Danyal Bayaz, Finanzminister von Baden-Württemberg, gestikuliert während eines Gesprächs in seinem Büro.

Debatte um Entlastung der Mittelschicht

BW-Finanzminister: Höhere Steuern für Spitzenverdiener "zumutbar"

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AUTOR/IN
Henning Otte

Wie könnte die Politik die Mittelschicht entlasten? BW-Finanzminister Bayaz (Grüne) will hohe Einkommen stärker besteuern - und sympathisiert dabei mit einer Idee von CDU-Chef Merz.

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz hat sich in die Debatte über eine Entlastung der Mittelschicht eingeschaltet und dauerhaft höhere Steuern für Spitzenverdiener gefordert. Der Grünen-Politiker sprach sich im SWR dafür aus, vor allem kleine und mittlere Einkommen zu entlasten, "die wirklich unter der hohen Inflation besonders leiden". Dafür müssten starke Schultern eben mehr tragen. "Ich glaube, dass es zumutbar ist, zumindest bei Spitzeneinkommen dann auch eine gewisse Form der Steuererhöhung durchzusetzen."

 BW-Finanzminister Bayaz will Soli für Spitzenverdiener dauerhaft sichern

Er habe "Sympathie" für den jüngst von CDU-Chef Friedrich Merz geäußerten Vorschlag, die Mittelschicht steuerlich zu entlasten. Bayaz sagte zur Gegenfinanzierung: "Ein kluger Vorschlag wäre tatsächlich, darüber nachzudenken - das ginge auch in die Richtung, was Herr Merz gesagt hat - dass man den Soli in die Einkommensteuer integriert und ihn dauerhaft sichert." Es störe ihn nicht, "dass das als Steuererhöhung gewertet wird". Denn: Es gebe dem Staat die Handlungsmöglichkeit, an anderer Seite zu entlasten.

Vor vier Jahren hatte die Bundesregierung beschlossen, dass 90 Prozent der Steuerzahlerinnen und -zahler vom Solidaritätszuschlag ausgenommen werden sollen. Das heißt, dass nur noch Besserverdiener und Unternehmen den Soli bezahlen müssen. Zwar war eine Klage dagegen gescheitert, aber in der Politik gehen viele davon aus, dass der Soli so auf Dauer nicht erhalten werden kann. Auch Bayaz sagte: "Irgendwann wird er entfallen." Der Grüne hält die Integration des Soli in die Einkommensteuer für deutlich besser als die Wiedereinführung einer Vermögensteuer, die er als zu bürokratisch ablehnt.

CDU-Bundeschef Merz offen für höheren Spitzensteuersatz

Merz hatte sich in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" offen für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes gezeigt und gesagt: "Schon Leute, die nur ein bisschen mehr verdienen als der Durchschnitt, erfahren eine enorme Belastung durch Abgaben und Steuern." Er forderte: "Wir müssen die Belastungskurve abflachen, denn Leistung muss sich lohnen." Es sei nicht entscheidend, ob der Satz künftig bei 42 oder 45 Prozent liege. "Wichtig ist eine Entlastung der Mittelschicht."

Lindner: "Strangulierung der wirtschaftlichen Entwicklung"

Vom Bundesfinanzminister gab es prompt eine Absage. Christian Lindner (FDP) sagte am Sonntag im ARD-Sommerinterview: Sollte man den sogenannten Mittelstandsbauch, also den Steuersatz für die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen, abflachen und dies mit dem Spitzensteuersatz gegenfinanzieren, hätte das folgende Konsequenz:

Der neue Spitzensteuersatz würde dann bei 80.000 Euro Einkommen beginnen, müsste aber 57 Prozent betragen. "Das wäre wirklich eine Strangulierung unserer wirtschaftlichen Entwicklung", warnte Lindner.

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