Zum 300-jährigen Jubiläum des Schäferlaufs in Bad Urach (Kreis Reutlingen) hat der bekannte wie umstrittene Bildhauer Peter Lenk eine Skulptur geschaffen. Am Sonntag wurde sie auf dem Marktplatz enthüllt.
Typisch Lenk: nackte Hintern
Applaus, schmunzeln, hier und da ein lautes Lachen: Bei der Enthüllung war der Uracher Marktplatz voll mit Menschen. Alle blickten hoch zu den neun fast lebensgroßen Figuren. Männer mit gequältem Gesichtsausdruck, die rennen, übereinanderfallen oder in Siegerpose stolz die Brust recken. Wer genau hinschaut, sieht nackte Hintern und kann einer Figur sogar zwischen die Beine Blicken. Wen es stört, der solle eben wegschauen, sagte Bürgermeister Elmar Rebmann (SPD) bei der Enthüllung der Skulptur.
Schäferlauf-Skulptur: Enthüllung verzögerte sich
Das Interesse bei der Bevölkerung war groß. Schon vor der Enthüllung war fast jeder Sitzplatz in den Cafés und Restaurants auf dem Markplatz in Bad Urach besetzt. Rund um die Statue standen viele Menschen und warteten. Die Enthüllung verzögerte sich um über eine halbe Stunde, weil der Laster mit der Drehleiter nicht anspringen wollten. Als dann die Feuerwehr als Ersatz kam, ertönte Applaus und Jubel.
Stadt hofft auf mehr Spenden für Skulptur
Die Schäferlauf-Skulptur von Peter Lenk kostet insgesamt rund 300.000 Euro und soll überwiegend aus Spenden finanziert werden. Die Spendenbereitschaft ist bislang mäßig. Wenn nicht genug Spenden zusammenkommen, werde es Geld aus dem städtischen Haushalt geben. Das hatte der Gemeinderat schon im Vorfeld entschieden, unabhängig von den Spenden.
Mit dem Kunstwerk möchte Bad Urach verstärkt Gäste in die Innenstadt locken, die sonst nur den Wasserfall oder die Therme besuchen würden. "Ich bin sehr zufrieden mit dem Kunstwerk und ich bin mir sicher, dass das in der Zukunft den einen oder anderen in die Stadt locken wird", sagte Bürgermeister Rebmann.
Lenk: Schäferlauf früher war kein Vergnügen
Der Künstler Peter Lenk hat rund eineinhalb Jahre an dem Kunstwerk gearbeitet. Dazu gehörte anfangs auch die Recherche, die ihm so manche schlaflose Nacht bereitet hat, sagte Lenk dem SWR. Er habe genau wissen wollen, wie der Schäferlauf Bad Urach in der Vergangenheit wirklich ablief. Und der sei viel brutaler gewesen, als es heute nachgestellt werde.
Die Zeit sei eine sehr gewaltvolle gewesen. "Die Schäfer waren eigentlich eine Außenrandgruppe, die galten als faul, sie durften nicht in die Gesellschaft einheiraten". Die Schäfer hätten versucht, ihre "Teilchen" zu verstecken und sie mit ihren Hemdchen zuzuhalten und ab und zu habe es dann doch geblitzt. "Und dann hat eben auch mal einer die Klöten von dem anderen auf dem Hinterkopf. Das war kein Vergnügen, für die, die da laufen mussten."
Bei der Aufstellung der Skulptur seien auch Leute auf ihn zugekommen und hätten sich beschwert, was er mit ihrem Schäferlauf mache, so Lenk. "Ist mir völlig wurscht, die sollen mal nach Griechenland und die Figuren da anschauen. Die sind auch nackt." Bei der Enthüllung der Imperia habe ihm eine Frau sogar ins Gesicht spucken wollen, aus Entsetzen über die Nacktheit der Skulptur. Mit der Imperia in Konstanz, der offenherzigen Statue einer Kurtisane aus der Zeit des Konstanzer Konzils, wurde Peter Lenk bekannt.
Meinungen über Skulptur gehen auseinander
Die Schäferlauf-Skulptur sorgte in Bad Urach von Anfang an für viele Diskussionen in der Stadt. Die einen waren dafür, die anderen dagegen. Bei der Enthüllung der Skulptur am Sonntag wurde das erneut deutlich: Manchen Bewohnern sind die Gesichter zu fratzenartig, anderen gefallen sie. Das "Gestell" sei beim Stadtlauf im Weg, kritisierte ein Bürger, ein anderer sagte: "Mir gefällt es gut, ich finde dieses spießige Urach hat das verdient."