EU-Statistik zu Schulabbrechern nur schwer vergleichbar
Viertletzte in der EU zu sein ist hart, selbst wenn es mit einem Silberstreif von 0,3 Prozent bereits leichte Verbesserungen zu geben scheint. Schlechter stehen nur Rumänien, Spanien und Ungarn da.
Doch Achtung: In der EU-Statistik zählen Jugendliche zwischen 18 und 24 Jahren auch als Schulabbrecher, wenn sie einen Hauptschulabschluss haben, aber danach keine Ausbildung oder Weiterbildung gemacht haben.
Zahl der Schulabbrecher in Deutschland unverändert hoch
In unserer nationalen Statistik, im Bildungsbericht, gelten als Schulabbrecher nur die Jugendlichen, die eine Schule verlassen, ohne dass sie irgendeinen Abschluss erreicht haben. Die Zahl ist dann nur noch halb so hoch – 2021 waren es 6,2 Prozent – also 47.500 junge Menschen.
Der eigentliche Skandal ist nicht, dass wir Viertletzte in der EU sind. Der eigentliche Skandal ist, dass die Zahl der Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher in Deutschland seit etwa 10 Jahren unverändert hoch ist. Dass wir es nicht schaffen, die alten Defizite unseres Bildungssystems abzubauen und es an die neuen Herausforderungen anzupassen.
Große Bildungslücken durch Lehrkräftemangel und Schulschließungen
Da ist der Lehrkräftemangel in allen Schularten. Dann haben wir immer noch Nachwirkung der langen Schulschließungen während der Corona-Pandemie – die dadurch entstandenen Lücken sind längst nicht aufgeholt.
Dazu kommt auch noch eine hohe Anzahl von Kindern mit Migrationshintergrund, die wir nicht rechtzeitig erreichen, um ihnen ausreichend deutsche Sprachkenntnisse zu ermöglichen. Und nicht zuletzt bremst auch der Bildungsföderalismus vieles aus.
So geht jedes Bundesland seine eigenen Wege in Sachen Schulabbruch und diese werden nur selten, und wenn auch nur stichprobenartig, wissenschaftlich überprüft.
Schulabbrecher fallen oft aus dem System
Die Abschirmung der Bundesländer führt dazu, dass Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher oft aus dem System fallen. So leiten zum Beispiel nur drei Bundesländer – Bremen, Bayern und Hamburg – ihre Daten über Schulabbrecher an die Bundesagentur für Arbeit weiter.
Schade, denn deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten dann zeitnah eingreifen und sich um eine Weiterqualifizierung oder Vermittlung in einen Ausbildungsberuf kümmern.
Bessere Förderung schon im Kita-Alter nötig
Doch eigentlich müsste der Hebel schon viel früher angesetzt werden. Diejenigen, die durch Leistungsschwäche auffallen, sollten schon in der Kita besonders gestützt und gefördert werden. Die Lösung ist ganz schlicht: Diese Kinder und Jugendlichen müssten viel individueller durch Erzieher und Lehrerinnen unterstützt werden. Aber genau da beißt sich eben die Katze in den Schwanz, denn der Lehrkräftemangel verhindert das ja.
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Leistungsschwache fallen durch das Bildungsraster
Wegen mangelnder Ressourcen werden die vermeintlich Leistungsschwachen oft schon in der Grundschule aufgegeben. Lehrkräfte konzentrieren sich notgedrungen auf diejenigen, die bessere Chancen haben im Bildungssystem durchzukommen.
So entscheidet familiäre Prägung bzw. Herkunft bei uns weiter über den Bildungserfolg, weil Schule immer noch auf die Unterstützung von zu Hause aufbaut.
Sozialer Status wichtiger Faktor für Schulabbruch
Wenn man die Sozialdaten ansieht, dann zeigt sich, dass die allermeisten Schulabbrecher aus Familien kommen, in denen Armut und Arbeitslosigkeit dominiert. Und überdurchschnittlich häufig haben sie Migrationshintergrund.
Insgesamt wächst die Zahl der Familien, die die schulische Unterstützung der Kids nicht wuppen können. So können Menschen ohne ausreichende Sprachkenntnisse ihren Kindern nicht einfach auf Deutsch vorlesen. Oder Familien, in denen alle in schlechtbezahlten Jobs malochen, haben oft keine Kapazität, um noch Hausaufgaben zu erklären.
Doch diesen Kindern und Jugendlichen sollten wir – elternunabhängig – die gleichen Chancen bieten wie denen, deren Eltern gut und gern unterstützen können. Diese Verantwortung sollten Schulen übernehmen. Und klar, dafür müssten sie ganz anders und viel umfassender ausgestattet werden.