Tiere helfen Menschen

Hamsterratten sollen illegalen Wildtierhandel verhindern

Stand

Von Autor/in Anna-Lilia Pittner

Spürhunde könnten bald Konkurrenz bekommen: Im Kampf gegen den illegalen Handel mit Tieren und Tiergütern erweisen sich Hamsterratten als aussichtsreiche Helfer – mit vielen Vorzügen.  

Der illegale Handel mit Tieren oder Produkten wie Elfenbein ist verboten. Trotzdem werden sie immer wieder durch Kontrollen geschmuggelt und illegal weiterverkauft. Um den Schwarzmarkt einzudämmen und das Leben der Tiere zu retten, könnte sich die sogenannte Gambia-Riesenhamsterratte (Cricetomys gambianus) als vielversprechender Helfer erweisen. 

Eine neue Studie zeigt überraschende Ergebnisse: Die Riesenhamsterratten sind in der Lage, mithilfe ihres Geruchssinns illegale Wildtiergüter erfolgreich zu identifizieren – und das sogar, wenn der Geruch dieser Schmuggelware durch andere Gerüche verdeckt wird. 

Riesenhamsterratten haben viele Vorteile gegenüber Spürhunden

Riesenhamsterratten haben einen besonderen Vorteil gegenüber Spürhunden, die bislang für solche Zwecke eingesetzt werden – und zwar ihre Größe. Sie werden 30 bis 40 Zentimeter groß, den Schwanz nicht mitgerechnet. Und besitzen damit sehr gute anatomische Voraussetzungen, um in kleine Lücken und Spalten eines Schiffscontainers zu gelangen.

Auch finanziell bieten die Nagetiere Vorteile: Die Schiffscontainer mit Röntgenstrahlen zu durchleuchten ist laut den Studienmacher:innen teuer und zeitaufwendig. Und auch die Kosten der Ausbildung und Ernährung von Riesenhamsterratten sind geringer als die von Hunden.

Die Hamsterratten haben außerdem einen gut ausgeprägten Geruchssinn und werden bis zu acht Jahre alt. Das aufwendige Training lohne sich, weil die Tiere wegen ihrer hohen Lebenserwartung lange Zeit im Einsatz sein könnten, sagt Verhaltensbiologin und Studienleiterin Isabelle Szott.

Riesenhamsterratte, tags: Riesenhamsterratten Handel Tieren illegalen Wildtierhandel
Riesenhamsterratten haben einen sehr guten Geruchssinn. Die Ausbildung der Ratten zu "Spürnasen" gegen illegalen Wildtierhandel kostet weniger als die Ausbildung von Hunden.

Training gegen illegalen Handel mit lebenden Tieren und Wildtierprodukten

Um die Riesenhamsterratten zu trainieren, wurden sie in einer kontrollierten Laborumgebung in der Zentrale der Organisation Apopo in Tansania mit verschiedenen Gerüchen vertraut gemacht. Insgesamt bestand das Projekt aus drei Experimenten. Ziel war es, dass die Tiere sich die Gerüche einprägen, um sie dann wiedererkennen zu können.

Zu den Übungsgegenständen zählten die Hörner von Nashörnern sowie Elefantenstoßzähne und ein bedrohtes afrikanisches Laubholz. Da der illegale Handel nicht nur Wildtierprodukte betrifft, sondern auch lebendige Tiere, sollten die Riesenhamsterratten sich auch den Geruch von Schuppentieren einprägen. Denn Schuppentiere gehören zu den weltweit am häufigsten gehandelten Säugetieren.

Das Fleisch von Schuppentieren gilt besonders in China und Vietnam als Delikatesse. Ihre Schuppen werden als Heilmittel gegen verschiedenste Krankheiten verwendet – obwohl sie nur aus Keratin bestehen, was der menschliche Körper auch selbst produziert. 

 

Schuppentiere, tags: Riesenhamsterratten Handel Tieren illegalen Wildtierhandel
Schuppentiere sind eine begehrte Schmuggelware. Um den illegalen Handel mit Ihnen zu verhindern, lernen Spür-Ratten auch, den Geruch von Schuppentieren zu erkennen.

Riesenhamsterratten mit hoher Erfolgsquote

In den Experimenten wurden insgesamt acht Riesenhamsterratten trainiert. Alle konnten die vier Gegenstände von Wildtieren erfolgreich von über 140 anderen häufig exportierten Gütern unterscheiden, berichten die Studienmacher:innen.

Besonders interessant: Die Tiere ließen sich nicht von anderen starken Gerüchen, wie Kaffeebohnen oder Waschpulver, ablenken. Sie konnten im Durchschnitt knapp 86 Prozent der illegalen Exportgüter identifizieren. Nur etwa ein Prozent der legalen Güter ordneten sie falsch ein.

Die Nagetiere wurden darauf trainiert, anhand der Schnüffeldauer an den Gegenständen zu zeigen, ob sie einen illegalen Gegenstand gefunden haben. "Wenn das jetzt eine Probe ist, auf die die Riesenhamsterratte trainiert wurde, dann hält sie einfach für circa drei Sekunden ihre Nase still", erklärt Studienleiterin Szott.

 

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Die trainierten Riesenhamsterratten lagen selten falsch: Sie identifizierten illegale Exportwaren, indem sie länger als gewöhnlich daran rochen.

Illegaler Wildtierhandel findet vor allem per Schiff statt

Die Organisation Apopo trainiert Tiere, um sie im Kampf gegen Gefahren, Kriminalität und Krankheiten einzusetzen. Im Rahmen dieses Projekts beschäftigen sie sich mit dem Schutz von Wildtieren durch den Einsatz der Riesenhamsterratten.

Sie fokussieren sich dabei auf den illegalen Schiffshandel, um die Zahl der geschmuggelten Wildtiere und Wildtierprodukte einzudämmen. Apopo setzt die Riesenhamsterratten aber nicht nur hierfür ein. In weiteren Projekten lernen die Nagetiere zum Beispiel, Landminen in Kambodscha zu identifizieren.  

Aktuell übten die Riesenhamsterratten außerdem eine neue Art, ein Signal auszulösen, berichtet Apopo auf der Plattform "X". Hierbei tragen sie ein Jäckchen, an dem ein Ball befestigt ist.

Zieht die Ratte mit den Vorderpfoten an dem Ball, wird ein Signalton ausgelöst, der darauf hinweist, dass sie etwas gefunden hat. Mithilfe dieses Signals sind die Ratten in der Lage, im richtigen Moment Alarm zu schlagen.

Riesenhamsterratte auf einem Feld, tags: Riesenhamsterratten Handel Tieren illegalen Wildtierhandel
Die belgische Organisation Apopo bildet Riesenhamsterratten unter anderem auch im Erschnüffeln von Landminen aus.

Weitere Forschungen geplant

Die Forschungen mit den Riesenhamsterratten werden aktuell fortgesetzt. Da das Projekt bisher nur im Labor stattfand, ist noch unklar, wie genau die Tiere in der Praxis eingesetzt werden können.

Doch vielleicht sind die Riesenhamsterratten schon bald gegen illegalen Handel im Einsatz und ergänzen die bisherigen Screening-Methoden bei Hafenkontrollen.

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