Christo und Jeanne-Claude im Kunstmuseum Lindau (Foto: SWR, Karin Wehrheim)

Große Sommerausstellung in Lindau

Christo und Jeanne-Claude - ein Leben für die Kunst

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Karin Wehrheim
SWR-Redakteurin Karin Wehrheim Autorin Bild (Foto: SWR, Alexander Kluge)

Das 1995 verhüllte Reichstagsgebäude in Berlin ist eine der spektakulärsten Arbeiten von Christo und Jeanne-Claude. In Lindau sind 70 Collagen, Zeichnungen und Fotografien ihres Lebenswerks zu sehen.

1995 sind die spektakulären Bilder um die Welt gegangen, als in Berlin der Reichstag verhüllt worden ist, mit 100.000 Quadratmetern silbrig glänzenden Tuchs. Im kommenden Jahr ist das 30 Jahre her. Dann wären auch Christo und Jeanne-Claude 90 Jahre alt geworden. Wie das Künstlerpaar die monumentalen Verhüllungen gemeinsam plante und vorbereitete, das ist bis Mitte Oktober am Bodensee zu sehen, in den Räumen, die die Stadt Lindau in der ehemaligen Hauptpost für ihre besucherstarken Sommerausstellungen eingerichtet hat.

Christo und Jeanne-Claude im Kunstmuseum Lindau (Foto: SWR, Karin Wehrheim)
Christo zeichnete, klebte Stoff und Bindfäden auf - so entstanden seine Collagen, mit denen das Künstlerpaar seine Projekte finanzierte. Bild in Detailansicht öffnen
Christo und Jeanne-Claude im Kunstmuseum Lindau (Foto: SWR, Karin Wehrheim)
24 Jahre hat es gedauert, von der ersten Skizze zum verhüllten Reichstagsgebäude 1971 bis zur Realisierung 1995. Bild in Detailansicht öffnen
Christo und Jeanne-Claude im Kunstmuseum Lindau (Foto: SWR, Karin Wehrheim)
Immer wieder versuchten Christo und Jeanne-Claude, eine Genehmigung für das Verhüllen eines Wolkenkratzers in New York zu erhalten. Vergebens. Bild in Detailansicht öffnen
Christo und Jeanne-Claude im Kunstmuseum Lindau (Foto: SWR, Karin Wehrheim)
Der Ravensburger Fotograf Wolfgang Volz hielt die spektakulären Großprojekte fest - hier "Valley Curtain" 1972 in Colorado. Der Vorhang hing nur 28 Stunden, dann kam Starkwind auf. Bild in Detailansicht öffnen
Christo und Jeanne-Claude im Kunstmuseum Lindau (Foto: SWR, Karin Wehrheim)
Eingewickelt und verschnürt - ein öffentliches Wandtelefon aus New York. Dort lebten Christo und Jeanne-Claude. Bild in Detailansicht öffnen
Christo und Jeanne-Claude im Kunstmuseum Lindau (Foto: SWR, Karin Wehrheim)
Kurze Videos zeigen Christo und Jeanne-Claude zum Beispiel bei der Arbeit für das verhüllte Reichstagsgebäude in Berlin. Bild in Detailansicht öffnen
Christo und Jeanne-Claude im Kunstmuseum Lindau (Foto: SWR, Karin Wehrheim)
Ein wandfüllendes Foto des in Deutschland bekanntesten Werks von Christo und Jeanne-Claude eröffnet die Schau im Kunstmuseum Lindau. Bild in Detailansicht öffnen

Verhüllte Wolkenkratzer in New York, eingewickelte Bäume auf den Pariser Champs-Élysées, eine Mauer aus aufgestapelten Ölfässern, die den Suezkanal blockiert, alles nie realisiert. Daneben das verpackte Reichstagsgebäude, der Arc de Triomphe in Paris, und mehr als 7.500 Tore aus wehendem orangem Stoff, die den New Yorker Central Park durchzogen. Zu all ihren Projekten entstanden Collagen. Christo zeichnete jedes Detail, fügte Stoffmuster, Aufmaße und genauen Standort der Aktion hinzu. Mit dem Verkauf dieser teils großformatigen Collagen finanzierten Christo und Jeanne-Claude ihre Projekte. 70 von ihnen sind in den abgedunkelten Lindauer Ausstellungsräumen effektvoll angeordnet. Sie stammen aus der Nachlass-Stiftung und aus der Sammlung Würth.

Christo und Jeanne-Claude nannten das "Software-Phase", das war für sie ganz entscheidend. Das war nämlich all die Jahre, die sie für ihre Projekte gekämpft haben und immer wieder Anträge gestellt haben oder Machbarkeitsstudien. Weil im ersten Moment war ja immer die Reaktion: Das funktioniert doch nicht, was ihr vorhabt.

Das "Auge von Christo und Jeanne-Claude" aus Ravensburg, der Statiker aus Radolfzell

Besonders eindrücklich wird die Schau durch riesige Fotografien des aus Ravensburg stammenden Wolfgang Volz. Er begleitete Christo und Jeanne-Claude seit den 1970er-Jahren bei ihren Großprojekten exklusiv. Neben Volz, der die späten Projekte auch leitete, lieferte die Bodenseeregion weitere wichtige Zutaten.

Die Stoffe zum Beispiel wurden auf Lindauer Dornier-Maschinen gewoben. Dornier hat letztendlich Maschinen entwickelt, die genau die Stoffe so weben konnten, dass die von der Reißfestigkeit, von der Elastizität, vom Gewebe genauso perfekt waren wie Christo und Jeanne-Claude sie wollten. Und in Radolfzell ist der Statiker von Christo, der Jörg Tritthardt, der hat die Statik berechnet und die ganze Leichtbau-Konstruktion unter dem verhüllten Reichstag oder dem Arc de Triomphe.

Lindauer Sommerausstellungen locken 800.000 Besucher an

Seit 2011 sind die Lindauer Sommerausstellungen zu den Klassikern der Moderne Publikumsmagnete. Sie holten insgesamt rund 800.000 Besucherinnen und Besucher nach Lindau. Zu sehen waren untern anderem Werke von Picasso, Miró, Chagall, Nolde und zuletzt Warhol.

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