Erëleta Memeti gibt in Trikot und Winterjacke ein Interview vor einer Werbetafel. Im Hintergrund sieht man ein Flutlicht, das auf sie leuchtet

Frauenfußball | TSG Hoffenheim

Erëleta Memeti: "Auf dem Platz bin ich eine kleine Giftige"

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Leon Sander

Erëleta Memeti trifft und trifft. Die Angreiferin der TSG Hoffenheim will auch im Topspiel gegen die Bayern (Freitag, 19.15 Uhr) wieder knipsen. Sie möchte Champions League spielen und wünscht sich Frieden für die Welt.

Fünf Tore und zwei Vorlagen in drei Spielen: Das ist die beeindruckende Bilanz von Erëleta Memeti. Allein beim 3:0-Erfolg im DFB-Pokal gegen Bayer Leverkusen schoss die Angreiferin der TSG Hoffenheim alle Tore. Memeti ist in bestechender Form und aktuell die Erfolgsgarantin der TSG. Auf Ihre Tore hoffen die Hoffenheimerinnen (Tabellenplatz vier) auch am Freitag im Topspiel gegen die Frauen des FC Bayern München (Platz drei).

Erëleta Memeti jubelt nach einem Tor im Schneefall. Im Hintergrund sieht man die Torhüterin unscharf am Boden.
Erëleta Memeti jubelt nach ihrem Tor gegen Potsdam

Dass es überhaupt ein Duell um die Champions League-Plätze wird, ist auch Memeti zu verdanken. Die TSG hatte zunächst einen Fehlstart in der Bundesliga hingelegt. Nach Niederlagen in den ersten beiden Spielen war Hoffenheim Tabellenletzter. Auch im dritten Spiel tat sich die TSG gegen den Aufsteiger aus Meppen lange schwer. Dann kam Memeti. Das 1:0 erzielte sie selbst, den Elfmeter zum 2:0 holte sie heraus. Den Strafstoß hatte sie, diplomatisch ausgedrückt, clever gezogen.

Das macht ihre Spielweise aus: "Auf dem Platz bin ich eine kleine Giftige", sagt Memeti über sich selbst in einem Video ihres Ex-Vereins SC Freiburg. Die Deutsch-Kosovarin gilt als schnelle, quirlige Dribblerin mit tiefem Körperschwerpunkt. Memeti spielt meist auf dem linken Flügel, zieht dann nach innen und schließt mit ihrem starken rechten Fuß ab. Für Verteidigerinnen ist sie schwer zu packen: "Ich bin wie eine Maus, die vor der Katze wegrennt", sagte sie im Interview mit der "Badischen Zeitung".

Erëleta Memeti bricht einen Lauf ab und nimmt gestikulierend die Arme hoch
Erëleta Memeti stimmt im Pokalspiel gegen Bayer Leverkusen einer Abseitsentscheidung nicht zu

Ihre gute Technik komme daher, sagt Memeti, dass sie sich als Strassenkickerin früh gegen Männer durchsetzen musste: "Ich habe ganz viel auf der Straße gespielt mit den Jungs bei mir im Dorf." Fichtenberg heißt das Dorf, in dem sie aufgewachsen ist. Es liegt im Landkreis Schwäbisch Hall. Ihre Familie stammt aus dem Kosovo, sie selbst sieht sich als Kosovo-Schwäbin.

Im Kosovo sei es nicht alltäglich, dass Frauen Fußballspielen würden, weiß Memeti. Bei ihr war es ganz anders. Ihr Vater erkannte früh das Talent seiner Tochter am Ball – und drängte sie zum Training. Die elfjährige Memeti wollte zunächst nicht bei ihren Brüdern im Jungs-Team trainieren. Also spielte ihr Vater bei ihrer ersten Trainingseinheit mit, ging aber später vom Platz. Die junge Memeti merkte, dass ihr Fußball Spaß macht. Seitdem hörte sie nicht mehr auf.

Durch ihre Auftritte in der Baden-Württemberg-Auswahl und in den deutschen Nachwuchs-Nationalmannschaften machte Memeti 2017 schließlich die zweite Mannschaft des VfL Wolfsburg auf sich aufmerksam. Dort reifte sie persönlich und sportlich, empfahl sich so für höhere Aufgaben. 2020 feierte Memeti gleich zwei Debüts: In der Bundesliga für den SC Freiburg und im Trikot der Nationalmannschaft des Kosovo.

Obwohl sie in fast jedem DFB-Nachwuchs-Team gespielte hatte, entschied sie sich schließlich für das Land ihrer Wurzeln. Dort möchte sie als Führungsspielerin ein Vorbild sein: "Ich will den Mädchen im Kosovo zeigen: Ja, man kann auch als Mädchen Fußball zu spielen."

Erëleta Memeti läuft im Trikot der kosovarischen Nationalmannschaft in ein Stadion ein
Erëleta Memeti im Trikot der kosovarischen Nationalmannschaft

Zur Saison 2022/2023 wechselte die 23-Jährige aus Freiburg zur TSG Hoffenheim. Der Grund: Sie will in die Champions League. "Das ist hier eher möglich als mit dem SC Freiburg", sagt sie. Langfristig will sie Titel gewinnen. Da kennt ihr Ehrgeiz keine Grenzen.

Privat sieht das anders aus. "Außerhalb vom Platz bin ich eher ruhiger, spaßiger", erzählt Memeti. Sie gilt in Hoffenheim nicht nur als sportliche Verstärkung in der Mannschaft, sondern auch als Bereicherung in menschlicher Hinsicht.  Bei Memeti klingt es nicht wie eine naive Phrase, wenn sie in einem Interview mit dem YouTube-Kanal "Aus dem FF" sagt: "Ich bin ein positiver Mensch, ich möchte gerne, dass Frieden herrscht auf der ganzen Welt. Das ist ein großer Wunsch, aber man darf ja seine Wünsche laut aussprechen."

Die Lebenseinstellung der Frohnatur: "Die Energie, die man ausstrahlt, die zieht man auch an." Diese Energie, sagt die gläubige Memeti, bekomme sie unter anderem von Allah. Sie ist praktizierende Muslima. Vor Spielen betet sie und selbst als Leistungssportlerin fastet sie im Ramadan. Dann isst und trinkt sie nichts zwischen Sonnenaufgang und -untergang. Allah gebe ihr die Energie zum Fasten: "Wenn man dann einen Tag mit zwei Trainingseinheiten gut überstanden hat und seine Leistung bringen konnte, dann fühlt man sich schon gut."

Auf Memetis Energie und ihre Tore baut die TSG Hoffenheim auch am Freitag gegen den FC Bayern. Beide Teams trennen in der Tabelle nur drei Punkte. Die TSG und Memeti wollen auf den dritten Platz der Bayern. Das ist der Platz für die Qualifikationsrunde zur Champions League.  

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Leon Sander