Ein Mann lehnt an einem Pferd - Pferde werden in Aichhalden eingesetzt, um Soldaten zu therapieren

Pferdetherapie der Bundeswehr in Aichhalden

Wie traumatisierte Soldaten in Aichhalden dank Pferden zurück ins Leben finden

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AUTOR/IN
Kristin Haub
ONLINEFASSUNG
Dinah Steinbrink

Pferde streicheln, striegeln oder sie einfach nur beobachten: In Aichhalden (Landkreis Rottweil) ist das ein Teil der Therapie für Soldaten mit posttraumatischer Belastungsstörung.

In Aichhalden (Landkreis Rottweil) läuft eine Studie für das Bundesverteidigungsministerium. Sie soll zeigen, ob der enge Kontakt zu Pferden traumatisierten Bundeswehrsoldaten helfen kann.

Mit erstaunlicher Hingabe kümmert sich Bundeswehrsoldat Markus S. um die kleine Stute Roxy auf der Silberburg Ranch in Aichhalden. Nie hätte er gedacht, dass ihm die Nähe zu einem Pferd so gut tun könnte. "Nach dem, was ich erlebt habe, war das für mich ein Riesenschritt, wieder jemandem zu vertrauen und Vertrauen zu schenken, ohne davon auszugehen, dass jemand einem etwas Böses möchte."

Traumatisiert nach Afghanistan-Einsatz

Der 42-Jährige war zuletzt 2009 im Einsatz in Afghanistan und hat dort Schreckliches erlebt. Er ist einer von tausenden Soldaten, die bis heute unter den Folgen ihrer Erlebnisse im Einsatz leiden.

Im Jahr 2021 hat das Verteidigungsministerium beschlossen, eine Studie zur Pferdetherapie für traumatisierte Soldaten zu starten - für Truppentherapeut Alexander Varn war das eine glückliche Fügung.

Zwei Männer streicheln ein braunes Pferd auf einer grünen Weide - Die Pferde helfen den Soldaten in Aichhalden zur Ruhe zu kommen.
Truppentherapeut Alexander Varn (links im Bild) findet, dass Markus S. (rechts im Bild) durch den engen Kontakt zu seinen Pferden in Aichhalden entspannter geworden ist. Die Pferde helfen den Soldaten zur Ruhe zu kommen.

Truppentherapeut überzeugt von Traumatherapie mit Pferden

Denn: Varn ist schon lange davon überzeugt, dass eine Therapie mit Pferden gerade in solchen Fällen sehr gut helfen kann. Und er hat selbst fünf Pferde - mit ihnen und seiner Familie lebt er auf dem Hof in Aichhalden. Dort kann er jetzt für die Studie die Therapiearbeit mit traumatisierten Soldaten machen. Inzwischen hat er sich sogar in den USA speziell für diese Methode zertifizieren lassen. 

Verhalten der Pferde ist Spiegel der eigenen Seele

Die Kameradinnen und Kameraden seien teilweise innerlich absolut nicht mit sich im Reinen, sagt Varn. Das würden die Pferde merken - manche Tiere würden es dann nicht aushalten, gestriegelt zu werden.

Aber: So lernten Betroffene wie Markus S. im Umgang mit den Tieren viel über sich selbst und ihre Ängste. Bei Gesprächen mit dem Therapeuten geht es dann auch darum, wie sich die jeweilige Situation mit dem Pferd auf die Situation des Soldaten übertragen lässt.

Allein durch das Striegeln kann man runterkommen, sich erden.

Vom Pferdehof zurück in den Dienst

Eineinhalb Monate lang verbringen die betroffenen Soldaten immer zwei Tage pro Woche auf dem Pferdehof. Bestenfalls geht es danach zurück in den Dienst bei der Bundeswehr.

Für Markus S. ist es schon bald soweit. Er hat seine Therapie fast abgeschlossen. Liebevoll umarmt er die kleine Stute, mit der er so viel Zeit verbracht hat. "Am liebsten würde ich sie mitnehmen", sagt er. Und: Er wolle gerne weiterhin "irgendetwas mit Pferden" machen.

Das mit den Pferden tut mir richtig gut.

Vor der Therapie konnte er nicht in engen Räumen sein, hatte Beklemmungen, wenn zu viele Menschen um ihn herum waren. Selbst in den Supermarkt zu gehen, war eine Qual für ihn. Aber die Pferde haben ihm geholfen, sagt er. Jetzt ist Markus S. innerlich ruhiger, entspannter und insgesamt wieder glücklicher. Und er hofft, genauso wie Therapeut Alexander Varn, dass die Pferdetherapie bei der Bundeswehr auch nach Ablauf der Studie Ende des Jahres eine Zukunft hat.

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