Musik

Warum hören viele nicht, dass sie falsch singen?

Stand
AUTOR/IN
Gábor Paál
Gábor Paál

Audio herunterladen (2,5 MB | MP3)

Kaum Training des eigenen Gehörs im Alltag

Das kann daran liegen, dass sie generell nicht gut darin sind, feine Tonhöhenunterschiede wahrzunehmen. Das liegt in vielen Fällen daran, dass sie es gar nicht gewohnt sind, darauf zu achten. Nehmen wir das Klischee: Gesänge im Stadion oder auf einer Party. Da achten die wenigsten auf die Korrektheit der Intonation, auch nicht die der anderen, weil es darum nicht geht.

Schiefe Töne kann man durch Übung erkennen – so gut wie ein Profi

Wer es nicht gewohnt ist, darauf zu achten, hat entsprechend wenig Übung darin, schiefe Töne zu erkennen. Wenn man das aber übt, geht das eigentlich recht schnell. Es gab vor ein paar Jahren eine Studie vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt, die sogar zu dem Ergebnis kam, dass Laien im Grunde genauso gut hören, wenn jemand falsch singt, wie eine ausgebildete Musikerin. Sogar bei kleinen Kindern kann man zeigen, dass sie schiefe Töne oft recht gut erkennen können.

Es gibt wenige Menschen mit einer angeborenen Amusie – die können zum Beispiel keine Melodien erkennen oder wiedergeben. Aber von denen abgesehen können die meisten Menschen schiefe Töne bei anderen durchaus wahrnehmen.

Eigene Stimme hören wir über die Luft und den Körper

Das ist dann auch eine gute Voraussetzung, um die Treffsicherheit der eigenen Stimme richtig einzuschätzen. Aber wenn es um den eigenen Gesang geht, ist die Situation ein bisschen anders, da wir unsere eigene Stimme anders hören als die von anderen. Wir hören unseren eigenen Gesang nämlich nicht nur über die Luft, sondern auch über den Körper – gerade unsere Schädelknochen vibrieren nämlich mit, wenn wir reden oder sprechen. Auch diese Schwingungen kommen im Innenohr an. Weil das ein etwas anderes Hören ist, kann es passieren, dass wir schiefe Töne bei anderen zwar schnell erkennen, bei uns selbst aber nicht so gut.

Wechsel zu "bequemeren" Tonlagen während des Singens

Hinzu kommt, dass wir zum eigenen Gesang buchstäblich weniger Abstand haben. Wir sind quasi zu beschäftigt, um uns selbst objektiv zuzuhören. Und dann passiert es, dass zum Beispiel die Melodie eines Liedes immer weiter ansteigt und die Töne Höhen erreichen, die ungemütlich werden, wo es uns anstrengt. Viele Leute reagieren dann unbewusst, indem sie die Töne etwas tiefer singen – aber eben damit auch falsch.

Auch das ist eine Übungssache. Es gibt viele Apps, die Tonhöhen anzeigen. Mit denen kann man sehr schnell sehen, ob der Ton, den man singt, auch der ist, den man singen will. So kriegen die meisten Menschen recht schnell ein Gefühl – zumindest dafür, zu erkennen, dass sie schief singen. Und das ist der erste Schritt, um zu üben, die Töne richtig zu treffen.

Kann man "gutes Singen" objektiv beurteilen, oder sind das soziale Normen?

Beides. Ob man Töne richtig trifft oder nicht, ist ein objektives Kriterium. Ein weiteres ist, ob man mit der richtigen Atmung und Haltung singt, sodass es nicht anstrengt und man das beste aus seiner Stimme herausholt. Aber ob eine Stimme an sich schön ist oder nicht, ist ziemlich subjektiv. Am Ende kommt es darauf an, ob jemand es schafft, uns mit seiner Stimme zu berühren. Das hat wenig mit starren Regeln zu tun als viel mehr damit, ob es jemand schafft, seinet Stimme einen einerseits emotionalen, gleichzeitig aber auch authentischen, glaubwürdigen Ausdruck zu verleihen.

Körper Warum verändert sich die Stimme im Alter?

Stimmen älterer Menschen klingen anders – leiser, brüchiger und rauer. Das liegt daran, dass ihre Stimmbänder weitaus weniger elastisch sind als in jungen Jahren. Von Justina Bretzel | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Evolution Wie der Mensch die Musik entdeckte

Lange hielten Forscher die Musik für ein unnützes Nebenprodukt der Evolution. Doch inzwischen zeigt sich: Die Musik war für die Steinzeitmenschen so wichtig wie die Sprache. Wie also klang die Urmusik?

SWR2 Wissen SWR2

Derzeit gefragt

Genetik Großväter vererben ihre Glatze an die Enkel – stimmt das?

Wenn jungen Männern schon relativ früh die Haare ausfallen und man sich fragt, woher sie das haben, lohnt es sich, einen Blick auf den Vater der Mutter zu werfen, bei dem das möglicherweise auch schon so war. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Entwicklung Warum können Geschwister unterschiedlich intelligent sein?

Geschwister teilen im Durchschnitt 50 Prozent ihres genetischen Potenzials, um es vereinfacht auszudrücken, und nicht 100 Prozent. Von Elsbeth Stern

Gesundheit Mit dem Rauchen aufhören: Wann ist der Körper wieder auf Nichtraucherniveau?

Das Rauchen hat viele Auswirkungen auf den Körper. Manche verschwinden, wenn man aufhört, schneller, andere brauchen länger. Recht schnell verschwinden die unmittelbaren Symptome, also der Raucherhusten und die Kurzatmigkeit. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Holocaust 6 Millionen ermordete Juden – Woher stammt diese Zahl?

6 Millionen Juden haben die Nationalsozialisten ermordet. Rund 4 Millionen Menschen starben in Konzentrations- und Vernichtungslagern, 2 Millionen durch Massaker. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0. | http://swr.li/holocaust

Tiere Überlebt eine Weinbergschnecke, wenn man versehentlich ihr Haus zertritt?

Das Haus einer Schnecke ist mit ihrem Körper verwachsen. Darum kann eine Weinbergschnecke nicht ohne Haus überleben. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Medizin Stimmt es, dass man Antibiotika nicht mit Milch einnehmen sollte?

Das gilt für manche Antibiotika, aber längst nicht für alle. Manche enthalten Wirkstoffe, die sich mit dem Kalzium in der Milch zu größeren molekularen Klumpen verbinden. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Sexualität Wie entsteht Homosexualität?

Eine endgültige Erklärung gibt es noch nicht, aber es sieht so aus, dass Homosexualität zwar in gewisser Weise angeboren ist, aber trotzdem nicht direkt vererbt wird. Von Gábor Paál | Dieser Beitrag steht unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.