicht der Bundeswehr. | Kernenergie

28.10.1969 Willy Brandt will "Mehr Demokratie wagen"

28.10.1969 | Der neu gewählte Bundeskanzler Willy Brandt sagt in seiner ersten Regierungserklärung, er wolle mehr Demokratie wagen. Das ist auch eine Reaktion auf die Ereignisse von 1968.

15.6.1983 Heiner Geißler: "Pazifismus hat Auschwitz erst möglich gemacht"

15.6.1983 | "Der Pazifismus der 30er-Jahre – der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben – dieser Pazifismus der 30er-Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht." Mit diesem Satz provozierte der CDU-Politiker Heiner Geißler die Friedensbewegung, die sich gegen die Stationierung von Pershing-Raketen in der Bundesrepublik stark machte.
Die Diskussion um den gescheiterten NATO-Doppelbeschluss und die Stationierung von Pershings hatte die Friedensbewegung massiv mobilisiert. Friedensbewegte einstige SPD-Anhänger liefen zu den Grünen über, die im März 1983 in den Bundestag einzogen. Sie saßen also erst ein paar Wochen im Parlament, als Heiner Geißler (CDU) diese Rede hielt. Er beginnt mit einer etwas bemühten Begründung, warum ausgerechnet er als Bundesfamilienminister zum NATO-Doppelbeschluss Stellung nimmt. Mehrfach spricht er die grünen Abgeordneten Otto Schily und Joschka Fischer an, die wegen ihrer häufigen Zwischenrufe vom Parlamentspräsidenten Richard Stücklen gerüffelt werden. Etwa ab 00:17:00 kommt Geißler auf den Pazifismus und Auschwitz zu sprechen.

8.9.1988 Debatte: Wer trägt Schuld an der Ramstein-Katastrophe?

8.9.1988 | Zwei Wochen nach dem Flugunglück in Ramstein debattiert der rheinland-pfälzische Landtag über die Verantwortung und die Konsequenzen. Hier: Ministerpräsident Bernhard Vogel und Oppositionschef Rudolf Scharping (ab 00:29).

26.5.1993 Der Asylkompromiss – Bundestagsdebatte zur Änderung des Asylrechts

26.5.1993 | Im Mai 1993 nehmen die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Stellung zur umstrittenen Änderung des Asylrechts. Es äußern sich Wolfgang Schäuble von der CDU/CSU, Hans-Ulrich Klose für die SPD, Hermann Otto Solms von der FDP und Gregor Gysi (PDS).

6.11.2001 USA fordern Bundeswehr-Hilfe in Afghanistan

6.11.2001 | Als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 greifen die USA wenige Wochen später im Oktober Stellungen der Taliban in Afghanistan an. Es ist der Beginn des sogenannten "Krieg gegen den Terror". Und für den fordert die US-amerikanische Regierung internationale Unterstützung an – unter anderem von Deutschland. Der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder (SPD) beschert diese Bitte eine Regierungskrise. Einige Abgeordnete vor allem der Grünen sind gegen einen Militäreinsatz der Bundeswehr in Afghanistan und wollen sich bei einer Abstimmung im Bundestag verweigern. In den folgenden Wochen wird auf politischer Ebene hitzig über das Für und Wider des Einsatzes diskutiert.
Bundeskanzler Gerhard Schröder macht am 6. November 2001 die Bitte der US-Regierung öffentlich und erinnert an sein Versprechen, stets zu den USA zu stehen.
Bundeskanzler Gerhard Schröder knüpft die Frage, ob sich Deutschland an der US-Operation „Enduring Freedom“ in Afghanistan beteiligen soll, an die Vertrauensfrage. Am 16. November erhält er im Parlament eine knappe Mehrheit der Stimmen.
Einige Wochen später, am 22. Dezember 2001, beschließt der Bundestag, dass sich deutsche Truppen außerdem beteiligen sollen an der ISAF Friedensmission der Vereinten Nationen in Afghanistan. Dafür bekommt die Regierung eine deutliche Koalitionsmehrheit.

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SWR