Kita

Mehr Geld und freie Tage

Kita-Erzieherinnen aus der Pfalz: Personalmangel wird verschärft

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Im Tarif-Streit in Rheinland-Pfalz gibt es jetzt eine Einigung: mehr Geld und freie Tage für das Kita-Personal. Der SWR hat Erzieherinnen in der Pfalz gefragt, was sie davon halten.

130 Euro mehr im Monat und auch mehr Urlaubstage - für die Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertagesstätten der Pfalz könnte das eigentlich ein Anlass zur Freude sein. Tatsächlich löst der neue Tarifabschluss aber bei den Fachkräften, mit denen der SWR gesprochen hat, gemischte Gefühle hervor.

Ein Kind spielt in einer Kindertageseinrichtung

Kita Haßloch: Mehr Urlaub geht auf Kosten der Kinder

Susanne Magin ist Leiterin der katholischen Kindertagesstätte St. Elisabeth in Haßloch (Rhein-Pfalz-Kreis). Grundsätzlich hätten sie sich sich in der Kita schon gefreut, dass es jetzt bald mehr Urlaubstage gebe. Andererseits habe sie auch gedacht, "jetzt wird es ja noch enger beim Personal".

Die Kita sei seit einem halben Jahr unterbesetzt, es fehlten zweieinhalb Stellen. Sie habe deshalb schon die Öffnungszeiten kürzen und einen Aufnahmestopp verhängen müssen. Wenn das Personal jetzt noch mehr freie Tage bekommt, wird sich das noch verschärfen, befürchtet Magin. "Es läuft schon lange schlecht, weil viel zu wenig Personal da ist. Man stößt ständig an seine Grenzen," sagt die Kita-Leiterin aus Haßloch.

"Es läuft schon lange schlecht, weil viel zu wenig Personal da ist."

Viele Kolleginnen und Kollegen seien völlig ausgebrannt. Denn für 100 Kinder im Alter von zwei bis sieben Jahren gebe es 20 Erzieherinnen und Erzieher, einige davon mit Teilzeitstellen. Hinzu komme, dass die Ganztagsbetreuung mit Mittagessen im Sommer auf 100 Kindern erweitern werden soll. Selbst wenn alle Stellen besetzt wären, bliebe zu wenig Zeit, um den Kindern voll gerecht zu werden.

Kita Schifferstadt: Besser als nichts

Auch Chiara Fabian, Erzieherin in der Kita Entdeckungskiste in Schifferstadt (Rhein-Pfalz-Kreis), ist mit dem Ergebnis nicht voll zufrieden. Es sei ihr teilweise zu unkonkret, sagte sie dem SWR. Immerhin sei es "besser als nichts", dass es jetzt mehr Urlaub gebe und auch etwas mehr Geld". Aber von der 130 Euro-Zulage bleibe am Ende nach Steuerabzügen fast nichts übrig, so die Erzieherin aus Schifferstadt.

Der Frust bei vielen Erzieherinnen und Erziehern sei groß, viele seien verärgert und enttäuscht, sagt Fabian. "Eigentlich macht die Arbeit mit den Kindern sehr viel Spaß – doch eben nicht unter diesen Rahmenbedingungen".

Kita Haßloch: Mehr Geld spielt keine so große Rolle

Claudia Theobald, Erzieherin in Haßloch und Vorsitzende des Verbands Kita-Fachkräfte Rheinland-Pfalz sagt, das Geld spiele keine so große Rolle. Das würden auch die meisten Erzieherinnen und Erzieher auf der Facebook-Seite des Verbands schreiben. Dort gibt es etliche Kommentare zur Tarif-Einigung. Alle sind sich einig: "Bessere Rahmenbedingungen müssen her", das heiße vor allem mehr Personal.

"Was nützen zwei Entlastungstage, wenn die Personalsituation so eng ist, dass man gar nicht frei nehmen kann? Was nützt mir mehr Geld auf dem Konto, wenn die Arbeitsbelastung so stark ist, das mir die Nerven blank liegen? Den Beruf wechseln? Tolle Alternative, wenn die Arbeit mit den Kindern einem unglaublich wichtig ist. Was nützt es den Kindern, wenn Aktivitäten ständig abgesagt oder verlegt werden, wenn man es aus Personalgründen nicht leisten kann? Was nützt es den Eltern und einer guten Elternarbeit, wenn geplante Elterngespräche nicht stattfinden, da die Erzieherinnen im Dienst am Kind gebraucht werden? Fragen über Fragen und schon wieder keine Lösung in Sicht?", kommentiert dort beispielsweise Stefanie Horn.

"Unser Anliegen ist eine bessere Betreuung," sagt Verbandsvorsitzende Theobald. Das bedeute, auf die Bedürfnisse jeden Kindes einzugehen, ihm die Zuwendung und Nähe zu geben, die es brauche. Und auch der Neugierde und dem Wissensdurst gerade von Vorschulkindern gerecht zu werden. Für all das fehle es an Personal und Zeit. "Wir kommen deshalb immer wieder an den Rand von prekären Stuationen."

"Wir kommen immer wieder an den Rand von prekären Situationen."

Kita-Fachkräfte fordern: Mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung

Theobald, seit rund 30 Jahren Erzieherin, hätte sich gewünscht, dass bei der Einigung im Tarif-Streit mehr Zeit für die Erzieherinnen und Erzieher ausgehandelt worden wäre. Zeit, um die Arbeit mit den Kindern vor- und nachzubereiten. Da gebe es nun gerade mal 30 Stunden pro Fachkraft, im Jahr!Und was das genau bedeute, wisse eigentlich niemand so genau, sagt die Kita-Verbandsvorsitzende. Die Chance wäre gewesen, eine feste Regelung für Vor- und Nachbereitungszeiten einzuführen, etwa ein Viertel der Arbeitszeit, so Theobald.

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SWR