Blick auf die Mehringer Höhe  (Foto: SWR)

Naturschützer kritisieren Pläne

Warum das geplante Gewerbegebiet Mehringer Höhe so umstritten ist

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Lena Bathge
Lena Bathge ist multimediale Reporterin im SWR Studio Trier (Foto: Lena Bathge )

Die Verbandsgemeinde Schweich will ein Gewerbegebiet auf der Mehringer Höhe an der A1 bauen. Umweltverbände sind dagegen. Sie befürchten einen massiven Eingriff in Natur und Landschaft. Ein Vor-Ort-Besuch.

Die Mehringer Höhe, eine offene Landschaft aus Wiesen, Wald und niedrigen Hecken, liegt auf einer Bergkuppe oberhalb der Mosel. Die Landschaft verbindet die beiden Schutzgebiete Fellerbachtal und Dhronhänge.

Hier treffe ich mich mit Rolf Winkler vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Gemeinsam mit einem Kollegen hat er das Vorkommen der Wildkatze auf der Mehringer Höhe untersucht.

Mann mit Fernglas  (Foto: SWR)
Rolf Winkler hält Ausschau nach einem Rotmilan, der über der Mehringer Höhe auf Mäusejagd ist.

Rotmilan zieht Kreise über der Mehringer Höhe

Als wir auf einem Feldweg über eine Hügelkuppe kommen, bleibt Winkler plötzlich stehen und zückt sein Fernglas. "Da ist ein Rotmilan!" Der Greifvogel zieht über der offenen Landschaft der Mehringer Höhe seine Kreise.

Wahrscheinlich ist er auf der Suche nach etwas Essbarem. "Die Wiesen werden hier erst sehr spät oder gar nicht gemäht", erklärt Winkler. "Das führt zu einem besonders hohen Artenreichtum. Hier gibt es viele kleine Nager."

Verbands- und Ortsgemeinde wollen Standortvorteile nutzen

Die Verbandsgemeinde Schweich plant hier oben ein interkommunales Gewerbegebiet. Denn, das schreibt die Verbandsgemeinde in ihren Planungsunterlagen, die Mehringer Höhe biete gute Voraussetzungen für die Erschließung eines Gewerbegebiets.

"Der Vorteil beim Standort Mehringer Höhe ist zum einen der unmittelbare Anschluss an die Autobahn und zum anderen, dass der Standort ohne eine Ortslage zu tangieren erreichbar ist", erklärte Jennifer Schlag, Ortsbürgermeisterin in Mehring, auf SWR Anfrage bereits im März vergangenen Jahres.

Damit entfielen die ansonsten üblichen Probleme mit Verkehrslärm. Zudem sei der Ort Mehring Eigentümer der Flächen, was eine Bebauung einfacher mache, so die Bürgermeisterin.

Mögliche Beteiligung der Stadt Trier

Bislang war die Stadt Trier gegen ein Gewerbegebiet auf der Mehringer Höhe. Nun kann sich die Stadt sogar einen Einstieg in das Projekt vorstellen. Der Bauausschuss der Stadt Trier hat am vergangenen Mittwoch einer möglichen Beteiligung an einem Gewerbegebiet auf der Mehringer Höhe zugestimmt.

Die Stadt Trier erhofft sich dadurch, ihren eigenen gestiegenen Bedarf für Gewerbeflächen in Zukunft decken zu können. Aus Sicht der Stadt kann der künftige Gewerbeflächenbedarf innerhalb des Stadtgebiets nicht gedeckt werden.

Stadt Trier stellt Bedingungen an die Planung auf der Mehringer Höhe

Die Stadt Trier stellt allerdings Bedingungen für ihre mögliche Beteiligung an dem Projekt. So müssten gravierende Auswirkungen auf die Umwelt in der weiteren Planung des Gebiets ausgeräumt werden.

Umweltverbände wie der BUND hatten das geplante Gewerbegebiet zuletzt heftig wegen der Gefahren für die Umwelt kritisiert: Besonders die selten gewordene Landschaftsstruktur mache die Mehringer Höhe besonders.

Besonders abwechslungsreich: Hecken, Wiesen und Gehölze

Genau diese Landschaftsstruktur breitet sich nun vor Rolf Winkler und mir aus. Inzwischen sind wir vom Weg abgekommen, es geht querfeldein weiter. Vor uns tut sich ein Heckensaum auf. "Wir haben hier oben über zehn Kilometer Heckensaum", erzählt der Umweltschützer.

In der Tat ist die Mehringer Höhe mit niedrigen Hecken und Gehölzen übersät. Wie ein Flickenteppich wechseln sich Wiesen und dichtes Buschwerk alle paar Meter ab. "Sie bieten einen wichtigen Lebensraum für sehr viele Arten, die hier oben nachgewiesen worden sind", so Winkler.

Landschaftsstruktur der Mehringer Höhe (Foto: SWR)
Hecken, Wiesen, Niederwald - die Mehringer Höhe bietet den unterschiedlichsten Tierarten einen Lebensraum. Mehr als 40 streng geschützte Tierarten haben die Untersuchungen im Auftrag der Verbangsgemeinde auf der Mehringer Höhe nachgewiesen.

Denkmalschutz inmitten von Wiesen und Wäldern

Dann geht es für uns ins Unterholz. Rolf Winkler vom BUND steuert eine alte Bunkerruine an. "Davon gibt es hier oben jede Menge", weiß Winkler. "Sie waren Teil einer Befestigung zur Luftabwehr. Nach Kriegsende haben die Alliierten sie gesprengt."

Die Überreste stehen inzwischen unter Denkmalschutz und liegen zum Teil unter mehreren Schichten Laub und Lehm begraben. Für die Tierwelt auf der Mehringer Höhe bieten sie ideale Schutzräume.

Bunkerruinen auf der Mehringer Höhe (Foto: SWR)
Aus den gesprengten Betonresten der Schutzbunker ragen eiserne Metallstreben hervor.

Wildkatze zieht Jungtiere in Bunkerruinen groß

Für die Wildkatze etwa sind die Höhlen der Bunkerruinen bestens geeignet, um Jungtiere großzuziehen. "Die Bunker sind gut versteckt und trocken", erklärt Winkler.

"Wildkatzen bringen ihre Jungtiere alle paar Tage in ein anderes Versteck, um sie vor Fressfeinden zu schützen."

"Durch die vielen Bunkerruinen auf der Mehringer Höhe haben die Muttertiere gleich mehrere ideale Verstecke zur Auswahl." Nachweisen konnten Winkler und sein Kollege die Jungtieraufzucht durch das Aufstellen von Wildtierkameras. Die haben aber nicht nur die Wildkatzen gefilmt.

Auch Dachse und Füchse nutzen die Bunker. Sogar ein Gartenschläfer ist den beiden vor die Linse gelaufen. Der kleine Nager sieht durch die markante Fellzeichnung rund um die Augen aus wie der fiktive Held Zorro. Europaweit gingen seine Bestände dramatisch zurück, beklagen Umweltschützer.

Ausgleichsmaßnahmen, wie sie in den Planungsunterlagen der Verbandsgemeinde vorgeschlagen werden, könnten die günstigen Voraussetzungen auf der Mehringer Höhe nicht ersetzen, beklagt der BUND.

Wildkatze Mehringer Höhe (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Die Höhlen unter den gesprengten Betonresten der Schutzbunker auf der Mehringer Höhe dienen unter anderem der Wildkatze als Rückzugsort, um Jungtiere großzuziehen.

BUND: Auswirkungen auf die Umwelt nicht hinreichend untersucht

Sogenannte Ausgleichsmaßnahmen sollen den Lebensraum von Tieren ersetzen oder kompensieren, wenn dieser zum Beispiel durch ein Bauvorhaben wie das Gewerbegebiet auf der Mehringer Höhe nicht mehr zugänglich ist.

Die in den Planungsunterlagen vorgeschlagenen Maßnahmen seien aber viel zu ungenau, es fehlten Informationen zur konkreten Umsetzung, so der BUND in einer Stellungnahme.

Gewerbegebiet oder Industriegebiet?

Darüber hinaus kritisiert der BUND, dass die bisherigen Untersuchungen zu den möglichen Emissionen nur für ein Gewerbegebiet durchgeführt worden seien. Immer wieder sei aber auch in den von der Verbandsgemeinde vorgelegten Planungsunterlagen die Rede von einem Industriegebiet.

Die Emissionen eines Industriegebietes könnten die eines Gewerbegebietes um ein Vielfaches übersteigen. Außerdem ginge die Mehringer Höhe den beiden Schutzgebieten Fellerbachtal und Dhronhänge als wichtiger Verbindungskorridor weitestgehend verloren.

Wildtiere nutzen Unterführung zur Wanderschaft zwischen FFH-Gebieten

Denn diese nutzen viele Wildtiere, um zwischen den beiden FFH-Gebieten hin und her zu wandern. Zu Beginn unserer Wanderung war die Autobahn nur ein fernes Rauschen. Jetzt wird sie immer lauter, denn Winkler und ich nähern uns einer Unterführung.


Auch hier hatten Winkler und sein Kollege eine Kamera aufgestellt: "Damit konnten wir nachweisen, dass die Wildkatze, aber auch andere Tiere die Unterführung nutzen, um zwischen den beiden FFH-Gebieten zu wandern."

Die Pläne der Verbandsgemeinde Schweich sehen zwar vor, einen solchen Korridor durch das geplante Gewerbegebiet zu erhalten, aber: "Der wäre viel zu unruhig für die Wildkatze", meint Winkler.

Unterführung auf der Mehringer Höhe (Foto: SWR)
Die Unterführung ist der einzige Weg für die auf der Mehringer Höhe lebenden Tiere, um vom FFH-Gebiet Fellerbachtal ins FFH-Gebiet Dhronhänge zu kommen. Die A1 stellt für sie ansonsten ein unüberwindbares Hindernis dar.

Kreisverwaltung sieht Nachholbedarf bei bisherigen Untersuchungen

Kritik an dem Vorhaben gibt es auch vonseiten der Kreisverwaltung Trier-Saarburg. Diese übt in ihrem Vorlagebericht vor allem Kritik am Gutachten der Wirtschaftsförderung Trier-Saarburg. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die eine Bedarfsanalyse für den gesamten Landkreis erstellt hat, spricht sich für ein neues, groß angelegtes Gewerbegebiet aus.

Der Bedarf für neue Gewerbeflächen sei nicht ausreichend begründet, so die Kreisverwaltung. Eine landesweite Untersuchung, die derzeit durchgeführt wird, könne dies möglicherweise noch in Zukunft bestätigten.

Problematisch könne zudem werden, dass andere Gemeinden, die sich an dem Gebiet beteiligen wollen, höchstwahrscheinlich auf die Entwicklung von neuen Gewerbeflächen in ihrem eigenen Gebiet verzichten müssten.

"Da die Schaffung der Voraussetzungen zur Ausweisung eines neuen Gewerbestandortes mitunter mehr als fünf Jahre dauern kann, sehen wir bereits heute einen akuten Handlungsbedarf im Landkreis Trier-Saarburg."

Kaum noch Flächen für Ausgleichsmaßnahmen

Auch Flächen für die sogenannten Ausgleichsmaßnahmen stehen laut Kreisverwaltung kaum noch zur Verfügung. "Tatsächlich verfügbar sind aktuell nur noch wenige Flächen, bei denen es sich in der Regel um ehemalige Weinberge handelt", so die Kreisverwaltung.

Alternative zum Gewerbegebiet: Naturführungen auf der Mehringer Höhe?

Rolf Winkler und ich sind am Schluss unserer Wanderung angekommen. Wir verlassen das Gelände des geplanten Gewerbegebiets und wandern ein Stück in den Wald hinein, bis wir auf den Ausoniusweg stoßen. Dort geht es noch mal ins Unterholz hinein. Der Ausoniusweg führt in weiten Teilen entlang einer alten römischen Straße.

Er ist nach einem gleichnamigen römischen Gelehrten benannt, der auf diesem Weg einst von Bingen nach Trier reiste. Nach wenigen Metern stoßen wir im Unterholz auf eine archäologische Ausgrabungsstätte. Hier haben die Archäologen eine römische Mauer freigelegt.

Reste einer römischen Mauer (Foto: SWR)
Die Reste einer römischen Mauer wurden von Archäologen freigelegt.

Aktionsbündnis: Mehringer Höhe touristisch nutzen

Das Aktionsbündnis "Naturraum Mehringer Höhe", das sich gegen den Bau des geplanten Gewerbegebiets einsetzt, forderte die Verbandsgemeinde Schweich bereits mehrfach auf, auch eine alternative Nutzung des Gebiets, zum Beispiel für den Tourismus, zu prüfen.

Einer ihrer Vorschläge: Ein Begegnungsraum zwischen Mensch, Natur und Geschichte, mit Führungen im Gebiet. Römisches Erbe, Militärgeschichte und eine besonders artenreiche Natur, Winkler nickt. "So etwas ließe sich hier oben sicher gut umsetzen."

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