Abgestorbene Bäume im Schlosspark Schwetzingen im Frühjahr 2022. Historische Parks im Stress: Sie leiden unter der Hitze und Dürre als Folgen des Klimawandels.

Erster umfassender Schadensbericht

Die Bäume in den historischen Parks leiden unter Hitzestress

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Alice Thiel-Sonnen
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Martina Janning

Viele alte Bäume in den historischen Parkanlagen kämpfen gegen Hitze und Dürre in Folge des Klimawandels. Das zeigt jetzt der erste bundesweite Parkschadensbericht.

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Ob im Schlosspark Schwetzingen, in Sansoucci oder im Englischen Garten in München: Alte Bäume prägen das Bild von historischen Parkanlagen. Doch viele der geschichtsträchtigen Bäume kämpfen gegen die Folgen des Klimawandels. Das zeigt jetzt der erste bundesweite Parkschadensbericht der TU Berlin.

Leicht beschädigte alte Eichen im Park Sanssouci. Die Gesundheit der alten Bäume leidet durch die Hitze und Trockenheit aufgrund des Klimawandels. Das zeigt die erste umfassende Dokumentation über historische Parks.
Leicht beschädigte alte Eichen im Park Sanssouci. Die Gesundheit der alten Bäume leidet durch den Klimawandel. Das zeigt die erste umfassende Dokumentation der Schäden in historischen Parkanlagen.

Die zunehmende Hitze lässt Bäume in den Parks absterben

Für den Bericht hat das Team um Studienleiter Norbert Kühn die Bäume in 62 großen historischen Parkanlagen unter die Lupe genommen. Mehr als die Hälfte von ihnen zeigt Beeinträchtigungen. Ihre Vitalität hat in den vergangenen Jahren sehr gelitten.

Es gibt viele Gärten, die in einem nie gekannten Maße mit absterbenden Bäumen zu tun haben, also hier ist eine ganz neue Dimension an Problematik erreicht.

Probleme machen auch die Wasserbilanzen. Der Südwesten zeigt dabei das größte Defizit an Niederschlägen.

In den Jahren 2018 bis 2020 erlebte Europa die heftigste Dürreperiode, die bisher dokumentiert wurde. Mithilfe von Satellitendaten wurden die Baumzustände vor und nach dieser Phase verglichen. Das hat die Hinweise auf den Klimastress unterstrichen. Aber nicht alle Schäden hängen mit dem Klima zusammen.

Es gibt natürlich viele Faktoren, die hier eine Rolle spielen: Der alte Baumbestand, natürlich auch die Nutzung der Parks, es gibt immer mehr Events in den historischen Parks und natürlich spielt auch die Pflege eine gewisse Rolle.

Gekürzte Kronen im Berliner Schlosspark Schönhausen. Bei Schäden an alten Bäumen können ihre Kronen gekürzt werden, damit sie weniger verdunsten und mit weniger Wasser auskommen. Das soll weiteren Schäden durch Hitze und Trockenheit vorbeugen und dem Baum helfen, ein neues Gleichgewicht zwischen Krone und Wurzel aufzubauen.
Gekürzte Kronen im Berliner Schlosspark Schönhausen. Bei Schäden an alten Bäumen können ihre Kronen gekürzt werden, damit sie weniger verdunsten und mit weniger Wasser auskommen. Das soll weiteren Schäden vorbeugen und dem Baum helfen, ein neues Gleichgewicht zwischen Krone und Wurzel aufzubauen.

Parks in Deutschland unterschiedlich stark von Hitzestress betroffen

Klimafolgen betreffen die historischen Parks und Gärten in Deutschland mal mehr, mal weniger stark.

Der Schlossgarten in Schwetzingen gehört zu der Gruppe der besonders stark beeinträchtigten Parkanlagen. Im Sommer 2023 hatte sich hier innerhalb kurzer Zeit das Totholz deutlich vermehrt - es gab mehr abgestorbene Äste und abgestorbene Bäume.

Schwetzinger Schlossgarten teilweise gesperrt wegen Astbruch-Gefahr. Die Bäume im Park leiden unter der Hitze und Trockenheit wegen des Klimawandels.
Der Schwetzinger Schlossgarten war im Sommer 2023 teilweise gesperrt wegen Gefahr durch abbrechende Äste.

Mit eigenen Baumschulen sollen Parks die Schäden ausgleichen

Um die Schäden zu beheben, empfehlen die Autoren des Berichts das Betreiben von parkeigenen Baumschulen, um mit den Pflanzen die ausgefallenen Bäume ersetzen zu können. Studienautor Andreas Wörner nennt dies Naturverjüngung.

Dass man einfach Bäume, die wirklich am Standort aus einem Sämling wachsen, nachzieht und diese Bäume fördert. Die sind schon sehr gut an den Standort angepasst. Und wenn die jetzt schon unter der Trockenheit aufwachsen, bilden sie unter Umständen auch ein anderes Wurzelsystem aus, so dass die in Zukunft unter Umständen auch besser angepasst sind.

Schlosspark Schwetzingen betreibt wieder eigene Baumschule

Im Schlosspark Schwetzingen wurde die Baumschule bereits vor zwei Jahren reaktiviert. Dort wird beobachtet, welche Bäume mit der Klimaentwicklung zurechtkommen. Diese sollen künftig im Fokus stehen, um das Erscheinungsbild der Parkanlage zu erhalten.

Es gehe darum, die Parks klimafit zu machen, sagt Professor Dr Michael Rohde, Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Parks. Die Gärten bräuchten Hilfe.

Der Zeitraum der Regeneration, der ist kürzer geworden. Das heißt wir haben jetzt eine Verdopplung von Totästen ect. Und wir brauchen die richtigen Strategien aus Wissenschaft und Forschung, dass wir handeln können und nochmal das Plädoyer: Unterstützung personell, finanziell für die kommunalen und für die staatlichen Gärten in Deutschland.

Eine nahezu abgestorbene heimische Eiche im Dessauer Georgengarten. Fremdländische Eichenarten leiden in der Regel weniger unter Hitze und Trockenheit zu recht, so lautet ein Ergebnis des ersten Schadenberichts über historische Parks in Deutschland.
Eine nahezu abgestorbene heimische Eiche im Dessauer Georgengarten. Fremdländische Eichenarten kommen in der Regel besser mit Hitze und Trockenheit zu recht, so lautet ein Ergebnis des ersten Schadensberichts über historische Parks in Deutschland. Einheimische Bäume leiden mehr unter dem Klimawandel.

Historische Parks sind auch Orte für Biodiversität

Noch ein Punkt fiel durch den Schadensbericht auf: In den untersuchten Parks wachsen über 500 verschiedene Baumarten. Dabei gibt es in Deutschland nur 92 heimische Arten. Für Professor Norbert Kühn ist dies ein eindeutiger Hinweis für Biodiversität:

Es gibt in den historischen Gärten wahrscheinlich alle heimischen Baumarten plus viermal so viel fremdländische Baumarten. Das ist ein Hotspot der Biodiversität, nicht nur bezüglich der Gehölze, sondern auch bezüglich der zugehörigen Tierarten.

Ein Hotspot der Biodiversität, ein Erholungsort und vor allem ein Kulturerbe, das es zu bewahren gilt: Das sind Gründe, um die Folgen des Klimawandels in den historischen Parks und Gärten nicht tatenlos hinzunehmen.

Die Bäume im Münchener Park Nymphenburg haben gelichtete Kronen. Das ist ein Zeichen für beeinträchtigte Vitalität. Die Bäume werfen Blätter oder ganze Äste ab, die sie aufgrund von Wassermangel nicht mehr richtig versorgen können. Ein Folge von Hitze und Dürre.
Die Bäume im Münchener Park Nymphenburg haben gelichtete Kronen. Das ist ein Zeichen für beeinträchtigte Vitalität. Die Bäume werfen Blätter oder ganze Äste ab, die sie aufgrund von Wassermangel nicht mehr richtig versorgen können.

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