Beschmiertes und zerstörtes Wahlplakat der SPD in Mainz zur Kommunalwahl 2024

Kommunalwahl und Europawahl 2024

FAQ: Diese Strafen drohen für das Beschmieren und Zerstören von Wahlplakaten

Stand

Bekritzelt, zerrissen oder sogar ganz weg: Viele Wahlplakate erleben den Wahltag oft nicht unbeschadet. Kann man für das Verändern oder Mitnehmen von Plakaten bestraft werden?

Am 9. Juni ist Wahl. Schon jetzt beschmieren oder zerstören Menschen Wahlplakate, wie hier in Mainz. Aufgenommen wurde das Foto von dem Plakat am 6. Mai:

Das Beschmieren und Zerstören von Wahlplakaten zieht eine Strafe nach sich.
Das Beschmieren und Zerstören von Wahlplakaten ist nicht erlaubt. Die Strafen dafür reichen bis zu Freiheitsstrafen.

Was auf dem Bild zu sehen ist, ist Sachbeschädigung. Denn es ist egal, ob der Kandidatin oder dem Kandidaten "lediglich" eine rote Nase gemalt wurde oder das gesamte Plakat unkenntlich gemacht wurde. Welche Strafen gibt es dafür und gibt es Unterschiede? Das und mehr beantwortet unser FAQ:

Welche Strafen drohen, wenn man Wahlplakate verändert?

Wahlplakate sind das Eigentum der jeweiligen Partei. Und deshalb ist es nicht erlaubt, diese in irgendeiner Weise zu verändern. Es ist also egal, ob man das Plakat zerreißt, überklebt oder übermalt. Entscheidend sei, dass das Plakat nachher nicht mehr so aussehe wie vorher, so Julian Köster-Eiserfunke von der ARD-Rechtsredaktion. Und das sei Sachbeschädigung und somit strafbar (Sachbeschädigung nach § 303 Strafgesetzbuch).

Ausnahmen gebe es nur dann, wenn man ohne weiteres den ursprünglichen Zustand wiederherstellen könne - etwa bei einem leicht ablösbaren Klebestreifen. Wird man erwischt, droht ein Strafverfahren. Oft läuft es auf eine Geldstrafe hinaus.

Darüber hinaus sind aber auch Freiheitsstrafen möglich. Bei Sachbeschädigung seien es bis zu zwei Jahre, bei Diebstahl bis zu fünf Jahre, so Noah Kappus von der ARD-Rechtsredaktion. Bei dem Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor. Zum Beispiel, wenn verfassungswidrige Symbole, wie etwa ein Hakenkreuz, auf Plakate gemalt werden.

Innerhalb dieses generellen Strafrahmens müsse der Strafrichter dann eine konkrete, individuelle Strafe festlegen. Hierzu schaue er sich vereinfacht gesagt an, was für und gegen den Täter oder die Täterin spreche, unter anderem, ob er vorbestraft sei, so Kappus.

Sind die Strafen in allen Bundesländern gleich?  

Ja, das in den oben beschriebenen Fällen anwendbare Strafgesetzbuch gilt für die gesamte Bundesrepublik Deutschland.  

Spielt es eine Rolle, was für ein Plakat beschädigt wurde?

Nein. Sachbeschädigung bleibe Sachbeschädigung und Diebstahl bleibe Diebstahl - egal, um welches Plakat es sich handele, sagt Julian Köster-Eiserfunke. Selbst wenn das Plakat einen volksverhetzenden Inhalt habe, dürfe man nicht selbst Hand anlegen und Selbstjustiz üben. Nur Behörden dürften Wahlplakate unter bestimmten Voraussetzungen abhängen.

Was kann man gegen volksverhetzende Plakate tun?

Am besten ist es, wenn man die Polizei einschaltet. Die Beamten ermitteln und leiten ihr Ergebnis an die Staatsanwaltschaft weiter. Dort wird rechtlich geprüft, ob die Inhalte strafbar sind.

Bei problematischen Plakaten kann man sich nach Angaben der Rechtsexperten auch direkt an die Behörden seiner Gemeinde wenden und sie auf die Plakate aufmerksam machen.

Was machen Gemeinden bei problematischen Plakaten?

Gemeinden können selbst kontrollieren, ob Plakatinhalte gegen Gesetze verstoßen. In diesem Fall fordern sie laut Köster-Eiserfunke die entsprechende Partei auf, die Plakate bis zu einem bestimmten Datum abzuhängen. Komme die Partei dem nicht nach, könne die Gemeinde die Plakate selbst abhängen.

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Können Parteien etwas gegen das Abhängen ihrer Plakate tun?

Ja. Wird eine Partei von den Behörden zum Abhängen verpflichtet oder wird die Gemeinde selbst tätig, könne die Partei bei den Verwaltungsgerichten klagen, meint Julian Köster-Eiserfunke. Das Gericht prüft dann, ob die Inhalte strafbar sind. Es habe auch schon Fälle gegeben, in denen Städte dazu verurteilt worden seien, die Plakate wieder aufzuhängen.

Ist es erlaubt, sie mit nach Hause zu nehmen?

Nein. Wenn man Wahlplakate mitnimmt, kann man wegen Diebstahls belangt werden. Das Strafgesetzbuch sehe hierfür sogar höhere Strafen als für Sachbeschädigung vor, so die Rechtsexperten (Diebstahl nach § 242 StGB).

Da die Parteien Eigentümer der Plakate sind, dürfen sie demnach Schadensersatz verlangen, wenn Plakate ersetzt werden müssen. Außerdem müssen die Täter oder Täterinnen ihr Diebesgut wieder herausgeben.

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Und nach dem Wahltag?

Nein. Auch nach der Wahl darf man Plakate nicht beschmieren oder verändern oder mitnehmen.

Wie lange dürfen Wahlplakate hängen bleiben?  

Grundsätzlich gilt, so Noah Kappus: "Wahlplakate fallen unter die straßenrechtliche Sondernutzung und bedürfen daher der Erlaubnis nach dem bundesrechtlichen und dem jeweiligen landesrechtlichen Straßen- und Wegerecht."  

Die Erlaubnis wird von der jeweiligen Gemeinde erteilt. Die Ausgestaltung in tatsächlicher wie zeitlicher Hinsicht sei jedoch unterschiedlich geregelt. Die Voraussetzungen für eine Sondernutzung (auch hinsichtlich der zeitlichen Grenze) werde in der Regel durch interne Verwaltungsrichtlinien festgelegt.  

Jedoch: Ob die Nutzung erteilt wird, stehe bei Wahlwerbung grundsätzlich nicht im Ermessen der Behörde. "Sie muss die Nutzung also ermöglichen, kann jedoch bezüglich des wo und wie und wie lange gestalterisch eingreifen."  

Die Gemeinde kann auch durch eine Satzung regeln, dass Wahlwerbung von der Erlaubnispflicht ausgenommen ist.  

Das sagen die Parteien in RLP zur aktuellen Situation

Die meisten Landesverbände melden derzeit Sachbeschädigungen zum Beispiel in Form von Plakat-Schmierereien. Allerdings bewege sich das in einem auch bei früheren Wahlkämpfen üblichen Rahmen, so FDP und Freie Wähler.

Die SPD äußerte sich ähnlich: In wenigen Kommunen sei stellenweise ein Anstieg zu beobachten, jedoch nicht flächendeckend. Die CDU-Landesvertretung teilte zudem mit, dass Wahlplakate zum Beispiel in Weisenheim am Berg und Kaiserslautern beschädigt worden seien. Es sei auch Anzeige erstattet worden.

Seitens der Grünen heißt es, mobile Großflächen seien unter anderem in Worms, den Landkreisen Südliche Weinstraße und Trier-Saarburg sowie in Bernkastel-Kues/Morbach beschmiert worden. Die AfD meldet, landesweit sei - mit regionalen Unterschieden - ein bisweilen systematisch erscheinender Abriss von Wahlplakaten festzustellen.

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SWR