Ordner-Stapel mit Beschriftung

Bewilligungsverfahren des Bundes dauerte zu lange

Zu viel Bürokratie: Ausbau des Frauenhauses in Koblenz in Gefahr

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Das Koblenzer Frauenhaus braucht mehr Platz. Der Bund hat eine Million Euro für den Ausbau bewilligt. Doch das Geld könnte ungenutzt verfallen.

"Wir hier in Koblenz müssen ungefähr jeden dritten Tag eine Anfrage ablehnen, weil wir eine Frau nicht aufnehmen können,“ bedauert Stefanie Coopmeiners, Geschäftsführerin des Sozialdienst katholischer Frauen Koblenz . "Derzeit haben wir sieben Plätze im Frauenhaus, die sind dauerhaft belegt,“ ergänzt Petra Assenmacher, Vorstandsvorsitzende des Trägervereins.

Darum sei es wichtig, mehr Plätze zu schaffen. Deshalb kam das Förderprogramm des Bundesfamilieministeriums wie gerufen.

Bewilligung des Förderantrags dauerte drei Jahre

Der Vorstand des Frauenhauses beantragte im September 2020 die Fördermittel. Dann schickte das Frauenhaus seinen Antrag an die zuständige Prüfstelle des Landes. Die brauchte acht Monate und gab den Antrag danach an das Bundesfamilienministerium weiter. Dort lag der fertige Antrag im Dezember 2021 vor.

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Petra Assenmacher vom Trägerverein sagt, es habe dann bis zum August 2023 gedauert, bis der Antrag über knapp eine Million Euro von der zuständigen Behörde bewilligt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt seien sie immer wieder aufgefordert worden, Kleinigkeiten zu ändern: "Ich will nicht sagen, das war 'Zeitschinderei', aber manchmal kam es einem genau so vor." Zwischendurch sei es sogar rund neun Monate lang kaum möglich gewesen, einen Ansprechpartner bei der Bundesservicestelle zu erreichen, fügt Coopmeiners hinzu.

Eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums verwies auf Nachfrage des SWR darauf, dass Verzögerungen durchaus üblich seien. Denn bei vielen Anträgen bestehe noch Beratungs- und Nachbesserungsbedarf. Daher sei die Dauer des Verfahrens nicht nur von der Bundesservicestelle abhängig.

Zwei Frauen sitzen am Tisch
Petra Assenmacher (links )und Stefanie Coopmeiners vom Frauenhaus in Koblenz befürchten, dass die Fördergelder des Bundes verfallen könnten.

Frauenhaus Koblenz: Ursprünglicher Zeitplan ist nun unrealistisch

Das Problem ist aber: Ursprünglich sollten die Bauarbeiten schon Anfang 2022 starten. Doch durch das langwierige Bewilligungsverfahren habe sich der Zeitplan immer weiter nach hinten verschoben, so die Leitung des Frauenhauses. Deshalb wird es jetzt schwierig den Bau umzusetzen, denn das Förderprogramm läuft Ende 2024 aus. Bis dahin müssen die bewilligten Gelder also ausgegeben sein.

Die Leitung des Frauenhauses hält das inzwischen für unrealistisch, denn die Gelder sind zweckgebunden. So sollte im Frauenhaus dieses Jahr ein Fahrstuhl eingebaut werden. Der Antrag wurde aber zu spät bewilligt und die Zeit wurde zu knapp, die Baumaßnahme umzusetzen, so die Leitung des Frauenhauses.

Stadt Koblenz kann mögliche Finanzierungslücke nicht füllen

Und schon vor der Bewilligung der Gelder die Baumaßnahmen starten? Das ging auch nicht, sagt Petra Assenmacher. Der Sozialdienst katholischer Frauen als Trägerverein sei gemeinnützig. "Wir haben kein Geld auf der hohen Kante und können daher das Risiko nicht eingehen, auf der gesamten Bausumme sitzen zu bleiben.“, erklärt sie.

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Auch die Stadt Koblenz kann hier nach eigenen Angaben nicht einspringen. Unter anderem deshalb, weil die Haushaltslage das nicht erlaube, heißt es.

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"Sollten wir das Geld also nicht rechtzeitig abrufen können, verfällt es," so Coopmeiners. "Damit wäre diese Chance dahin, endlich mehr Plätze zu schaffen". Leidtragende seien also letztlich die Frauen und Kinder, die weiterhin abgewiesen werden müssten.

Coopmeiners letzte Hoffnung ist, dass wenigstens der für 2023 vorgesehene Betrag ins nächste Jahr verschoben werden kann. Dafür wollen sich auch die beiden Koblenzer Bundestagsabgeordneten Josef Oster (CDU) und Thorsten Rudolph (SPD) einsetzen.

Frauenhaus: Hoffen auf Verlängerung des Förderprogramms

Doch selbst wenn die Gelder nach 2024 verschoben werden könnten, ist noch nicht gesagt, dass der Umbau wirklich stattfinden kann. Denn alle Baumaßnahmen müssten dann auch im gleichen Jahr noch umgesetzt werden.

Derzeit ist eine Verlängerung des Programms nach Angaben des Bundesfamilienministeriums nicht vorgesehen. Das Ministerium wolle sich zwar dafür einsetzen, aber letztlich müsse der Bundestag dem zustimmen.

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SWR