Ökologie

Sind Häuser aus dem 3D-Drucker nachhaltig?

Stand
AUTOR/IN
Johannes Postler

Audio herunterladen (4,3 MB | MP3)

Flexibel in der Gestaltung, optisch Geschmackssache

Die Industrie verspricht es jedenfalls. Worum geht es? Gemeint sind Häuser, die man wirklich ausdruckt. Also eine Zementmasse, die eine Maschine in der gewünschten Form ausspuckt, immer in Schichten von ja 15 Zentimetern, bis alle Mauern stehen.

Ein Verkaufsargument ist vor allem die Flexibilität: Man kann die Formen des Hauses nach Belieben gestalten, auch abgerundete Ecken in den Innenräumen lassen sich viel leichter erzeugen. Solche Häuser gibt es schon. Optisch sind sie Geschmackssache, aber da wird es sicher noch eine Entwicklung geben.

Materialverbrauch: nur so viel wie tatsächlich nötig

Aber die Frage war ja die nach der Nachhaltigkeit und tatsächlich kommen diese Häuser mit einem Öko-Versprechen. Gegenüber einem herkömmlichen Massivbauhaus verbrauchen sie zum einen weniger Material. Das liegt daran, dass das Druckmaterial direkt vor Ort angemischt wird, und zwar nur so viel, wie benötigt wird. Im konventionellen Bau fahren Lastwagen den Beton zur Baustelle, der wird verarbeitet, und dabei bleibt immer sogenannter Restbeton übrig. Es wird also beim klassischen Massivbau mehr Material verbraucht; in dem Punkt schneiden 3D-gedruckte Häuser besser ab.

Recycling: möglich, aber ausbaufähig

Ein zweiter Pluspunkt gedruckter Häuser ist, dass das Material recycelt und zum Beispiel als Füllmaterial im Straßenbau verwendet werden kann. Die Hersteller arbeiten bereits daran, die Recyclingmethoden zu verbessern. Das Ziel ist, aus alten Häuser direkt neue zu machen. Wenn das mal klappen sollte, wäre das ein Fortschritt.

Verbrauch von Zement und Sand: ökologisch problematisch

Trotzdem: Auch wenn das Material effizienter genutzt oder gar wirklich recycelt wird, besteht es eben zu einem erheblichen Teil aus Zement; ökologisch gesehen ist das ein Haken an der Sache. Der lässt sich nicht beziffern, weil sich die Hersteller bedeckt halten, wie sich das Druckmaterial, also der Baustoff, zusammensetzt. Die meisten Firmen verwenden dafür einen speziellen Mörtel des Unternehmens HeidelbergCement. Dieser Mörtel besteht aus Zement, Wasser und Sand – die genauen Anteile sind geheim. Zement und Sand – das sind zwei problematische Stoffe.

Zement ist relativ schlecht fürs Klima, weil dafür Kalkstein gebrannt werden muss. Dabei werden pro Tonne Zement 600 kg CO₂-Emissionen frei. Und Sand zu verwenden ist auch nicht optimal, denn wegen der weltweit massiven Nachfrage nach Sand für die Bauindustrie werden Küsten und Flusslandschaften zerstört – mit massiven Folgen für die dortigen Ökosysteme.

Fairerweise muss man aber sagen: Beim herkömmlichen Massiv-Hausbau sind die Probleme mit Zement und Sand mindestens genauso groß. Wenn sich 3D-gedruckte Häuser effizienter bauen und besser recyceln lassen, dürften sie ökologisch einen Vorteil gegenüber herkömmlichen Massivbauten haben – immer mit der Unsicherheit, dass das Material nicht in allen Einzelheiten bekannt ist.

Material und Emissionen des 3D-Druckers einberechnen

In die Berechnung einbezogen werden müsste auch noch, was der Bau der Maschinen, also des riesigen Druckers samt Stahlgerüst und Elektromotoren, an Material und Emissionen verschlingt. Dazu gibt es aber noch keine seriösen Zahlen, weil es darauf ankommt, wie lang der hält und wie häufig er zum Einsatz kommt. Je mehr Häuser mit einem Zementdrucker gebaut werden, desto weniger fällt dieser Ressourcenaufwand ins Gewicht.

Fazit also: Gut möglich, dass 3D-gedruckte Häuser ökologisch besser sind als klassische Massivbauten. Ganz außen vor gelassen habe ich in dem Vergleich Holzhäuser, die, was Sand und Zement betrifft, viel besser sind und die sogar CO₂ speichern können. Aber es wäre falsch, Holzhäuser pauschal als besser hinzustellen; da kommt es auf manche Details an. Zum Beispiel, wie lange so ein Haus hält. Dazu gehört nicht nur, wie stabil es ist, sondern auch, wie lange Menschen darin wohnen möchten. Das ist ebenfalls ein Faktor bei der Nachhaltigkeitsfrage und bei den Häusern aus 3D-Druck gibt es hierzu noch zu wenige Erfahrungswerte.

Umwelt Zement oder Beton – Der globale Bauboom heizt das Klima auf

Bei der Herstellung von Zement und Beton entstehen ungeheure Mengen an Treibhausgasen. Der weltweite Bauboom trägt somit maßgeblich zum Klimawandel bei.

SWR2 Wissen SWR2

Tourismus Am Mittelmeer verschwinden die Sandstrände – Bald nur noch Fels und Steine?

Im Mittelmeer gibt es kaum Gezeiten. Das verführt dazu, bis nah ans Wasser zu bauen. Doch Beton und Zement verhindern die natürliche Erneuerung der Strände. Mit viel Energie wird künstlich Sand aufgeschüttet. Doch das ist keine Dauerlösung.

SWR2 Wissen SWR2

Stand
AUTOR/IN
Johannes Postler

Derzeit gefragt

Ornithologie Benutzen Blaumeisen das Nest vom Vorjahr oder bauen sie neu?

Das alte Nest, so wie es ist, wird nie mehr direkt benutzt, sondern die Vögel bauen ein neues Nestchen darüber. Von Claus König

Tiere Warum schreien Hühner, nachdem sie ein Ei gelegt haben?

Hühner haben ständig zu allen Situationen irgendwelche akustischen Kommentare abzugeben; sie sind ständig in akustischer Kommunikation. Und es sind hoch soziale Vögel. Das bedeutet, dass dieses Gegacker nach der Eiablage in diesem Zusammenhang gesehen werden muss. Von Hans-Heiner Bergmann

Tiere Überlebt eine Weinbergschnecke, wenn man versehentlich ihr Haus zertritt?

Das Haus einer Schnecke ist mit ihrem Körper verwachsen. Darum kann eine Weinbergschnecke nicht ohne Haus überleben. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Gesundheit Mit dem Rauchen aufhören: Wann ist der Körper wieder auf Nichtraucherniveau?

Das Rauchen hat viele Auswirkungen auf den Körper. Manche verschwinden, wenn man aufhört, schneller, andere brauchen länger. Recht schnell verschwinden die unmittelbaren Symptome, also der Raucherhusten und die Kurzatmigkeit. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Insekten Wie hoch können Fliegen fliegen?

Kleine Insekten, die man Luftplankton nennt, wurden in 8.000 Metern Höhe gefunden. Aber sie fliegen dort nicht gezielt hin, sondern werden von Winden erfasst. Von Gábor Paál | Dieser Beitrag steht unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Ornithologie In welchen Abständen legen Meisen ihre Eier?

Eine Blaumeise kann bis zu 12 Eier legen – jeden Tag eins. Trotzdem schlüpfen die Jungen alle gleichzeitig, denn gebrütet wird erst, wenn das Gelege vollständig ist. Von Hans-Heiner Bergmann