Mitglieder des SWR Vokalensembles

Judith Hilger

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"Ja, das will ich!"

Die Mezzosopranistin Judith Hilger studierte Schulmusik und Gesang an der Musikhochschule in Lübeck. Meisterkurse belegt sie bei Hilde Zadek, Irwin Gage und Ruth Ziesak. Als Solistin war sie unter anderem beim Bachfest in Leipzig, der Ruhrtriennale und beim Mozartsommer in Würzburg tätig. Judith Hilger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie ist seit 2008 Mitglied des SWR Vokalensembles.

Vokalensemble Judith Hilger (Alt)
Judith Hilger singt Alt im SWR Vokalensemble.

War Singen schon immer Ihre Leidenschaft?

Ich habe mit fünf Jahren begonnen Cello zu spielen und wollte früh Musikerin werden. Irgendwann bin ich dann auch in den Schulchor eingetreten. Mein erstes Stück dort war das Requiem von Andrew Lloyd Webber, in dem es einen Knaben-Solosopran gibt. Es gab aber keinen sangeswilligen Knaben und deshalb wurde ein Solistin gesucht. Die Vorstellung, dass jemand anderes als ich dieses Solo singen würde, war mir so zuwider (lacht), dass ich für das Solo vorgesungen – und es auch bekommen habe. Das war die Einstiegsdroge.

Wie war der erste Auftritt als Solistin?

Ein Rausch. Ich erinnere mich an eine vollbesetzte Bonner Kreuzkirche und an meinen vor Angst grüngesichtigen Vater. Ich fand es toll und wusste: Ja, das will ich!

Warum Choristin und nicht Solistin?

Ich habe auch am Theater gearbeitet, aber die Gewichtung lag mir zu sehr auf der Szene. Es stand in keinem Verhältnis, welchen Aufwand man in den Proben für das Decken eines Tisches verwendete, zu der Zeit, die man hatte, ein Stück "in den Hals" zu bekommen. Chor alleine wäre mir auch zu wenig, was hier bei uns bei weitem nicht so ist, denn wir haben sehr viel solistisch oder in kleinen Gruppen zu tun. Das ist eine sehr gute Mischung.

An welchen Moment im SWR Vokalensemble erinnern Sie sich gerne zurück?

Mein einprägsamstes Erlebnis war ein Konzert in meinem ersten Jahr in Paris: die Wiederaufnahme von Aperghis' Wölfli-Kantata. Für mich war es das Schwerste, was ich bis dahin gesungen hatte. Ich war völlig fasziniert davon, mit welcher Perfektion und trotzdem mit wie viel Ausdruck der Chor solch schwere Musik präsentieren kann und war sehr stolz und glücklich, ein Teil davon zu sein.

Wie würden Sie das Verhältnis zu den Kollegen beschreiben?

Es hat was sehr familiäres und ist auch nicht immer unproblematisch, weil man so dicht aufeinander sitzt. Wir sind wenige, und Singen ist etwas sehr Intimes, aber wenn es drauf ankommt, dann gehen wir zusammen durch dick und dünn, keine Frage.

Gibt es ein Ziel oder einen Traum mit dem SWR Vokalensemble?

Ich wünsche mir, dass wir unsere Freude an dem, was wir tun und leisten, behalten wenn nicht gar steigern können, und dass dies nicht nur von einer kleinen (aber feinen!) Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Wie müsste sich dafür die deutsche Kulturlandschaft verändern?

Auf einer Konzertreise durch Asien ist mir vor allem in Südkorea die besondere Wertschätzung klassischer Musik aufgefallen. Es liegt dort sicher auch daran, dass sie aus einem anderen Kulturkreis kommt und etwas Exotisches, Luxuriöses ausstrahlt.
Aber das tut Musik ja auch und das sollte man auch hier wieder etablieren. Die Kulturlandschaft sollte etwas Luxuriöses sein und bleiben, nicht weil sie Etats auffrisst, sondern weil Kunst die Seelen beglückt.

Selfie Judith Hilger
Selfie: Judith Hilger
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SWR