Im Juli 2021 vollzog sich im Ahrtal eine historische Flutkatastrophe. SWR1 begab sich mit Moderator Veit Berthold und Redakteur Andreas Müller auf Spurensuche. Sie wollten erfahren, wie es den Menschen heute geht.
Nach extremen Niederschlägen haben sich in der Nacht vom 13. auf den 14. Juli 2021 unfassbare Wassermassen, Schlamm, Inventar aller Art durch das Tal zwischen Dorsel und Sinzig gepresst. Die furchtbare Bilanz: mindestens 135 Tote offiziell, tausendfach zerstörtes Eigentum, kaputte Infrastruktur und Natur in einer Höhe von geschätzt 33 Milliarden Euro.
Wir kehrten zurück
Vor einem Jahr waren wir mit SWR1 Moderator Veit Berthold vor Ort und haben live aus dem Ahrtal gesendet. Nach einem weiteren Jahr kehrten wir zurück und wollten sehen und hören, wie es den Menschen heute geht: Diesmal zu Fuß die Ahr flussabwärts. Fünf Tage von Montag bis Freitag, von Insul über Ahrbrück, Altenahr, Rech über Ahrweiler und schließlich Bad Bodendorf.
Auf dieser Seite finden Sie alle unsere Geschichten und Begegnungen im Ahrtal und die ganze Woche auch im Programm von SWR1.
Die Flutkapelle Walporzheim – ein Ort der Ruhe
Hoch über Walporzheim steht in den Steilhängen der Weinberge ein modern anmutendes Gebäude: die neue Flutkapelle "St. Donatus" im Ahrtal. Aus Spendengeldern gestiftet, wurde hier in knapp zwei Jahren ein Ort der Ruhe, des Nachdenkens und des Andenkens an die Opfer der Ahrtalflut geschaffen.
SWR1 Moderator Veit Verthold hat sich dort mit Harald Knieps aus Walporzheim getroffen, der dieses besondere Projekt von Anfang initiiert und gestaltet hat. Am 15. Juli, zwei Jahre nach der Flutkatastrophe, wird der Trierer Bischof Stephan Ackermann die Kapelle einweihen.
Freitag, 14. Juli
Tennisclub ohne Platz
SWR1 Moderator Veit Berthold hat sich in Bad Bodendorf mit dem Vorsitzenden des Tennisclubs, Ralf Barnikow getroffen. Wo einst die Tennisplätze zum Spielen eingeladen haben, ist jetzt nur noch ein Acker zu sehen.
Die 350 Mitglieder des Vereins sind zum Spielen in einem anderen Club untergekommen. Ab August soll es aber endlich mit dem Wiederaufbau losgehen.
Vereinsleiter Barnikow meint selbst, es gebe wichtigeres als eine Tennisanlage. "Aber es gibt jetzt auch viele Jugendliche, die das als sozialen Treffpunkt wieder brauchen", sagt der Vorsitzende. Er ist optimistisch, dass die Anlage bald wieder in Betrieb genommen werden kann, auch wenn es noch viel zutun gibt.
Auf der Ahr finden wieder Kanufahrten statt
Bad Bodendorf ist das Ziel der Wochenreise entlang der Ahr. Dort trifft sich SWR1 Moderator Veit Berthold mit Markus Weller, dem Vorsitzenden des Wassersportvereins Sinzig. "Die Flutnacht hat sehr viel zerstört. Aber es gibt auch die friedliche Ahr", so Markus Weller.
Eine Zeit lang musste der Wassersportverein den Fluss natürlich meiden. Zwei Jahre nach der Flut trauen sie sich aber wieder auf ihren geliebten Fluss und es werden wieder Kanufahrten angeboten.
Um den traumatisierten Menschen wieder den richtigen Umgang mit Wasser beizubringen und ihnen Freude und Spaß mit Wasser zu vermitteln, gründete der Verein das Projekt WassAhr.
Touristen auf dem Rotweinwanderweg
Auf dem Rotweinwanderweg Richtung Ahrweiler stößt SWR1 Moderator Veit Berthold oberhalb des Klosters Marienthal auf eine kleine Gruppe Wanderer und kommt schnell ins Gespräch mit ihnen. Ulrike und Friedrich aus Braunschweig und Petra und Rudi aus Bergisch-Gladbach wollen mit ihrer Reise das Ahrtal unterstützen. Sie fühlen sich hier sehr wohl und finden vor allem die Landschaft toll.
"Total erschreckend" war es noch bei einem Besuch kurz nach der Flut. Inzwischen sieht es vor Ort wieder besser aus und auch die Menschen im Ahrtal freuen sich, dass Touristen wie sie wieder kommen.
Das lange Warten auf eine Entschuldigung
Hubschrauber ohne Seilwinden kreisen über den Dächern von hilfesuchenden Menschen und können sie nicht retten, keine Warnung vor den Wassermassen, die Handynetze sind ausgefallen.
In der Flutnacht und den Tagen danach lief einiges schief. Das Verständnis für die Umstände in diese Ausnahmesituation ist da, aber das keine zeitnahe Entschuldigung kommt, hinterlässt bei vielen Anwohnern einen bitteren Nachgeschmack. So auch bei Michael Koenen aus Kreuzberg.
Andy Neumann erneuert seine Forderung nach einer Entschuldigung
Viele Menschen kommen erst jetzt, nach zwei anstrengenden Jahren, an den Punkt, wo sich die Gefühle melden. Sie haben bisher viele Anträge geschrieben, Kostenvoranschläge eingeholt, Handwerker gefunden und sich um einen neuen bewohnbaren Platz für ihre Familie gekümmert.
Jetzt fangen sie auch wieder an, Fragen nach der Verantwortung zu stellen. Verantwortung für Dinge wie Katastrophenschutz und die Warnung der Bevölkerung.
Buchautor und Musiker Andy Neumann aus Bad Neuenahr-Ahrweiler hat im vergangenen Jahr bei der ersten Gedenkfeier zur Flutkatastrophe eine Entschuldigung von der Politik für die Fehler und Versäumnisse im Ahrtal eingefordert. SWR1 Rheinland-Pfalz gegenüber hat der diese Forderung erneuert.
Mehr zum Ahrtal
Aktuelle Berichte, Videos und Reportagen Dossier: Leben nach der Flutkatastrophe
Die Flutkatastrophe an der Ahr und in der Region Trier liegt fast drei Jahre zurück. Manches ist repariert oder wiederaufgebaut, doch vieles noch lange nicht geheilt. Das ist der aktuelle Stand.
Zwei Jahre nach der Katastrophe Bund hat Fluthilfen der EU nicht weitergeleitet
Mehrere rheinland-pfälzische CDU Politiker werfen der Bundesregierung vor, EU-Gelder für die Flutopfer im Ahrtal und in Nordrhein-Westfalen nicht weiterzugeben. Sie hatten eine Anfrage an den Bund gestellt und wollten wissen, wohin die EU-Hilfsgelder geflossen sind
Podcast-Tipp
Storytelling-Podcast Die Flut – Warum musste Johanna sterben?
Juli 2021: Die 22-jährige Johanna Orth aus Bad Neuenahr-Ahrweiler ist auf dem besten Weg in eine erfüllte Zukunft. Gerade fertig mit der Ausbildung, frisch verliebt und mit der Aussicht auf eine eigene Konditorei. Dann reißt sie die Flutwelle aus dem Leben. Der Host Marius Reichert ist selbst in Bad Neuenahr-Ahrweiler zu Hause und berichtete als Reporter aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz über die Flut. Er kennt die Schicksale der Betroffenen - auch die Geschichte von Johanna. Zusammen mit ihren Eltern begibt sich Marius auf die Suche nach Antworten rund um die Ereignisse dieser verhängnisvollen Nacht: Wie kam Johanna ums Leben? Wie konnte es so weit kommen? Warum wurde Johanna nicht früher gewarnt? Wer trägt Verantwortung? Johanna soll den mehr als 180 Todesopfern der Flut ein Gesicht geben, so der Wunsch der Eltern, denn der Schrecken dieser Katastrophe darf nicht in Vergessenheit geraten. Mithilfe verschiedener Gesprächspartner - Betroffene, Angehörige, Politiker:innen, Einsatzkräfte, Expert:innen - geht Marius Reichert diesen Fragen auf den Grund. Die ersten sechs Folgen sind am 1. Juli 2022 erschienen. Ein Update zum zweiten Jahrestag erscheint am 7. Juli 2023: Wie geht es den Orths zwei Jahre nach der Katastrophe und wie steht es um die Aufarbeitung?
Der Podcast ist eine Produktion von SWR und WDR.
Hier noch eine Warnung: In diesem Podcast werden die Todesumstände von Johanna und der Umgang mit ihrem Tod explizit beschrieben. Wenn euch Themen wie Tod, Trauer oder Suizid belasten oder ihr selbst von den Ereignissen betroffen wart und traumatisiert seid, dann hört euch den Podcast besser nicht an oder nicht allein. Hilfe findet ihr z.B. bei der Telefonseelsorge oder beim Traumhilfe-Zentrum im Ahrtal: www.thz-ahrtal.de
SWR1 Ratgeber
Vorbereitung ist alles Diese Dinge gehören in jeden Wanderrucksack
Die Ausrüstung entscheidet oft darüber, ob eine Wanderung zum unvergesslichen Erlebnis wird – oder nicht. Wir sagen Ihnen, was alles in den gut sortierten Wanderrucksack muss.