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Jeden Tag versucht ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin zu töten, fast jeden dritten Tag gelingt es ihm. Wieso macht uns das als Gesellschaft nicht wütend? Wo bleibt die kollektive Wut? Die Podcasterin Kim Hoss hat ihre eigene Wut in Mut umgewandelt. “Als ich verstanden habe, dass ich wütend sein darf, war das befreiend'”, erzählt Hoss. Sie glaubt, dass aus der gemeinsamen Wut über die Verhältnisse Kraft und Solidarität entstehen kann.
Seit 25 Jahren vertritt die Strafverteidigerin Christina Clemm Frauen, die von Gewalt betroffen sind, vor Gericht. Das Strafrecht sei ein wichtiges Mittel, aber längst nicht ausreichend, sagt sie. Denn die Gewalt an Frauen ist für sie ein Nebeneffekt unserer patriarchalen Gesellschaft, die diese Gewalt duldet.
Unser Podcast-Tipp für diese Woche: “Bleib Mensch!” mit dem NDR-Journalisten Arne-Torben Voigts und der Theologin Petra Bahr. Sie sprechen darüber, wie wir mit Krieg, Krise, Klima und Inflation umgehen können. Wie können wir eine weitere Spaltung in der Gesellschaft verhindern? Und vor allem: Wie können wir Mensch bleiben? Das sind die Fragen im Podcast „Bleib Mensch!“ – den ihr ab jetzt in der ARD Audiothek findet
Mailt uns, auch mit Feedback und Themenvorschlägen an kulturpodcast@swr.de.
Hosts: Kristine Harthauer und Philine Sauvageot
Showrunner: Giordana Marsilio
Links:
Den Podcast “The Sirens Collective” von Kim Hoss und Lise van Wersch findet ihr auf zahlreichen Podcast-Plattformen, z.B. hier: https://open.spotify.com/show/32LUUtGzN6ZYcMtrs36Mhi
Das “The Sirens Collective”-Archiv für Betroffene: https://www.thesirenscollective.com/
Das Buch von Christina Clemm “Gegen Frauenhass”: https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/gegen-frauenhass/978-3-446-27731-1/
Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur. WM23: Was können Männer vom Frauenfußball lernen?
Einiges können die Männerfußballer von Frauenteams abschauen. Die Spielerinnen geben sich in den Medien und auf ihren Profilen im Netz viel nahbarer, offener, persönlicher. Die Überinszenierung der Männer bleibt hier aus. Sei es bei TikTok, wo sie ungezwungen in die Kamera sprechen können oder bei Fernsehdokus, wo sie ihre Hobbys präsentieren oder Tränen über das Ende einer lesbischen Liebesbeziehung nicht zurückgehalten werden. Ist das ein Gegenentwurf zu den männlichen Fußball-Stars, die vor Sportwagen ihre gestählten Körper präsentieren? Oder doch nur wieder ein Geschlechterstereotyp?
Jörg-Uwe Nieland findet, es sei erfrischend und interessant, Fußballprofis mit Ecken und Kanten zu erleben. Der Soziologe und Kommunikationswissenschaftler forscht zur medialen Darstellung des Frauenfußballs und hat zusammen mit Daniela Schaaf das Buch “Die Sexualisierung des Sports in den Medien” herausgebracht. Derzeit schreibt er an einer internationalen Studie, wie sich verschiedene Länderteams inszenieren. “Die Deutschen Spielerinnen sind in der Medienarbeit weit vorne und treten für Diversität ein”, erzählt er in dieser Folge “Was geht, was bleibt”. Und dies ist auch eine große Chance für den Männerfußball.
Solch ein Identifikationspotenzial brächte auch den überinszinierten Männerfußball wieder näher an die Fans. Man brauche Typen, die auch anecken, die auch mal eine politische Meinung äußern. “Was wir derzeit bei den Fußballerinnen in Australien und Neuseeland sehen, ist ein richtiger Schritt, auch in der Selbstvermarktung”, analysiert er.
Unser Podcast-Tipp für diese Woche: “Der KI-Podcast” mit Marie Kilg, Gregor Schmalzried und Fritz Espenlaub. In der riesigen Flut an Informationen und Sorgen, die das Thema betreffen stellen sie sich den großen und den kleinen Fragen, die künstliche Intelligenz betreffen: https://1.ard.de/der_ki_podcast
Wie nehmt ihr den Unterschied in der Wahrnehmung von Spieler und Spielerinnen wahr? Mailt uns, auch mit Feedback und Themenvorschlägen, an kulturpodcast@swr.de!
Hosts: Christian Batzlen
Showrunner: Pia Masurczak
Links: Daniela Schaaf / Jörg-Uwe Nieland. “Die Sexualisierung des Sports in den Medien”
https://www.halem-verlag.de/produkt/die-sexualisierung-des-sports-in-den-medien/
Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur. Vinyls, Buffalos und Synthesizer: Warum sind wir gerade so nostalgisch?
Die 80er und 90er Jahre sind zurück! Scheint zumindest so, wenn man aktuelle Musik hört oder Trends auf der Straße sieht. Und auch Apache 207 singt: “Ich seh' aus wie die Nineties, sie kriegt Daddy-Issues”. Aber woher kommt die Lust an der vergangenen Zeit? War früher wirklich alles besser? Oder reden wir uns die schnelllebige, digitale Gegenwart voller Krisen und Unsicherheiten schön?
Dass wir uns eher an positive Zeiten als an die negativen erinnern, bestätigt uns Monika Schönauer, sie ist Professorin für Neuropsychologin an der Uni Freiburg: “Je schlechter die Zeiten, desto mehr hat man einen Hang zur Nostalgie. In der Psychologie sagt man, Nostalgie ist ein Gefühl: Und wir können Erinnerungen abrufen, die dieses Gefühl auslösen.”
Pop-Experte und Autor Jens Balzer ist gerade aus den 90er-Jahren quasi wieder aufgetaucht: Er hat sich für sein neues Buch intensiv mit dem Jahrzehnt beschäftigt. Mauerfall, Ende des Kalten Krieges, das Ende der Geschichte: Es sie keine Überraschung, dass sich gerade viele nach den 90er-Jahren sehnen: “Die große Kriegsbedrohung, unter der man in den 80er-Jahren litt, war vorbei. Junge Menschen kamen ganz anders zusammen und feierten.” Diese Lust an Party habe zum Beispiel den Geist Berlins geprägt, der bis heute anhält.
Aber natürlich war früher eben nicht alles besser und Nostalgie hat nicht nur ihre schönen Seiten: Rechtspopulistische Politiker verklären gern die alten Zeiten und für viele, insbesondere queere Menschen, Frauen oder People of Colour waren die “guten alten Zeiten” oft alles andere als gut. Und es gebe natürlich auch ein kapitalistisches Interesse daran, die vergangenen Jahrzehnte zu verwerten, sagt Balzer: “Dass Serien wie Stranger Things gerade so populär sind, liegt auch daran, dass das die Generation der Boomer sei, die genug Geld hat, um zum Beispiel in die passenden Fashion-Items zu investieren.” Worin sich alle vier einig sind: Corona-Mottopartys in dreißig Jahren? Sie werden kommen!
Welches Jahrzehnt ruft bei euch nostalgische Gefühle hervor? Mailt uns, auch mit Feedback und Themenvorschlägen, an kulturpodcast@swr.de!
Host: Pia Masurczak und Christian Batzlen
Showrunner: Kristine Harthauer
Jens Balzers Buch über die 90er-Jahre: “No Limit. Die Neunziger - Das Jahrzehnt der Freiheit” https://www.rowohlt.de/buch/jens-balzer-no-limit-9783737101738
Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur Düstere Science-Fiction: Führt uns die KI wirklich in die Apokalypse?
Warum so negativ? Warum zeichnet Science-Fiction immer ein eher dystopisches Bild von der Zukunft? Die Künstliche Intelligenz spielt dabei selten die Rolle des romantischen Helden. Können wir über KI also nur im Apokalypse-Modus nachdenken?
Isabella Hermann ist Politikwissenschaftlerin und Speakerin auf dem Gebiet der Science-Fiction. Sie meint, die düsteren Geschichten voller Weltzerstörung hätten mit Sehgewohnheiten zu tun: “Vor allem bei Kinofilmen und Blockbustern ist es eine Erwartungshaltung.” Das falle in die Kategorie “disaster porn” und sage mehr über uns Menschen aus als über die Technik selbst.
Mit welchen Folgen? “Bestimmte Bilder sacken ins kollektive Gedächtnis ein”, sagt Hermann. Da sei zum einen das rote Auge von HAL 9000, dem Bordcomputer aus Stanley Kubricks Film “2001: Odyssee im Weltraum” oder auch die Terminator-Fratze des von Arnold Schwarzenegger verkörperten Androiden.
Problematisch sei auch, dass die KIs im Trainingsprozess selbst wieder mit den Mensch-gegen-Maschine-Plots gefüttert werden. “Es liegt genau an diesen fiktiven Geschichten, die jetzt real werden, weil die KI-Systeme sie wiederholen.” Der problematischen Silicon-Valley-Ideologie “move fast and break things” könne man nur Bildung und Aufklärung entgegensetzen. Insgesamt appelliert Hermann aber daran, pragmatisch zu bleiben: “Vielleicht ist wirklich das Problem, dass uns die KI irgendwann einmal auslöschen möchte. Dann lag ich falsch. Oder wir gucken lieber, um was ich mich jetzt kümmern muss, denn wir leben ja schon mit KI.”
Zum Glück gibt es Ausnahmen! Isabella Hermann hat einen Lesetipp für uns, mit einer positiven KI-Figur. Sie empfiehlt den Roman “Pantopia” von Theresa Hannig.
Welche KI-Figur gefällt euch am besten? Habt ihr weitere Themen oder Feedback? Schreibt uns an kulturpodcast@swr.de.
Links zur Folge:
Theresa Hannigs Roman “Pantopia”:
https://www.fischerverlage.de/buch/theresa-hannig-pantopia-9783596706402
Isabella hat eine Einführung in das Science-Fiction-Genre geschrieben: https://www.junius-verlag.de/Programm/Zur-Einfuehrung/Science-Fiction-zur-Einfuehrung.html
Isabella Hermanns Science-Fiction-Hörspielpodcast "Das was Morgen": https://1.ard.de/das_war_morgen_cp
Hosts: Christian Batzlen und Pia Masurczak
Showrunner: Philine Sauvageot