Ein Blitzer im Ostalbkreis in Nahaufnahme. Geändertes Bußgeld sorgte hier für gestiegene Blitzereinnahmen.

SWR-Recherche zu Tempoverstößen in BW

Wie ein einziger Blitzer die Bußgeldeinnahmen im Ostalbkreis ankurbelt

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Dennis Bechtold
SWR-Aktuell Redakteur Dennis Bechtold

Viele Kreise und Städte im Land nehmen seit zwei Jahren deutlich mehr Bußgelder ein. Zum Beispiel auch der Ostalbkreis. Der profitiert dabei gleich von zwei Entwicklungen.

Wenn der rote Blitz zuschlägt, dann heißt es: blechen - und zwar ordentlich. Seit Ende 2021 haben sich die Bußgelder für Tempoverstöße teilweise verdoppelt. Wer zum Beispiel innerorts 20 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt, zahlt 70 Euro plus Verwaltungsgebühren.

Der geänderte Bußgeldkatalog spült beachtliche Summen in die Haushaltskassen von Kommunen und Kreisen in Baden-Württemberg. Das zeigt eine SWR-Recherche. Im Ostalbkreis gibt es aber auch noch einen anderen Grund für höhere Einnahmen.

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Ostalbkreis: Mehr als zwei Millionen Euro durch Blitzer

Das Landratsamt im Ostalbkreis nahm mit seinen Radargeräten im vergangenen Jahr mehr als zwei Millionen Euro ein - eine Verdopplung seit 2021. Und in der Summe sind noch nicht die Einnahmen enthalten, die die Polizei sowie die großen Kreisstädte Aalen, Schwäbisch Gmünd und Ellwangen mit ihren Messgeräten eingenommen haben.

Eine Grafik zu den Blitzereinnahmen durch den Ostalbkreis. In den vergangenen beiden Jahren sind die Einnahmen deutlich gestiegen. Geändertes Bußgeld und geänderte Geschwindigkeitsbegrenzungen haben dafür gesorgt. In dieser Grafik sind die Einnahmen der Polizei sowie der Städte Aalen, Ellwangen und Schwäbisch Gmünd nicht berücksichtigt.
In den vergangenen beiden Jahren haben die Blitzereinnahmen durch den Ostalbkreis deutlich zugenommen. In dieser Grafik sind die Einnahmen der Polizei sowie der Städte Aalen, Ellwangen und Schwäbisch Gmünd nicht berücksichtigt.

Unterschiedliche Entwicklungen in den Blitzereinnahmen

Insgesamt 13 Bußgeldstellen haben sich auf die SWR-Anfrage zu ihren Blitzereinnahmen zurückgemeldet. In den meisten Städten oder Landkreisen ist vor allem im Jahr 2022, dem Jahr nach der Bußgeldänderung, ein großer Sprung zu erkennen. Danach stagnierten in einigen Fällen die Einnahmen oder gingen sogar zurück.

Die SWR-Recherche zeigt aber auch: Die höhere Einnahmen bedeuten nicht zwangsläufig auch gleichzeitig mehr Vergehen. In Freiburg zum Beispiel sorgen Blitzer seit der Bußgeldänderung jährlich für mehr als 9 Millionen Euro in der Haushaltskasse. 2021 waren es "nur" rund 5,7 Millionen Euro. Doch, "die Anzahl der Fälle hat nicht wirklich stark variiert", sagt Sandra Saur, Abteilungsleiterin der Freiburger Bußgeldbehörde.

Übersicht Blitzereinnahmen von Kreisen und Kommunen in Baden-Württemberg (Quelle: SWR-Recherche)
Kommune/LandkreisBußgeldeinnahmen 2023 in EuroBußgeldeinnahmen 2022 in EuroBußgeldeinnahmen 2021 in Euro
Ostalbkreis2,09 Mio1,44 Mio0,81 Mio
Ellwangen2,17 Mio1,01 Mio0,61 Mio
Schwäbisch Gmünd1,07 Mio1,12 Mio0,73 Mio
Alb-Donau-Kreis1,60 Mio2,30 Miokeine Angabe
Ehingen0,74 Mio0,79 Mio0,54 Mio
Langenau1,01 Mio0,77 Mio0,28 Mio
Landkreis Heidenheim0,74 Mio0,75 Miokeine Angabe
Biberach1,00 Mio0,96 Mio0,87 Mio
Ravensburg2,45 Mio2,31 Mio1,91 Mio
Friedrichshafen2,20 Miokeine Angabe1,80 Mio
Tübingen1,30 Mio (erstes Halbjahr)3,30 Miokeine Angabe
Herrenberg0,90 Miokeine Angabekeine Angabe
Freiburg9,47 Mio9,70 Mio5,69 Mio

Große Einnahmen im kleinen Zöbingen

Im Ostalbkreis hingegen stiegen die Blitzereinnahmen zwei Jahre in Folge deutlich an. Das lag aber nicht nur am geänderten Bußgeldkatalog. Zwei Blitzer in Zöbingen haben Bußgelder von 700.000 Euro eingebracht. Der Löwenanteil entfiel dabei aber auf eine der beiden Messstellen.

Mit mehr als 600.000 Euro hat die Radarfalle in der Bopfinger Straße fast im Alleingang für rund ein Drittel der Blitzereinnahmen durch den Ostalbkreis gesorgt. Denn dort darf seit vergangenem Jahr nur noch Tempo 30 gefahren werden. Im Umkreis gebe es viele, "die von der Umstellung natürlich nicht wussten und die sind direkt in den Blitzer reingefahren," verrät Anwohnerin Felicitas Merz. Fraglich also, ob die Radarfalle auch in diesem Jahr für hohe Einnahmen sorgt.

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ADAC: Im Vordergrund steht die Sicherheit, nicht die Einnahmen

Hohe Summen zu generieren sei auch gar nicht das Ziel von Blitzern. "Grundsätzlich geht es um die Verkehrssicherheit", so Julian Häußler vom ADAC Württemberg. Im Vordergrund solle nicht stehen, als Kommune möglichst viel Geld einzunehmen. Auch wenn die sich "natürlich darüber freuen."

Laut dem Fachmann ist ein Blitzer erst dann erfolgreich, wenn er wenig Geld generiert. Denn dann zeigt er in der Regel auch Wirkung und die Autofahrer drücken in Gefahrenbereichen auf die Bremse. Deshalb seien hohe Bußgeldeinnahmen im ersten Moment im Sinne der Verkehrssicherheit eher eine weniger gute Nachricht, so Häußler.

Insgesamt haben die 13 Kommunen und Gemeinden, die sich auf die SWR-Anfrage zurückgemeldet haben, fast 27 Millionen Euro durch Bußgelder eingenommen. Im Falle des Ostalbkreises fließen davon Teile auch wieder zurück zu den Blitzern, um die Anlagen zu modernisieren.

Ein Blitzer am Straßenrand in Zöbingen. Diese Radarfalle war für fast ein Drittel der Gesamteinnahmen durch den Ostalbkreis verantwortlich.
Dieser Blitzer in Zöbingen war für fast ein Drittel der Gesamteinnahmen durch den Ostalbkreis verantwortlich.

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